Schwäbische Zeitung: Vertrauen beschädigt - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Das Standardgewehr der Bundeswehr trifft nicht? Ein schwerwiegender Vorwurf, vor allem, wenn die militärische und politische Spitze seit Jahren davon wusste. Schließlich müssen sich Soldaten jederzeit auf ihre Waffen verlassen können. Merkwürdig aber ist schon, dass in aller Welt offenbar ohne größere Probleme mit genau diesem Gewehr geschossen wird. Das legt die Vermutung nahe, dass das Sturmgewehr G36 vielleicht gar nicht alle Schlagzeilen beherrschen würde, wenn es nicht der vorläufige Schlusspunkt einer ganzen Serie von fraglichen Einkäufen der Bundeswehr wäre. Der Eurohawk, der A400M, der NH90 - immer wieder sind in den letzten Jahren Rüstungsprojekte in Verruf geraten. Das Vertrauen in die militärische und politische Führung ist beschädigt.
Die Probleme mit dem Sturmgewehr waren lange bekannt, ohne dass gehandelt wurde. Warum? Soldaten schießen eben nicht unter Laborbedingungen. Einsatz ist Kampf und manchmal auch Krieg - und eben nicht die wehrtechnische Dienststelle Meppen. Manche Klagen wurden heruntergespielt oder nicht weitergegeben. Anderes wurde ausgesessen. Ursula von der Leyen will nun als Chefaufklärerin agieren und zeigen, dass sie handelt. Dass im Zuge der Aufklärung ihr Vorgänger Thomas de Maizière ein paar Schrammen abbekommt, weil der nicht unverzüglich handelte, könnte der ehrgeizigen Ministerin vielleicht sogar ins Konzept passen. Zumal es davon ablenkt, dass auch von der Leyen lange abwartete, bevor sie jetzt mit Verve aufräumt.
Doch in erster Linie geht es um die Soldaten, nicht um Politik. Die haben Anspruch auf die bestmögliche Ausrüstung. Es kann sein, dass sie nach wie vor von Heckler&Koch kommt, wenn Verbesserungen vorgenommen werden. Daran sollte jetzt mit ebenso viel Hochdruck gearbeitet werden wie an der Aufklärung zurückliegender Klagen. Es geht schließlich um eines der höchsten Güter, um die Sicherheit. Und um Steuergelder, deren Einsatz in Zukunft besser, auf jeden Fall aber schneller geprüft werden muss.
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