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FREIE WÄHLER: Das Desaster von Afghanistan - weg von 20 Jahren naiver Politik der Bunderegierung

FREIE WÄHLER: Das Desaster von Afghanistan - weg von 20 Jahren naiver Politik der Bunderegierung
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Brüssel. Auch nach dem offiziellen Ende der Afghanistan-Mission reißt die Debatte um das desaströse Ende des Einsatzes nicht ab. Neben der Besorgnis über die humanitäre Lage im Land hat der dramatische Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan auch Diskussionen über Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik und die strategische Autonomie der EU ausgelöst. Engin Eroglu, Europa Abgeordneter der FREIE WÄHLER und Mitglied der Afghanistan Delegation sowie des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, äußert sich dazu.

Schon vor dem offiziellen Ende der Mission, als zahlreiche Menschen versuchten, das Land auf dem Luft- und Landweg zu verlassen, begannen Politiker und Experten die ersten Lehren aus dem Abzug der NATO aus Afghanistan zu ziehen. Eroglu sieht in diesem Zusammenhang großen Handlungsbedarf innerhalb Deutschlands, insbesondere mit Blick auf die Bundeswehr: „Die Bundeswehr kommt aus der Mitte unserer Gesellschaft und war 20 Jahre in Afghanistan aktiv. Dennoch war die gesellschaftliche Diskussion über das Thema in den letzten Jahren kaum vorhanden und man scheute sich davor, eine realistische Einschätzung der Lage zu geben. Das ist nicht nur ein Versäumnis, sondern schlicht inakzeptabel und unfair den Soldat*innen gegenüber, die im Ausland ihr Leben und Ihre Gesundheit riskieren. Als die NATO-Truppen Afghanistan verließen mussten wir dann mit eigenen Augen sehen, welche zynischen Folgen eine solch naive Politik hat.“

Das Scheitern der Bundesregierung

Eroglu weiter: „Afghanistan ist ein Scheitern der Bundesregierung, nicht der Bundeswehr! Ich sehe hier auch die Aussetzung der Wehrpflicht als einen Fehler. Dazu positionieren wir uns als FREIE WÄHLER ganz eindeutig, denn mit dem Wegfall der Wehrpflicht ist ein wichtiges Bindeglied in der Gesellschaft nicht mehr vorhanden. Auch der Bundeswehr fehlt dadurch qualifizierter Nachwuchs und das in einer Zeit, in der sich die internationale Sicherheitslage durch verschiedene Akteure und neue Konfliktherde weltweit stetig verändert.“

Mit Blick in die Zukunft erklärt Eroglu: „Damit Auslandseinsätze der Bundeswehr, wie der in Mali, nicht in einem ähnlichen Desaster enden wie Afghanistan, müssen die Missionen neu evaluiert werden. Die Bundesregierung spricht gerne mit Stolz von ihrem vernetzten Ansatz. Doch während diese Ansatz in der Theorie eine sinnvolle Idee ist, mangelt es der Umsetzung in der Praxis - schon in Berlin ist von Vernetzung zwischen den Ministerien keine Spur. Unter solchen Bedingungen dürfen wir uns nicht wundern, wenn Debakel wie das was sich in Afghanistan abgespielt hat, so lange ignoriert und letztlich von der Bunderegierung falsch eingeschätzt werden.“

Europa noch nicht bereit für eine Europäische Armee

Als Europaabgeordneter spricht Eroglu auch gezielt die Verantwortung der EU an: „Auf EU-Ebene müssen wir verstärkt Verantwortung für die Sicherheit unserer Bürger übernehmen. Eine Europäische Arme ist jedoch noch nicht realistisch. Wieso sollte etwas, was bereits auf nationaler Ebene nicht funktioniert auf EU-Ebene auf einmal funktionieren? Bis dahin müssen die Mitgliedsstaaten zunächst ihre nationalen Einsatzkräfte einsatzfähig bekommen und sich abstimmen, welcher Staat sich auf welche Bereiche in den Einsätzen spezialisiert.

Europäische Projekte wie das Eurokorps, das auch in Afghanistan im Einsatz war und in der Lage wäre, die taktische und operative Führung europäischer Einsatzmissionen zu übernehmen, könnten stärker genutzt werden.“

Der Vorsitzende Bundesfachausschuss Innere und äußere Sicherheit und saarländischer Spitzenkandidat der FREIE WÄHLER, Uwe A. Kammer, merkt an: „Mittelfristig werden die einzelnen Mitgliedsstaaten nicht in der Lage sein, ihre Streitkräfte in der gesamten Bandbreite der Fähigkeiten in allen Dimensionen auf dem notwendigen hochmodernen Niveau einsatzbereit zu halten. Deshalb wird alleine schon aus realen Sicherheitsinteressen, sowohl national wie auch europäisch, aber insbesondere für die Durchsetzung der GSVP ein gemeinsamer Ansatz unerlässlich sein. Mit einer „Koalition der Willigen“ könnten sich einzelne Mitgliedsstaaten der EU bereits jetzt auf den Weg machen und als Vorreiter andere Mitgliedsstaaten zum Anschluss motivieren.“

Bereits vor Jahren wurden die EU-Battlegroups ins Leben gerufen, um im Rahmen der Europäischen Sicherheitsstrategie eigene Fähigkeiten zu verbessern, nach politischer Entscheidung schnell auch militärisch auf Krisen und Konflikte reagieren zu können. Bisher kamen diese jedoch aufgrund der untergeordneten Rolle der EU zur NATO und dem fehlenden Willen der politischen Entscheidung nicht zum Einsatz.

Hierzu Kammer weiter: „Die Berlin-Plus-Vereinbarung aus 2003, welche als Grundlage für gemeinsames militärisches Handeln zwischen EU und NATO und als Meilenstein beidseitiger Beziehungen gilt, zeigt sehr deutlich die untergeordnete Rolle der EU zur NATO und damit die stark eingeschränkten Möglichkeiten der EU für eine glaubhafte Durchsetzbarkeit der eigenen Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Europa muss erwachsen werden und seiner Verantwortung in der Welt auf Augenhöhe mit der NATO gerecht werden.“

Eike Jan Brandau
Beauftragter für Presse und Öffentlichkeitsarbeit

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