Schwäbische Zeitung: Wegducken ändert nichts - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Eines steht schon fest: Edward Snowden wird so schnell nicht nach Deutschland kommen. Die Bundesregierung will sich nicht die Finger verbrennen und größeren Ärger mit den USA vermeiden. Den aber zöge eine Vernehmung Snowdens in Berlin nach sich. Die Entscheidung lässt sich gut begründen mit dem Hinweis auf alte Freundschaft, auf Loyalitäten und erst recht im Hinblick auf die Ukraine-Krise, die der Politik andere Prioritäten aufzwingt.
Man sollte es aber nicht damit begründen, wie es die Union jetzt tut, dass Snowden doch eigentlich gar nicht so wichtig sei, dass er doch nur ein Zeuge unter vielen sei. Wer, wenn nicht Snowden, hat denn die ganze NSA-Affäre aufgedeckt? Ohne ihn wüsste man doch gar nichts von den Ausspähaktionen der Amerikaner, die millionenfach auch den Deutschen und selbst der Kanzlerin galten. Deshalb ist weitere Aufklärung so wichtig.
Sicher, das Verhältnis mit den USA könnte Schaden nehmen durch eine Vernehmung Snowdens. Aber den größeren Schaden hat es bereits genommen durch das Verhalten der Amerikaner, die gar nicht daran denken, deutsche Fragen nach ihren Datensammel-Aktivitäten zu beantworten - geschweige denn ein Anti-Spy-Abkommen zu schließen.
Der Europäische Gerichtshof hat gerade anlasslose Datensammelei verboten. Wer aber verbietet sie der NSA? Die ganze deutsche Debatte um Datenspeicherung wird doch absurd, wenn Amerikaner weiter schrankenlos sammeln, auch deutsche Daten. Und wenn die Bundesregierung nichts dagegen unternimmt, sondern sich permanent wegduckt.
Insofern ist es verständlich, wenn die Opposition auf eine Vernehmung Snowdens in Deutschland drängt. Möglicherweise wird sie das Bundesverfassungsgericht anrufen, das dann am Ende entscheiden muss, ob Edward Snowden mit freiem Geleit nach Deutschland kommen darf. Im Interesse eines künftigen Datenschutzes, der über die Grenzen hinweg besteht, wäre dies sogar wünschenswert. Feigheit vor dem Freund hilft nicht weiter.
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