Schwäbische Zeitung: Die Geister, die er rief - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Bernd Lucke ist kein Unschuldslamm. Mit seiner Kritik am Euro, vor allem aber an der Flüchtlings- und Ausländerpolitik, mit Begriffen wie Entartungen und mit symbolischen Euro-Verbrennungen hat Bernd Lucke selbst jene Geister gerufen, die er jetzt so gerne wieder loswerden will. Das dürfte ihm kaum gelingen.
Sehr viel wahrscheinlicher ist zur Stunde eine Parteispaltung der AfD in eine vorwiegend ostdeutsch geprägte Frauke-Petry-AfD, in der antiislamistische, zuwanderungskritische und deutschnationale Töne ihren Platz haben - und eine neue Lucke-Weckruf Partei. Denn der von ihm gegründete Weckruf-Verein ist bereits so etwas wie eine Partei in der Partei. Das wissen auch die Beteiligten, und eigentlich ist es nur unsicher, ob die ungeklärte Machtfrage überhaupt noch noch bis zum Parteitag Mitte Juni schwelt.
Die AfD fällt auseinander, weil sie den Spagat zwischen dem dezent euroskeptischen und leicht nach rechts schielenden Kurs von Lucke, Henkel und auch Kölmel nicht mit dem nationalkonservativen Kurs von Petry und Gauland zusammenbringen kann. Parteien wie die FDP, die im Falle einer Lucke-Prägung weit mehr um ihre Klientel hätten fürchten müssen, aber auch Parteien wie die CSU, die rechts neben sich niemand dulden will, können aufatmen. Die AfD erledigt sich gerade selbst - genau so, wie schon viele Parteineugründungen von der DVU bis zur Schill-Partei an Machtstreitigkeiten und den Mühen der Ebene gescheitert sind.
Die AfD wird langsam wieder schwinden, ihre Wähler aber werden bleiben. Jenes Potenzial an Unzufriedenen, die abgestoßen sind von den etablierten Parteien. Deshalb darf man sich zwar freuen, dass an den Rändern keine neuen rechten Parteien Erfolg haben. Wichtiger aber ist, den Nährboden der Unzufriedenheit zu entziehen. Dagegen zu arbeiten, dass eine Minderheit sich ständig nicht verstanden oder missverstanden fühlt. Der Angst vor Überfremdung gute Argumente und eine gute Flüchtlings- und Integrationspolitik entgegenzusetzen.
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