Schwäbische Zeitung: Wohlfeile Geringschätzung - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Der Bund der Steuerzahler ist ein ehrenwerter Verein. In den vergangenen Jahrzehnten hat er sich um die Bundesrepublik verdient gemacht. Viele wünschten sich, dass Hinweise und Kritik der Organisation von der Politik ernster genommen würden. Steuerverschwendung und eine zumindest gefühlt ausufernde Bürokratie sind fast alltägliche Probleme, die zur Verstimmung der Bürger führen. Der eigenen Zielsetzung werden die Steuer- und Ausgabenexperten aber nicht mehr gerecht, wenn sie vieles, was Bund, Länder oder Gemeinden beschließen, reflexartig als "übertrieben" bezeichnen. Wo der Bund der Steuerzahler beim Staat Verschwendungssucht erkennt oder Maßlosigkeit geißelt, da können mittlerweile die Politiker lässig mit Hinweisen auf billige Propaganda oder platten Populismus kontern. Nun sollen hierzulande die Bürgermeister und Landräte mehr Geld bekommen. Der Aufschrei scheint garantiert. Dabei funktioniert die effiziente öffentliche Verwaltung, die Deutschland im internationalen Vergleich auszeichnet, eben dank gut ausgebildeter Fachleute, die wiederum kompetente Führungskräfte sein müssen. Kombiniert mit politischen Funktionen und Verpflichtungen haben dann etwa Bürgermeister wie Landräte regelmäßig eine Sieben-Tage-Woche. Wären sie in der freien Wirtschaft tätig, hätten sie ein Wochenende, wären frei von politischen Anfeindungen und könnten sich über höhere Gehaltsüberweisungen freuen. Warum der Bund der Steuerzahler in diesem Zusammenhang "keine Notwendigkeit" für die Erhöhung sieht, erschließt sich nicht. Die Reaktion spiegelt eine Geringschätzung gegenüber Mandatsträgern wider, die der Wirklichkeit nicht gerecht wird, aber wohlfeilen Applaus garantiert. Besonders attraktiv scheinen vor diesem Hintergrund die Posten ohnehin nicht mehr zu sein. Viele geeignete Personen gleich welcher politischen Farbe winken ab, wenn sie wegen einer möglichen Bewerbung kontaktiert werden. Menschlich ist das verständlich, für das Land aber einfach schlecht.
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