Schwäbische Zeitung: Der Wahlkampf ist eröffnet - Leitartikel zum Nominierungsparteitag der Südwest-CDU
Ravensburg (ots)
Einen kurzen "Turbo-Wahlkampf" hatte sich der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewünscht. Daraus wird nichts werden. 14 Monate vor der Landtagswahl haben die Christdemokraten voll auf Angriff umgestellt - mit einem Herausforderer, der die letzten Zweifel daran ausräumte, wer künftig Chef im Ring der Südwest-CDU sein wird.
Guido Wolf übernimmt am Dienstag den Fraktionsvorsitz von dem glücklosen Peter Hauk. Thomas Strobl, der Widersacher um die Spitzenkandidatur, bleibt zwar pro forma Landesvorsitzender, soll sich aber auf die Berliner Politik konzentrieren und dem neuen Frontmann zu Hause freie Hand lassen im Wahlkampf.
Den hat Wolf beim Nominierungsparteitag am Samstag in Ulm furios eröffnet. Wenig ist da übrig geblieben vom humorigen Freizeitdichter - und gar nichts vom harmlosen Provinzpolitiker, als den ihn nicht wenige innerhalb und außerhalb seiner Partei abzuqualifizieren versucht hatten. Der 53-Jährige präsentierte sich aggressiv - vor allem in Richtung Grüne. Mit den Sozialdemokraten ging er etwas pfleglicher um, möglicherweise hat sich da schon eine Präferenz für einen künftigen Koalitionspartner angedeutet.
Guido Wolf braucht diese 14 Monate, um sich als Herausforderer des allseits beliebten Winfried Kretschmann zu profilieren. Und er muss vermitteln, welche Politik von ihm im Falle eines Wahlsiegs zu erwarten wäre. Der Auftakt war zwar rhetorisch gelungen, aber im Konkreten - wahrscheinlich absichtlich - inhaltsarm. Tendenziell hat er Sympathie für den konservativen Flügel seiner Partei erkennen lassen, etwa, wenn er mehr Wertschätzung fürs traditionelle Familienmodell einforderte. In eher ländlich geprägten Gegenden kommt das gut an. Allerdings hat die CDU in den vergangenen Jahren vor allem in den städtischen Ballungsräumen schwer gelitten. Diesem Wählerpublikum muss er sowohl persönlich als auch per Wahlprogramm vermitteln, dass sich die Christdemokraten tatsächlich entstaubt haben.
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