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Schwäbische Zeitung: Aus der Schelte lernen - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Es ist gerade sehr in Mode, auf Katar einzuhauen. Mittlerweile hat jeder, der sich auch nur halbwegs für Fußball interessiert, mal von dem sandigen Land mit den größten Gasvorkommen der Welt gehört. Entweder geht es bei der modischen Schelte gegen den einflussreichen Emir, der das Königreich regiert und mit viel Geld versucht, Politik in Syrien und im Gazastreifen zu machen. Oder es geht mal wieder gegen Sepp Blatter, den Fifa-Chef, der längst nicht über jeden Zweifel erhaben ist.

Gewicht bekommen die Vorwürfe an Katar wegen ungerechter Arbeitsbedingungen jetzt durch deren Urheber: die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International. Diese hat zahlreiche Fälle dokumentiert, wonach ausländische Arbeiter in Doha und anderen Orten schlecht behandelt würden. In Katar sollen fast 200Nepalesen auf Baustellen ums Leben gekommen sein. Das ist schlimm. Ungerechte und gefährliche Arbeitsbedingungen gehören dringend untersucht.

Nur wer sich hierzulande laut ereifert, muss sich die Frage stellen, ob nicht wir alle von ungerechter Arbeitsteilung in vielen Ländern Asiens profitieren? Oder was wissen wir über die Arbeitsbedingungen bei arabischen Airlines oder in chinesischen Fabriken für Weihnachtssterne, Einwegbatterien oder iPads? Immerhin so viel, als dass der Weihnachtsstern wesentlich teurer würde, wenn der Arbeiter dafür mehr Geld bekäme.

Hunderttausende asiatische Gastarbeiter in Saudi-Arabien, Oman oder Katar verrichten als Hausangestellte, Fahrer und Bauarbeiter Arbeiten zu Löhnen, für die kein Einheimischer einen Finger krumm machen würde. Viele dieser Menschen aus Bangladesch, Nepal, Pakistan oder Indien leben seit Jahren am Persischen Golf. Schlechte Behandlung gibt es, doch sicher nicht systematisch.

Die Herrscher in Katar aber wollen ein gutes Image für sich und ihr Land. Allein deshalb werden die Arbeitsbedingungen sich hoffentlich bessern. Damit 2022 in Katar wirklich "Spiele der Freude" stattfinden, wie die Gastgeber es sich wünschen.

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Telefon: 0751/2955 1500
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