Schwäbische Zeitung: Leitartikel zur Stichwahl in Österreich: Kein Grund zum Jubel
Ravensburg (ots)
Endlich, beim dritten Mal - nach einer angefochtenen Stichwahl und einer technisch begründeten Verschiebung - , scheint Österreich es nun geschafft zu haben. Ein Präsident ist gewählt. Der 72-jährige Alexander Van der Bellen hat, nach den am Sonntagabend vorliegenden ausgezählten Stimmen, eindeutiger als erwartet den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer geschlagen.
Dass der mit Ressentiments gegen Ausländer und Flüchtlinge spielende Hofer nun nicht in die Wiener Hofburg einziehen wird, ist eine gute Nachricht. Denn nur mühsam konnte der stets freundlich und adrett auftretende Kandidat der Freiheitlichen seine Affinität zum Rechtsradikalismus verbergen. Er war für viele am äußersten rechten Rand in Europa ein österreichischer Held. Er sei, so die Meinung in Kreisen, in denen viel der Begriff des "Völkischen" gebraucht wird, der Einzige im Land, der den Mut habe, gegen Ausländer und die Globalisierung zu Felde zu ziehen. Ähnlich wie Donald Trump gab sich auch der freiheitliche Kandidat als Mann der kleinen Leute, der er natürlich nicht ist. Sondern er ist der Wolf im Schafspelz, der für Abschottung stand und schlussendlich nur aus taktischen Erwägungen die EU reformieren wollte, anstatt sie zu verlassen.
Aber der Wahlsieg Van der Bellens muss auch nachdenklich stimmen. Gewonnen hat der Kandidat wohl nicht, weil er eine Lichtgestalt ist, die mit klaren, programmatischen Reden der Republik Österreich sagt, wo er dieses Land in Zukunft sieht. Der ehemalige Grünen-Chef wurde, so steht zu befürchten, vor allem gewählt, um ein Zeichen gegen die reaktionäre Politik seines Gegners zu setzen. Van der Bellen wird Visionen entwickeln und auf den politischen Gegner zugehen müssen. Allein mit einer Abgrenzung gegen reaktionäre Politik wird er Österreich nicht einen können.
Denn auch wenn das Abstimmungsergebnis eindeutig war, zeigt es auch, dass Österreich ein gespaltenes Land bleibt. Knapp die Hälfte der Wähler hat für den eleganten Demagogen Hofer gestimmt.
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