Schwäbische Zeitung: Kommentar zu Gemeinschaftsschulen: Die Vorboten des Scheiterns
Ravensburg (ots)
Der Haupt- und Werkrealschule hat das Totenglöckchen längst geschlagen, jetzt kann man sich getrost daranmachen, der schönen Idee von der Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg Kränze zu flechten. Umfragen belegen die allgemeine öffentliche Enttäuschung. Und mehr noch sind die aktuellen Übergangszahlen Vorboten des Scheiterns.
Für das Gelingen des bildungspolitischen Aufbruchs unter Grün-Rot, der ganz wesentlich mit dem Ideal des gemeinsamen Lernens verbunden ist, hätte es ein gleichermaßen durchdachtes wie zupackendes Konzept in der Umsetzung gebraucht. Dazu fehlte zuerst die Kompetenz und dann der Mut. So hat das Land beim Wechsel der Pferde zwar ein hohes Tempo vorgegeben, seine Schulen und Kommunen dann aber ohne klare Vorgaben vor sich hinwursteln lassen. In diesem Vakuum nutzten Bürgermeister und Schulleiter die Chance, bedrohte Standorte durch das Türschild Gemeinschaftsschule zu retten. Der zweite Fehler war, das neue System parallel zum alten einführen zu wollen. Die verteufelte Dreigliedrigkeit ist dadurch sogar erweitert worden und hat ein Durcheinander produziert, angesichts dessen sich die euphorischsten Unterstützer abwenden.
Die Folgen für die Gemeinschaftsschulen sind nun sichtbar: Fünftklässler mit Gymnasialempfehlung gehen weiterhin auf die etablierten Gymnasien - Tendenz steigend. Der Zulauf von Realschülern stagniert bereits. Gemeinschaftsschule aber, deren Wesen die heterogene Lerngruppe ist, kann ohne leistungsstarke Kinder nicht funktionieren.
Bleibt es bei dieser geringen Akzeptanz, wird im Falle eines Regierungswechsels 2016 der Umbau des Schulsystems von vorne anfangen. Es wären dann verlorene Jahre für die Bildungslandschaft, hätten sich viele engagierte Lehrer nicht längst von einer uniformen Schule verabschiedet. Innere Differenzierung findet in zahlreichen Klassen schon statt - an der Hauptschule, an der Realschule, am Gymnasium. Das ist das Verdienst der Idee von der Gemeinschaftsschule.
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