OBS-Studie analysiert Vertrauenskrise und Glaubwürdigkeitsdefizite der Medien
Frankfurt (ots)
"Wir sind das Publikum!", so der Titel einer neuen medienkritischen Untersuchung der Otto Brenner Stiftung (www.otto-brenner-stiftung.de), geht dem Autoritätsverlust der Medien nach und fragt nach Wegen aus der manifesten Beziehungskrise zwischen Medien und Publikum. Autor der Studie ist der Publizist und Medienkritiker Fritz Wolf (www.dasmedienbuero.de). Ukraine-Berichterstattung, Griechenland- und Euro-Krise, Germanwings-Katastrophe, Wulff-Bashing und NSU-Skandal stehen als Beispiele für den Reputationsverlust der Medien. Für viele Beobachter steht fest: Die Medien stecken tief in einer Vertrauenskrise. Glaubwürdigkeitsdefizite haben in den letzten Jahren schleichend zugenommen und die Zweifel des Publikums längst auch die etablierten Qualitätsmedien und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erreicht. Fest steht auch, dass das Internet und besonders die sozialen Medien das Verhältnis zwischen Journalisten und dem Publikum gravierend verändert haben. Ergebnis ist, dass Teile der Bevölkerung die Medien inzwischen für von "oben gesteuert" halten, für lügnerisch, abgehoben und arrogant. Dass das Verhältnis zwischen Medien und Publikum gestört ist, ist der Ausgangspunkt der neuen Medien-Studie der Otto Brenner Stiftung. In "Wir sind das Publikum" analysiert der Autor diese Beziehungskrise und spürt dem Glaubwürdigkeitsverlust der Medien nach. Er beschreibt die veränderte Rolle des Publikums, das nun Medien direkt kritisiert und damit eine neue, bisher unbekannte Form der Medienkritik praktiziert. Internet und soziale Medien haben das Verhältnis zwischen Journalisten und Publikum verändert. Die öffentliche Wahrnehmung konzentriert sich dabei auf Hassmails und Trolle und übersieht nach Ansicht des Verfassers, "dass in der veränderten Rolle des Publikums auch die Chance zu demokratischer Partizipation stecken kann". Die Stiftung ist der Auffassung, dass "die öffentlich-rechtlichen Sender in besonderer Verantwortung stehen, den Dialog zu befördern, auf ihre Kritiker zuzugehen und Formen und Räume zur Beteiligung und Programmkritik zu schaffen". Sie werden schließlich via Haushaltsabgabe von der Allgemeinheit finanziert. Demokratische Teilhabe braucht auf der anderen Seite auch mündige Bürger, die sich wie solche verhalten: Dialog ist keine Einbahnstraße. In der Untersuchung werden zahlreiche Vorschläge gemacht und Ansätze vorgestellt, die für einen zu entwickelnden Dialog genutzt werden könnten. In den Sendern sollten, so eine konkrete Überlegung des Autors, unabhängige Ombudsleute arbeiten, wie das etwa in der Schweiz der Fall ist. Die Studie regt an, dass die Medienpolitik sich unter den neuen Bedingungen noch einmal mit der Frage einer "Stiftung Medientest" befasst, die vor Jahren unberechtigterweise schon einmal ad acta gelegt worden ist. Außerdem schlagen Stiftung und Autor vor, dass in den einzelnen Landesregierungen jeweils Medienbeauftragte ernannt werden, die sich speziell um die Entwicklung der Publikumsbeziehungen kümmern. Aber auch die Sender selbst sind gefordert. Sie sollten, so eine konkrete Forderung, explizit den Dialog mit dem Publikum als Unternehmensziel in ihre Leitlinien aufnehmen und zudem Sendeformen entwickeln, die diesem Ziel zuarbeiten. Auch die Gremien können die in letzter Zeit erkennbar gewordene Zuwendung zur Öffentlichkeit dazu nutzen, ihre Arbeit für medienpolitische Interessierte attraktiver zu machen, etwa durch thematisch interessante Gremiensitzungen. Schließlich können auch unabhängige lokale oder regionale Publikumsinitiativen eine wichtige Rolle spielen. Vernetzung und schnelle Kommunikation erlauben heute auch kleineren Organisationsformen größere Wirksamkeit. Die Studie ist soeben als Arbeitsheft 84 der Otto Brenner Stiftung erschienen, kann bei der Stiftung online bestellt oder heruntergeladen werden. (www.otto-brenner-stiftung.de)
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