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Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Böhmermann: Satirefreiheit ist nicht verhandelbar

Ravensburg (ots)

Die Bundesregierung will sich einige Tage Zeit nehmen, um zu entscheiden, ob sie dem von der Türkei geforderten Strafverfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann zustimmt. Der Schaden für Angela Merkel und für unser Demokratieverständnis wird dadurch nur größer.

Zur Erinnerung: Als das TV-Magazin "Extra 3" eine Erdogan-Satire ausstrahlte und die türkische Regierung den deutschen Botschafter einbestellte, war es Außenminister Steinmeier höchstpersönlich, der klarstellte: Presse- und Meinungsfreiheit seien nicht verhandelbar. Einige Tage später kommt Böhmermann mit einer schärferen Satire über den türkischen Präsidenten, worauf sich die Bundesregierung entsetzt zeigt - und plötzlich sind eben diese Grundwerte offenbar doch verhandelbar. Auch zur Erinnerung: Hierzulande gibt es kaum jemand, der so häufig und so derb persifliert wird wie die katholische Kirche oder der Papst, allermeist ohne rechtliche Konsequenzen, der Satirefreiheit wegen. Und waren wir nicht alle "Charlie Hebdo", zeigten Solidarität mit jenem von Terrorismus heimgesuchten Satiremagazin, das den Islam bis an die Schmerzgrenze karikiert? Und nun soll uns ein Herr Böhmermann zu viel sein?

Es ist mehr als ein Verdacht, der sich hier aufdrängt: Angela Merkel ist im Zuge ihrer zu scheitern drohenden Flüchtlingspolitik einen Pakt mit Erdogan eingegangen, jenem Mann, der im eigenen Land die Pressefreiheit zertrümmert, politische Gegner und Minderheiten bekämpft, der sich offen gegen eine offene Gesellschaft ausspricht. Insofern ist Angela Merkel Opfer ihrer eigenen Politik - und erwägt ihretwegen die Satirefreiheit zu opfern.

Zu Jan Böhmermann: Er hat in seiner Schmähkritik weder den Holocaust geleugnet noch zu Gewalt aufgerufen, auch war sie nicht verleumderisch. Insofern hat er sich in dem Rahmen bewegt, was Satire darf. Ob es sich dabei um ein Kunstwerk handelt oder eine Geschmacklosigkeit, spielt keine Rolle. Eine Rolle spielt nur, dass Meinungs-, Kunst- und Satirefreiheit nicht verhandelbar sind.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

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