All Stories
Follow
Subscribe to Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors

Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors

Corona-Wiederaufbaugelder erreichen Realwirtschaft langsamer als geplant

Corona-Wiederaufbaugelder erreichen Realwirtschaft langsamer als geplant
  • Photo Info
  • Download

Pressemitteilung

Luxemburg, 2. September 2024

Corona-Wiederaufbaugelder erreichen Realwirtschaft langsamer als geplant

  • Bis Ende 2023 hatten die EU-Länder weniger als ein Drittel der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds in Anspruch genommen.
  • Nur etwa die Hälfte des Geldes aus Brüssel hat die Endempfänger in den EU-Ländern bislang erreicht.
  • Die EU-Prüfer sehen die Gefahr, dass sich die Ausschöpfung der Mittel weiter verlangsamt und Projekte nicht wie geplant abgeschlossen werden können.

Bei der 724 Milliarden Euro schweren sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) der EU ist es in den ersten drei Jahren ihrer Laufzeit zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Gelder und der Durchführung von Projekten gekommen. Dies gefährdet laut einem aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofs die Ziele der ARF, die die EU-Länder bei der Erholung von der Corona-Pandemie unterstützen und sie widerstandsfähiger machen soll. Zwar steige der Anteil der von der Europäischen Kommission ausgezahlten Mittel. Trotzdem seien die EU-Länder möglicherweise nicht in der Lage, die Mittel rechtzeitig auszuschöpfen, um geplante Projekte vor Ende der Laufzeit der ARF im August 2026 abzuschließen und so die erhofften wirtschaftlichen und sozialen Gewinne zu erzielen.

Aus der im Februar 2021 eingerichteten ARF werden Reformen und Investitionen in den EU-Ländern finanziert, die zwischen dem Beginn der Pandemie im Februar 2020 und Ende August 2026 umgesetzt werden. Sie umfasst sechs thematische Schwerpunktbereiche, darunter etwa auch den ökologischen und digitalen Wandel. Die EU-Länder erhalten das Geld abhängig von den Fortschritten, die sie erzielen.

"Es ist äußerst wichtig, dass die Mittel der ARF rechtzeitig in Anspruch genommen werden. Dadurch wird vermieden, dass es gegen Ende der Laufzeit der Fazilität zu Engpässen bei der Umsetzung der Maßnahmen kommt, was wiederum das Risiko ineffizienter und fehlerhafter Ausgaben senkt", so Ivana Maletić, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. "Zur Mitte der Laufzeit der ARF haben die EU-Länder weniger als ein Drittel der geplanten Gelder in Anspruch genommen und weniger als 30 % ihrer vorab festgelegten Etappenziele und Zielwerte erreicht. Wir weisen darauf hin, dass damit Risiken verbunden sind."

Positiv ist nach Ansicht der Prüfer, dass die EU-Länder eine Vorfinanzierung in Höhe von bis zu 13 % des ihnen zustehenden Betrags erhalten konnten. Dies habe zu Beginn eine schnelle Auszahlung von ARF-Mitteln ermöglicht, was ganz im Sinne der beabsichtigten Krisenreaktion gewesen sei. Seitdem seien die Gelder jedoch größtenteils zu langsam abgeflossen, kritisieren die Prüfer. Bis Ende 2023 habe die Kommission nur 213 Milliarden Euro an die nationalen Haushalte überwiesen. Und selbst diese Mittel hätten die Endempfänger – darunter Privatunternehmen, öffentliche Energieunternehmen und Schulen – häufig noch nicht erreicht. Dies treffe auf fast die Hälfte der ARF-Mittel zu, die an jene 15 EU-Länder ausgezahlt wurden, die dazu Informationen verfügbar gemacht haben.

Fast alle Länder hätten ihre Zahlungsanträge mit Verzögerungen bei der Kommission eingereicht. Gründe dafür waren häufig die Inflation oder Versorgungsengpässe, Unsicherheiten bei Umweltvorschriften und unzureichende Verwaltungskapazitäten. Bis Ende 2023 hätten die EU-Länder 70 % ihrer geplanten Anträge eingereicht, wobei die Höhe der beantragten Mittel um 16 % niedriger sei als erwartet. Sieben Länder hätten aus verschiedenen Gründen keine Gelder für die zufriedenstellende Erreichung von Etappenzielen und Zielwerten erhalten. Zwar hätten die Kommission und die EU-Länder – insbesondere 2023 – Maßnahmen ergriffen, um die Mittelausschöpfung zu erleichtern, doch sei es noch zu früh, um eine mögliche positive Wirkung beurteilen zu können.

Es bestehe das Risiko, dass nicht alle geplanten Maßnahmen rechtzeitig abgeschlossen werden. Bis Ende 2023 seien Zahlungsanträge für weniger als 30 % der insgesamt mehr als 6 000 Etappenziele und Zielwerte (die ein Maß für die erzielten Fortschritte sind) eingereicht worden, was bedeute, dass eine erhebliche Zahl an Zielen – und darunter möglicherweise die schwierigsten – noch erreicht werden müsse. Die meisten Länder würden zunächst Reformen durchführen, bevor sie entsprechende Investitionen tätigten. Das Aufschieben von Investitionen dürfte den Prüfern zufolge jedoch zu weiteren Verzögerungen führen und das Abfließen der Gelder weiter verlangsamen.

Auch lasse der Umfang der Auszahlungen nicht unbedingt darauf schließen, wie viele Etappenziele und Zielwerte im Gegenzug erreicht worden seien und welche Bedeutung diese hätten, d. h. es könnten erhebliche Mittel ausgezahlt werden, ohne dass die EU-Länder die entsprechenden Maßnahmen abschließen. Die Prüfer weisen darauf hin, dass in den ARF-Vorschriften keine Möglichkeit vorgesehen ist, Gelder zurückzufordern, falls die Etappenziele und Zielwerte zwar erreicht, die konkreten Projekte aber letztlich nicht abgeschlossen wurden.

Hintergrundinformationen

Bei der ARF handelt es sich um einen neuartigen Finanzierungsmechanismus, der nicht auf den tatsächlich angefallenen Kosten beruht. Die Kommission führt die ARF im Wege der direkten Mittelverwaltung durch und trägt die letzte Verantwortung. Die ARF ist mit Mitteln in Höhe von insgesamt 723,8 Milliarden Euro ausgestattet. Davon werden bis zu 338 Milliarden Euro als Finanzhilfen und bis zu 385,8 Milliarden Euro als Darlehen bereitgestellt. Bis Ende 2023 hatte die Kommission 648 Milliarden Euro für Finanzhilfen und Darlehen an alle 27 EU-Länder gebunden. Die Prüfer des Rechnungshofs definieren Mittelausschöpfung als diejenigen EU-Mittel, die von der Kommission an die EU-Länder in deren Funktion als Begünstigte und Darlehensnehmer ausgezahlt werden. Die Prüfer waren in vier Ländern vor Ort tätig: in Spanien, Italien, der Slowakei und Rumänien.

Der Sonderbericht 13/2024 "Ausschöpfung der Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität: Fortschritte mit Verzögerungen und weiterhin Risiken in Bezug auf den Abschluss der Maßnahmen und somit die Erreichung der Ziele der Fazilität" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar. Der Rechnungshof hat bereits mehrere Berichte über die ARF und das Aufbauinstrument NextGenerationEU veröffentlicht.

Pressekontakt

Pressestelle des Europäischen Rechnungshofs: press@eca.europa.eu

More stories: Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors
More stories: Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors