Schwäbische Zeitung: Fußgängerzonen im Umbruch - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Modeberatung im Internet, Bestellung per Mausklick, Lieferung per Drohne: Das digitale Zeitalter und Zukunftstechnologien stellen die Welt der Einzelhändler auf den Kopf. Manche Städtchen geben mit ihren Leerständen ein immer traurigeres Bild ab. Wo es sich lohnt, breiten sich internationale Modeketten flächendeckend aus und verwandeln Fußgängerzonen in austauschbare Shopping-Meilen.
Anderswo schuften derweil die Mindestlöhner in Lagerhallen und füllen Versandkartons, die millionenfach von Online-Kunden wieder zurückgeschickt werden: zu groß, zu klein oder es war von vornherein geplant, nur eine der 15 weißen Blusen zu behalten, die der Online-Kunde zur Auswahl bestellt hat. Das kann - Zalando hat es jahrelang vorgemacht - zu üblen Verlusten führen, aber auch zu schnell wachsenden Marktanteilen. Kritiker sagen zurecht: Wer im Internet bestellt, unterstützt die oft fragwürdigen Geschäftspraktiken der Online-Riesen und hat die Einzelhändler vor Ort auf dem Gewissen. Niemand will langweilige Innenstädte und den Verzicht auf den Fachhandel, wo der Kunde hingehen kann mit all seinen Fragen.
Doch Hand aufs Herz: Manche Läden verschwinden aus gutem Grund aus der Fußgängerzone, weil sie den Wandel verschlafen und versäumt haben, mit Angebot, Auswahl, Umtausch und Fachberatung den Service und das moderne Einkaufserlebnis zu bieten, das der Kunde heute erwartet. Die Konkurrenz im Netz ist schnell, der Kunde immer anspruchsvoller und aufgeklärter.
Gewiss können Online-Handel und örtlicher Einzelhandel sehr gut nebeneinander wachsen und blühen: Das Internet bietet eine große Auswahl und gute Vergleichsmöglichkeiten. Aber es gibt auch die Kunden, die sich zum Einkaufen gerne vom Sofa erheben, lieber rausgehen unter die Leute und das Individuelle suchen: Das ist die Chance für unsere vielen kleinen und mittleren Einzelhändler, die mit Herzblut, Fachwissen und Kreativität unsere Fußgängerzonen bunter machen und sich mit vielen Ideen für lebendige Innenstädte engagieren.
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