European Association of E-Pharmacies (EAEP)
Europäischer Verband der Versandapotheken (EAMSP) fordert Rezept-Bonus für alle
Die geplanten Verbote von Versand und Boni sind patientenfeindlich und rechtlich äußerst bedenklich
Hamburg (ots)
Im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (kurz: 16. AMG-Novelle) plant der Gesetzgeber den Geltungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auf ausländische Versandapotheken auszuweiten. Dies führt faktisch zu einem Verbot von Boni und Rabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, wie sie derzeit z. B. von niederländischen Versandapotheken gewährt werden und möglich sind, weil in den Niederlanden keine Festpreisbindung, sondern ein Höchstpreissystem existiert.
Die geplante Gesetzesnovelle führt zu einer einseitigen Belastung der Verbraucher und Patienten in Deutschland. Diese nutzen ausländische Versandapotheken bislang rege. Folglich sprechen nicht nur der bequeme Versandweg für das Angebot der Versandapotheken, sondern auch die daraus resultierenden Kostenvorteile, die vor allem schwer und chronisch Kranken zugute kommen. Der Meinung des EAMSP schließen sich auch die BAG Selbsthilfe sowie der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) an. So verweist die BAG Selbsthilfe darauf, dass gerade chronisch kranke und behinderte Menschen durch Rabatte und Boni finanzielle Mittel einsparen. Sie haben durch die Bestellung bei Versandapotheken einen barrierefreien Zugang, sparen Fahrtkosten und können die Versorgung mit notwendigen Medikamenten einfacher und billiger organisieren. "Als wären diese Patientengruppen nicht schon genug belastet durch ihre Krankheit und stetig steigende Zuzahlungen, sollen sie durch die jetzige Neuregelung der AMPreisV auch noch auf ihre Preisvorteile verzichten. Das ist patientenfeindlich", erläutert Thomas J. Diekmann, Legal Counsel vom Europäischen Versandapothekenverband.
Dabei ist die Begründung für die Ausweitung der AMPreisV, die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen, für die europäischen Versandapotheken und ihren Verband durchaus nachvollziehbar. "Wir verstehen den Wunsch nach gleichen Wettbewerbsbedingungen", sagt Thomas J. Diekmann. "Allerdings darf das nicht dazu führen, dass durch die Gesetzesnovelle die ausländischen Versandapotheken einseitig diskriminiert werden." Gleiche Wettbewerbsbedingungen ließen sich auch anders herstellen, ohne dass den Patienten ihre Preisvorteile genommen werden. "Boni für alle heißt die Lösung, die durch einen Systemwechsel hin zu einem Arzneimittel-Höchstpreissystem möglich wäre", so Diekmann weiter. "Die Politik sollte mehr diejenigen in den Blick nehmen, die es letztlich betrifft: Versicherte und Patienten."
Obwohl der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln zum 1. Januar 2004 zugelassen wurde, sich seither wachsender Beliebtheit erfreut und seine Sicherheit unter Beweis gestellt hat, soll dieser Bezugsweg wieder abgeschafft werden. Soweit die Befürworter der Abschaffung ihre Vorstellungen mit dem Gesundheitsschutz und der Arzneimittelsicherheit begründen, fehlt ihnen dafür jedweder wissenschaftlich fundierter Nachweis. Die Bundesregierung lehnt das Begehren aus ebendiesen Gründen ab.
Darüber hinaus widerspricht ein solches Verbot der mittlerweile hohen alltäglichen Bedeutung des Erwerbs von Arzneimitteln über den Versandweg. Die veränderte Lebenswirklichkeit und die Konsumgewohnheiten der Kunden spiegeln dies wider. Versandapotheken sind eine sinnvolle Ergänzung des stationären Apothekenbetriebs. Insbesondere tragen sie zur flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung bei. Dadurch werden vor allem schwer und chronisch Kranke unterstützt. Sie wissen mit ihrer Krankheit umzugehen, sind durch ihren behandelnden Arzt umfangreich und sachlich informiert und haben gelernt, die verschriebenen Arzneimittel in vorgeschriebener Weise einzunehmen. Gerade für sie bietet die Bestellung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln über den Versand viele Vorteile. Sie wären von einem Versandhandelsverbot unverhältnismäßig stark betroffen. Dieser Auffassung ist auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Die geplanten Verbote von Versand und Boni sind aus Sicht des EAMSP nicht nur patientenfeindlich, sondern auch rechtlich äußerst bedenklich. Das Versandverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Berufsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz. Ein Eingriff sei nicht gerechtfertigt. So verhält es sich ebenfalls bei dem Rezept-Boni-Verbot. Ein solches Verbot verstoße gegen das Territorialprinzip und gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs in Europa gemäß Art. 34 AEUV. Indem ein Mitgliedstaat einseitig sein nationales Preisrecht auf andere Mitgliedstaaten ausweitet, zielt dies in unzulässiger Weise darauf ab, den nationalen Handel zwischen Mitgliedstaaten abzuschotten und wirkt damit dem Ziel der europäischen Verträge entgegen, die Integration der nationalen Märkte durch die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes zu verwirklichen.
Aus den genannten Gründen lehnt der EAMSP das Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel ebenso wie das Rezept-Boni-Verbot strikt ab. Zur Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen plädiert der EAMSP für einen politisch verhältnismäßigen und europarechtlich unbedenklichen Weg: "Gleiche Wettbewerbsbedingungen lassen sich herstellen, wenn allen Apotheken das Recht eingeräumt wird, ihren Kunden Boni und Rabatte zu gewähren", so Thomas J. Diekmann, Legal Counsel der EAMSP. "Wichtig ist nur, dass dieser Weg diskriminierungsfrei sowohl für deutsche als auch für ausländische Apotheken eingeschlagen wird. Am Ende wären die Patienten und Versicherten die Gewinner, weil ihnen eine Möglichkeit bliebe, bei den individuellen Gesundheitsausgaben zu sparen. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur Steigerung des Gemeinwohls in Deutschland, wozu der EAMSP und seine Mitglieder gerne bereit sind, einen Beitrag zu leisten. Nun ist die Politik gefordert!"
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