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Schwäbische Zeitung: Unwürdiger Streit

Ravensburg (ots)

Ohne die Sowjetunion wären die Nationalsozialisten nie besiegt worden. Ohne die Rote Armee wären die Vernichtungslager nicht befreit worden. Russische Kriegsgefangene wurden in Auschwitz ermordet, noch bei der Befreiung des Lagers fielen 231 russische Soldaten im Kampf gegen die Nazi-Schergen. Nur die Russen konnten die Mordmaschinerie Hitlers und Himmlers mit ihren Bodentruppen beenden.

Dass just der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust zu Streit zwischen Russland und anderen europäischen Nationen führt, macht ob der menschlichen Niedertracht und Abgestumpftheit von vor über 70 Jahren fassungslos. Die internationale Diplomatie steht vor einem Scherbenhaufen. Selbst die Erinnerung an die ermordeten Juden, an den bis ins kleinste Detail geplanten Völkermord, führt nicht zu einem Innehalten. Wer halbwegs in historischen Zusammenhängen denken kann, wird den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei dem Ausschwitz-Gedenken vermissen.

Dümmliche Behauptungen des polnischen Außenministers, es seien Ukrainer gewesen, die das Lager befreit hätten, gehören sich nicht. Dass Moskau darauf hinweisen muss, dass mehrheitlich Russen in der 1. Ukrainischen Front der Sowjetarmee gekämpft haben, ist traurig.

Doch das Fernbleiben Putins ist in erster Linie selbstverschuldet. Putin grollt vordergründig über zu wenig Respekt ihm gegenüber und nörgelt über die Modalitäten beim Zustandekommen der Gästeliste. Damit hält der Staatschef fest an seiner Propaganda-Linie, die Welt habe sich gegen die Russen verschworen. Putin isoliert sich und sein Land weiter, auch wenn er damit den Nationalstolz in Wallung zu bringen versucht. Geradezu infam wirkt es, wenn er in Moskau vor Geschichtsklitterung warnt und das Gedenken an die Millionen Opfer zur Spaltung der Erinnerung nutzt. Bundespräsident Joachim Gauck hat sich im Bundestag vor den russischen Befreiern von Auschwitz mit Dankbarkeit verneigt. Der Applaus des gesamten Parlaments sollte Putin zu denken geben.

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