Schwäbische Zeitung: Reformen ohne Reue - Kommentar zu Leichtathletik
Ravensburg (ots)
Die Leichtathletik wird gerade ähnlich wie der Weltfußball und zuvor der Radsport mit ihren eigenen, über Jahre eingeübten Perversionen konfrontiert. Lamine Diack, ihr langjähriger Präsident, hat Bestechungsgelder von gedopten Athleten gefordert, um hinterher Wettbewerbe zu manipulieren, indem er eben diese zu Wettbewerben zuließ. Da gehört viel Nihilismus dazu und noch mehr Narzissmus, und der Glaube, dass es sich bei seinem Kooperationspartner nur um Russland handelte, dürfte ein Aberglaube sein. In Kenia ging es - zumindest auf nationaler Ebene - nicht anders zu, auch wenn sich die Afrikaner gerade damit brüsten, doch tatsächlich eine Anti-Doping-Agentur gegründet zu haben.
Dass die IAAF unter ihrem neuen Chef Sebastian Coe erstmals einen ganzen Verband wegen Dopings suspendiert hat und die Russen auffordert, die Tests ihrer Athleten an ein unabhängiges Gremium zu vergeben, klingt konsequent, bedeutet aber in der Realität wenig. Genauso wenig wie es angesichts des offenbar systematischen, staatlich angeordneten Dopings in Russland, das sich quer durch alle Sportarten zieht, irgendetwas zu bedeuten hat, wenn Sportminister Witali Mutko nun die komplette Verbandsspitze schassen will. Er müsste sich zuerst einmal selbst entlassen, der gute Herr Mutko, denn dass ein ganzes Unternehmen ohne Wissen des Chefs betrügt, ist so wahrscheinlich wie Schneefall in der Wüste Gobi.
Was bringt es, ein paar Köpfe auszuwechseln, Strukturen zu ändern, wenn keine Reue, kein Unrechtsbewusstsein, keine Moral existieren? Solange die Russen ihre Geltungssucht nicht ablegen, solange all ihr Handeln vom Streben nach Macht und Einfluss bestimmt wird, werden sie weiter betrügen. Wie, darüber dürften sie sich gerade die Köpfe zerbrechen.
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