All Stories
Follow
Subscribe to Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Gegen politische Kurzatmigkeit - Leitartikel zum Politikbetrieb

Ravensburg (ots)

Es gibt Wirtschaftswissenschaftler, die das Mantra um den Shareholder Value, sprich die Abhängigkeit eines Unternehmens vom eigenen Aktienkurs, scharf kritisieren. Alle drei Monate müssen für die Börsen Geschäftszahlen veröffentlicht werden, alle drei Monate stehen so kurzfristig auch langfristige Firmenpläne und Strategien auf dem Prüfstand. Wenn ein Quartal mies läuft, wird kurzerhand alles infrage gestellt.

Im Vergleich zum Politikbetrieb wirken diese Zeitspannen jedoch noch ausgeruht. Denn in der Politik hat eine erstaunliche Kurzatmigkeit eingesetzt, die unter anderem durch Umfragen erzeugt wird. Im Wochenschnitt sorgen Prognosen für Schlagzeilen. Die Medien spielen dieses Spiel mit. Um Themen zu setzen, machen sie nur eines: Sie setzen die Verantwortlichen in den Parteien unter Druck, den vermeintlichen Wünschen der potenziellen Wähler sofort nachzukommen.

Ein aktuelles Beispiel: Just am Tag, an dem die SPD über Sondierungsgespräche mit der Union zur Bildung einer neuen Bundesregierung debattiert, kommt eine Umfrage um die Ecke. Diese signalisiert, die Zustimmung zu einer Großen Koalition wachse in der Bevölkerung. Das Signal lautet: Macht es und zwar schnell! Ob die Ziele überhaupt noch zusammenpassen? Egal! Hopp, hopp, hopp!

Jede Woche kommt irgendein Forschungsinstitut und veröffentlicht Popularitätswerte von Parteien oder Politikern. Die Sinnhaftigkeit sucht man verzweifelt. Alle vier Jahre wird gewählt und die Gewählten sollten es aushalten, ein paar Wochen, Monate oder gar Jahre nicht besonders beliebt zu sein. Im Gegenzug könnten sie ihren Überzeugungen treu bleiben und so Politik nach bestem Gewissen und Können betreiben.

Ähnlich kritisch sind die immer häufiger abgehaltenen Mitgliedervoten der Parteien. In einer repräsentativen Demokratie sollte sich ein gewählter Abgeordneter nicht einer Parteientscheidung unterwerfen dürfen. Sonst wird der Weg frei zum imperativen Mandat - und das ist in der Bundesrepublik Deutschland aus guten Gründen verboten.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original content of: Schwäbische Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Schwäbische Zeitung
More stories: Schwäbische Zeitung
  • 14.12.2017 – 18:48

    Schwäbische Zeitung: Regeln befristet entschärfen - Kommentar zu Auflagen für Neubauten

    Ravensburg (ots) - Es geht nicht um einzelne grüne Ranken, es geht nicht um einen Fahrradparkplatz mehr. Das sind nur Symbolthemen in einer Debatte, die wesentlich komplexer ist. Bauen ist teuer geworden und das bremst den dringend benötigten Zuwachs an Wohnungen. Am meisten tragen die gestiegenen Preise für Bauland bei: 2016 mussten Bauherren 33 Prozent mehr dafür ...

  • 12.12.2017 – 20:52

    Schwäbische Zeitung: Kunden beuten Zusteller aus - Kommentar zu Breymaier/Post

    Ravensburg (ots) - Kunden auf dem Sofa mit dem iPad in der Hand sind Treiber eines grundlegenden Strukturwandels: Die Digitalisierung revolutioniert den Handel, die Menschen lassen die Raten für Onlinekäufe jedes Jahr weiter steigen: Damit einhergeht, dass die im Netz von zu Hause aus gekauften Produkte irgendwie unter den Christbaum kommen müssen. Leni Breymaiers ...

  • 05.12.2017 – 21:48

    Schwäbische Zeitung: Auch Eltern sind in der Pflicht - Leitartikel zur Leseleistung

    Ravensburg (ots) - Die Verantwortung für die schlechte Leseleistung der Viertklässler ausschließlich den Lehrern in die Schuhe zu schieben, wäre zu einfach. Sie können nicht für alles herangezogen werden, was in den Elternhäusern schiefläuft. Anstelle von Büchern und Brettspielen sind heute oft Spielekonsole und Co. fester Bestandteil der Freizeitgestaltung. ...