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VW-Abgasskandal: OLG Oldenburg sieht 2019 noch keine Verjährung

Lahr (ots). Im Diesel-Abgasskandal von VW jagen sich rund drei Monate vor der ersten BGH-Verhandlung in Karlsruhe Hinweise und Urteile von untergeordneten Gerichten. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in Sachen Verjährung richtungsweisende Urteile gefällt (Az. 1 U 131/19 und 1 U 137/19). Verjährungsfrist im VW-Skandal hat noch nicht im Jahr 2015 begonnen, teilte das Gerichte am 30. Januar 2020 mit. Damit sind Klagen, die 2019 gegen VW eingereicht wurden, noch nicht verjährt. OLG Hamburg und Brandenburg hatten jüngst die Nutzungsentschädigung für VW in Zweifel gezogen - mehr dazu hier. Wiederum das OLG Oldenburg vertritt die Ansicht, dass die VW AG auch dann verurteilt werden muss, selbst wenn der klagende Käufer über den Diesel-Abgasskandal bei VW informiert gewesen sein sollte - mehr dazu hier.

Dr. Stoll & Sauer bringt zehnjährige Verjährungsfrist ins Spiel

In der Verjährungsdebatte stehen nach § 195 BGB die üblichen drei Jahre im Mittelpunkt. Die knifflige Frage ist, wann beginnt die Verjährung zu laufen, wann endet sie. Normalerweise startet die Verjährung Ende des Jahres, in dem der Verjährungsfall eingetreten ist. Doch ganz so einfach ist es nicht, vor allem, wenn dabei "unerlaubte Handlungen" im Spiel sind. "Die Ansprüche auf eine Geldzahlung können nach § 852 BGB frühestens nach zehn Jahren verjähren", argumentierte Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gehört im Diesel-Abgasskandal zu den führenden in Deutschland und vertritt in einer Spezialgesellschaft rund 450.000 Verbraucher in der Musterfeststellungklage gegen VW. Im BGB liest sich § 852 dann wörtlich folgendermaßen:

"Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an."

Heißt auf Deutsch: Wer sittenwidrig täuscht und trickst, darf sich keine Hoffnungen darauf machen, dass seine Tat durch eine schnelle und übliche Verjährung der gerechten Bestrafung entgeht. Verbraucher-Anwalt Dr. Ralf Stoll verweist weiter auf Urteile der Landgerichte in Freiburg, Aachen, Ulm, Essen und Trier. Das Landgericht Trier verwies in seiner Urteilsbegründung darauf (Az.: 5 O 417/18), es sei gerichtsbekannt gewesen, dass die Schreiben von VW an die betroffenen Autobesitzer zumindest teilweise erst in den Jahren 2016 und teilweise sogar 2017 versandt wurden. Für den Beginn der Verjährung brauche es für das Gericht in Trier eine "auslösende Kenntnis": Die VW-Mitteilung vom September 2015 über Unregelmäßigkeiten der verwendeten Software bei Dieselmotoren des Typs EA 189 reiche dafür nicht aus, begründete das Gericht seine Auslegung in Sachen Verjährung. Bei solchen komplizierten Sachverhalten seien "höhere Anforderungen zu stellen".

Bei dieser unübersichtlichen Rechtslage, so Dr. Ralf Stoll weiter, sollten Verbraucher auch weiterhin den Klageweg überprüfen lassen. So sind sie auf der sicheren Seite. Im kostenfreien Online-Check (hier) der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von VW herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die VW AG einigt.

OLG: 2015 war zu wenig bekannt, um Verjährung zu beginnen

Ein Kernpunkt des Verfahrens vor dem OLG Oldenburg war die Frage, ob die von den Käufern geltend gemachten Schadensansprüche bei einer Klageerhebung nach 2018 bereits verjährt sein könnten. Der Senat entschied, dass die Verjährungsfrist nicht bereits im Jahr 2015 begonnen hat. Zum Verjährungsbeginn gehörten nicht nur die Kenntnis von Schaden und Schädiger, sondern auch die Kenntnis der Tatsachen, auf deren Grundlage der Anspruchsinhaber eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage erheben kann. Man muss zwar nicht alle Details kennen, man muss aber auch nicht schon Klage erheben, solange der Sachverhalt noch weitgehend ungeklärt ist.

Zum Hintergrund: Volkswagen hatte im September 2015 mitgeteilt, dass es bei dem Motor EA 189 "eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb" gebe. Der Konzern hatte aber bestritten, dass der VW-Vorstand oder andere Personen in verantwortlicher Stellung davon gewusst hätten. Der Umfang des Gesamtkomplexes sei erst im Laufe des Jahre 2016 durch die Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte aufgeklärt worden, argumentierte das Gericht. Die Geschädigten hätten daher zwar bereits 2015 von der Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge erfahren, von den Umständen, die eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründeten, aber erst später. Eine Klageerhebung sei daher bis Ende 2015 noch nicht zumutbar gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist sei daher Ende 2018 noch nicht abgelaufen gewesen. Die Geschädigten hätten daher auch im Jahr 2019 noch klagen können. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Nutzungsentschädigung für VW könnte auf der Kippe stehen

Nicht nur beim Thema Verjährung ist im Diesel-Abgasskandal von VW zurzeit viel in Bewegung. Die Oberlandesgerichte Hamburg und Brandenburg zweifeln an der bisher gängigen Rechtsauslegung der Nutzungsentschädigung. Das Hanseatische Oberlandesgericht regte am 13. Januar 2020 in einem Hinweisbeschluss an, dass die Dieselfahrer weniger für die Nutzung ihrer Fahrzeuge zahlen sollten (Az. 15 U 190/19). Schließlich sei das Fahrzeug von Anfang an im Wert gemindert gewesen. Vorstellbar sei, dass der Verbraucher nur für den Zeitraum eine Entschädigung zu zahlen hat, bis er VW zur Rückabwicklung aufgefordert hatte. Auch am Oberlandesgericht Brandenburg gibt es massive Zweifel daran, warum VW vom Diesel-Abgasskandal durch eine Nutzungsentschädigung profitieren sollte. Die Richter in Brandenburg sahen in einer Verhandlung gute Argumente, die Entschädigung komplett zu streichen. Mit der Entschädigung reduziert sich der von VW an die Kläger zu zahlende Schadensersatz. Die Hinweise aus Hamburg und Brandenburg lassen rund drei Monate vor der ersten Verhandlung zum Diesel-Skandal vor dem Bundesgerichtshof BGH am 5. Mai 2020 aufhorchen. Da könnte es durchaus sein, dass die BGH-Richter die Nutzungsentschädigung ähnlich einschätzen wie ihre Kollegen in Hamburg und Brandenburg. Ähnlich könnte es sich beim Thema Verjährung verhalten.

Dr. Stoll & Sauer führt Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führen in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei deshalb für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

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