Otto Brenner Stiftung zeichnet herausragenden Recherche-Journalismus aus
Frankfurt (ots)
"Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus" geht 2012 an Andreas Müller (Stuttgarter Zeitung) +++ Jury ehrt mit "Spezial"-Preis die "außergewöhnliche Bildsprache" des Dokumentarfilms "Wadim" +++ Nikolaus Brender ist Festredner am 30. Oktober +++ Den mit 10.000 Euro dotierten 1. Preis der Otto Brenner Stiftung erhält 2012 Andreas Müller (Stuttgarter Zeitung). Der Autor wird für seine Berichterstattung über den Aktien-Rückkauf des Energieversorgers EnBW durch die baden-württembergische Regierung unter dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus ausgezeichnet. Dass zu den wichtigsten journalistischen Tugenden Skepsis und Hartnäckigkeit gehören, habe - so die Jury in ihrer Begründung - Andreas Müller eindrucksvoll und "in erstklassiger Manier" unterstrichen. Nur weil er sich nicht mit vagen Erklärungen zufrieden gab, sondern unermüdlich nachfragte, "erfuhr die Öffentlichkeit vom ganzen Ausmaß des Amtsmissbrauchs zum Schaden der Steuerzahler". Müllers Arbeit, die die nur sehr schleppend und zäh in Gang gekommene Aufarbeitung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, den Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft "maßgeblich vorangetrieben hat", ist nach Auffassung der Jury beispielhaft für einen kritischen Journalismus "wie ihn die Demokratie zum Atmen braucht". Der 2. Preis (5.000 Euro) geht 2012 an den "Enthüller" Wilfried Huismann. Er hat bei seinen Dreharbeiten für den Film "Der Pakt mit dem Panda" (WDR) hinter die Öko-Fassade des WWF geschaut - und, so die Jury, "einen beeindruckenden Einblick in die komplizierte und undurchsichtige Arbeit der mächtigsten Naturschutzorganisation der Welt" gegeben. Die Jury lobt seine "aufwändige, akribische, manchmal fast akrobatische" Recherche. Huismann vergleicht seine Erkenntnisse mit der schönen Welt der WWF-Werbung. Das weckt Ärger, das macht Ärger, das stört die Glaubwürdigkeit des WWF, den der Preisträger immer wieder in Zusammenhang mit der Industrie bringt, so die Jury. Huismanns Film wird von der Jury ausgezeichnet, weil er "Diskussionen füttert und in Fahrt bringt". Der Film ist nach Einschätzung der Jury "ein starkes Stück Journalismus". Mit dem 3. Preis (Preisgeld 3.000 Euro) werden Stefan Koldehoff und Tobias Timm ausgezeichnet. In ihrer minutiösen Langzeitrecherche analysieren sie die Abgründe des von Gier und Skrupellosigkeit getriebenen Kunstmarktes. "Falsche Bilder - Echtes Geld", so der Titel des prämierten Buches, entziffert das Geschäftsmodell eines perfekt eingespielten Milliardenmarktes: absurde Expertisen, gefügige Kunsthistoriker, geschmierte Händler und faszinierte "Kunstkritiker". Nach Auffassung der Jury kratzen Koldehoff und Timm mit ihren Enthüllungen nicht nur am Lack der Fälscher. Ihr Blick hinter den schönen Schein eines Milliardenmarktes, mit Gewinnmargen wie im Drogen- und Waffenhandel, ist - so die Jury - ein "Glanzstück des deutschen Recherche-Journalismus". Gewinner des "Spezial"-Preises sind Hauke Wendler und Carsten Rau. Ihr Film "Wadim" arbeitet nach Auffassung der Jury erstklassig auf, wie Wadim, ein junger, aus Lettland stammender Asylbewerber in den Selbstmord getrieben wurde. Den Dokumentarfilm zeichnet eine außergewöhnliche Bildsprache aus: Bilder, die nach Einschätzung der Jury keinen Kommentar, keinen Betroffenheitskitsch brauchen. "Deren Präzision und nüchterne Schönheit" überzeugten die Jury, weil sie alles über misslungene Ausländerpolitik sagen. Der Countdown zu einer tödlichen Tragödie, so die Jury weiter, "packt den Zuschauer genauso wie die intensiven Aussagen der Beteiligten". Der "Spezial"-Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Den Newcomerpreis, dotiert mit 2.000 Euro, erhält Anne Lena Mösken, Berliner Zeitung. Die Autorin schildert in "Ihr Kampf" die politische Lebensgeschichte einer Frau, die sich von einer jungen Antifaschistin zu einer Rechtsextremistin entwickelt hat. Nach Auffassung der Jury tut sie das "neugierig und mit behutsamer Eindringlichkeit". Ihr Artikel, so die Jury weiter, "ist auf eine ganz intensive Weise lehrreich - weil er deutlich macht, wie und warum in bestimmten Lebenssituationen junge Menschen abdriften". Anne Lena Mösken wird ausgezeichnet, weil ihr Beitrag "kluge Aufklärung mit journalistischen Mitteln" leistet. Im Rahmen des Wettbewerbs zeichnet die OBS auch innovative und wegweisende Medienprojekte aus. 2012 geht der "Medienprojektpreis", dotiert mit 2.000 Euro, an Toralf Staud und Nick Reimer für ihren "Klima-Lügendetektor". In der Klima- und Energiepolitik verbreiten interessierte Unternehmen und ihre Lobbyisten sowie folgsame Politiker fortwährend eine Flut von Halbwahrheiten und gelenkter Information. Selbst politischen Kennern fällt es schwer zu erkennen, ob die jeweilige Expertise seriös ist, ob die Annahmen stimmen und die Ergebnisse den Tatsachen entsprechen. Zum Glück, so die Brenner-Jury, gibt es online den Klima-Lügendetektor. Mit den dort veröffentlichten Analysen und Kommentaren setzen die Autoren nach Auffassung der Jury "ebenso fachkundig wie zuverlässig Fakten und Aufklärung gegen Irreführung und Propaganda". Schnell und auch unterhaltsam werden alle, die Bescheid wissen wollen, hier auf den aktuellen Stand gebracht. Die Jury zeichnet ein Medienprojekt aus, "das vorbildlich den Nutzen von kritischem Journalismus demonstriert". In Kooperation mit "Netzwerk Recherche" (www.netzwerkrecherche.de) werden von der Otto Brenner Stiftung zusätzliche, mit jeweils 5.000 Euro dotierte, Recherche-Stipendien vergeben. Mit den Stipendien soll die Möglichkeit gegeben werden, frei von ökonomischen Zwängen und mit professioneller Begleitung von erfahrenen "Mentoren" Projektthemen zu recherchieren. 2012 hat die Jury drei Stipendien vergeben. Um den Erfolg der investigativen Recherche nicht zu gefährden, wird ein Stipendium erst nach Abschluss der Arbeit öffentlich gemacht. Ein zweites Recherche-Stipendium untersucht Arbeitsbedingungen und Unternehmensstrategien der deutschen Windkraft- und Solarindustrie (Jörn Boewe, Johannes Schulten). Mit dem dritten Stipendium wird ein Blick hinter die Kulissen der Katholischen Kirche gewagt und u.a. danach gefragt, warum sie die gemäßigten Christen verliert, aber immer mehr extremistische Anhänger gewinnt (Christina Rietz). Mitglieder der Jury des Otto Brenner Preises sind Sonia Seymour Mikich (WDR), Harald Schumann (Der Tagesspiegel), Prof. Dr. Volker Lilienthal (Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Qualitätsjournalismus, Universität Hamburg), Prof. Dr. Thomas Leif (SWR-Chefreporter und Moderator von "2+Leif") und Prof. Dr. Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung) sowie Berthold Huber (Verwaltungsratsvorsitzender der Otto Brenner Stiftung). Die Otto Brenner Stiftung verleiht 2012 zum achten Mal den "Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus". Prämiert werden journalistische Arbeiten, die das Motto der Ausschreibung "Gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten" herausragend umgesetzt haben. Aus 563 Bewerbungen wählte die Jury am 27. September die Preisträger in fünf Kategorien. Das Preisgeld beträgt in diesem Jahr insgesamt 47.000 Euro. Die Preisverleihung findet am 30. Oktober in Berlin statt (Hotel Pullmann Berlin, Schweizerhof, Budapester Straße 25, 10787 Berlin, Beginn: 17:00 Uhr). Festredner ist Nikolaus Brender, langjähriger ZDF-Chefredakteur. Sein Thema: "Hochfrequenzmedien - Rasen wir an der Wirklichkeit vorbei?" Informationen zu den prämierten Beiträgen und den diesjährigen Preisträgern haben wir in einer Pressemappe zusammengestellt: www.otto-brenner-preis.de. Auf unserer Internetseite besteht für Pressevertreter auch noch die Möglichkeit, sich bis zum 25. Oktober für die Preisverleihung anzumelden.
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Jupp Legrand
Geschäftsführung
Otto Brenner Stiftung
Wilhelm-Leuschner-Str. 79
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