AGA Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Aktuelle AGA-Studie des Research Komitees: Operative versus konservative Therapie von nichttraumatischen Meniskusverletzungen
OP kann Chancen auf Beschwerdefreiheit bei Meniskusschaden erhöhen
Berlin (ots)
Die Teilentfernung des Innenmeniskus mit dem Erhalt von möglichst viel gesundem Meniskusgewebe war lange Zeit die Methode der Wahl für nichttraumatische Risse. Zahlreiche Patientenstudien zeigen einen klaren klinischen Nutzen der Teilentfernung bei Verletzungen, die nicht durch äußere Einwirkung verursacht wurden. Als Ergebnis dieser Studien und aufgrund der Häufigkeit dieser Art von Verletzung in der Bevölkerung sowie der verbreiteten Anwendung der Kernspintomographie zur Diagnose ist die Teilresektion heute zu einem der häufigsten chirurgischen Eingriffe in der Orthopädie geworden.
Studie gibt Aufschluss über die bestmögliche Therapie
Auf Grundlage früherer, nicht-randomisierter Studien, welche Vorteile der operativen Meniskustherapie zeigten, sind Mediziner der AGA (Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie) der Frage nachgegangen, wie erfolgreich die Operation bei nichttraumatischen Meniskusverletzungen wirklich ist. Mit dem Ziel, den Effekt der arthroskopischen Meniskusresektion bei nicht-traumatischen Läsionen zu untersuchen, erfolgte die systematische Literatur-Recherche nach allen verfügbaren kontrollierten und randomisierten Studien.
"Wir wollten mit diesem Studienvergleich alle validen Daten auswerten, die weltweit für die Behandlung von nichttraumatischen Meniskusverletzungen zur Verfügung stehen, und so ein klareres Bild von der bestmöglichen Therapie für Betroffene bekommen", erläutert Prof. Dr. med. Wolf Petersen, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Martin Luther Krankenhaus Berlin, den wissenschaftlichen Hintergrund der AGA-Studie. "Zudem formulierten wir die Arbeitshypothese, dass es eine Subgruppe von Patienten gibt, die von einer Operation profitieren."
Der Schwerpunkt der im deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Studie (W. Petersen et al.) lag dabei auf klinischen Ergebnissen, Cross-Over-Raten, Studienqualität und Limitationen. Die Studie bezieht sich nur auf die arthroskopische, partielle Entfernung des Innenmeniskus. Andere Meniskuseingriffe, wie die Meniskusnaht, der Meniskusersatz oder Eingriffe am Außenmeniskus, wurden bewusst nicht berücksichtigt.
Das Ergebnis der Studie:
- Bei fünf Studien bestand kein statistisch signifikanter Unterschied in den klinischen Ergebnissen zwischen Patienten nach operativer Therapie und der nicht-chirurgisch behandelten Kontrollgruppe.
- Drei Studien konnten zeigen, dass eine nicht näher definierte Subgruppe, bei der die Physiotherapie nicht den erwarteten Erfolg erzielte, von der sekundären arthroskopi- schen Meniskus-Teilresektion profitieren konnte (21-30%).
- Eine Studie zeigte für die Patienten deutlich weniger Schmerzen 3 bzw. 12 Monate nach der OP in der OP-Gruppe und weniger Symptome in der OP-Gruppe nach 12 Monaten im Vergleich zur Gruppe derer, die nur Krankengymnastik erhalten hatte.
- Eine Subgruppenanalyse für Faktoren, welche einen Effekt auf das Ergebnis nach partieller Meniskektomie haben könnten, erfolgte in vier Studien. Weder das Alter, der Grad der Arthrose noch Blockierungssymptome hatten einen Einfluss auf das klinische Ergebnis.
- Auch bei drittgradiger Arthrose konnten die Symptome durch eine arthroskopische Meniskusteilenfernung verbessert werden.
Langfristig weniger Schmerzen und weniger Symptome im Kniegelenk Co-Autorin Dr. med. Andrea Achtnich (Sportorthopädie der Technischen Universität München) erläutert das Fazit der Studie: "Der Studienvergleich zeigt, dass Betroffene im ersten Schritt auf jeden Fall alle Möglichkeiten der konservativen Therapie ausschöpfen sollten. Betrachtet man nun die Subgruppe von Patienten, welche bei nicht operativer Therapie als Versager betrachtet werden konnten, so erzielte die sekundäre arthroskopische Meniskusteilresektion bei diesem Patientenkollektiv deutlich verbesserte klinische Ergebnisse. Es gibt Hinweise, dass Patienten mit Lappenrissen zu dieser Subgruppe gehören. Jedoch muss dieser Zusammenhang unbedingt weiter wissenschaftlich verfolgt werden. Zukünftige Studien sollten versuchen, diese Subgruppe genauer zu definieren."
Viele Studien verzerren Ergebnisse durch geringe Fallzahlen, zudem wurde die chirurgische Prozessqualität in keiner Studie kontrolliert Ein besonderes Augenmerk verdiente eine analysierte, schwedische Studie, weil hier die Teilnahmerate im Vergleich zu den anderen Studien besonders hoch war. Eine andere Studie (FIDELITY, Finnland, 2013) z.B. konnte nur einen kleinen Prozentsatz (15%) der Patienten, die sich einer OP unterzogen hatten, berücksichtigen, alle anderen jedoch nicht, da sie die strengen Studienkriterien nicht erfüllten. Dies zeigt auch das eigentliche Problem dieser Studien, ergänzt Co-Autor Prof. Dr. med. Christian Lattermann (University of Kentucky, USA). "Eigentlich gibt es zwei Welten: zahlreiche operierte Patienten, von denen aber nur ein geringer Prozentsatz wissenschaftlich betrachtet werden kann. Dennoch sollen die Ergebnisse dieser kleinen Auswahl generelle Aussagen für den medizinischen Alltagsbetrieb geben", kritisiert der Mediziner. Eine strenge Interpretation der Studien offenbart damit eine nur scheinbare Gleichwertigkeit der Behandlungsmethoden.
Kritikwürdig erscheinen auch die Beschreibung der chirurgischen Therapie und die nicht vorhandene Kontrolle der Prozessqualität der Studien, da diese Variablen einen erheblichen Einfluss auf das postoperative Ergebnis haben können.
Langzeiteffekte durch langjährige Einnahme von Schmerzmitteln beachten Ein besonders schwerwiegendes Problem für die Aussagekraft aller Studien sehen die Ärzte der AGA darin, dass der Gebrauch von Schmerzmitteln während keiner der Studien erhoben wurde. "Die Nichterhebung dieser Daten ist nicht zu entschuldigen, denn der Gebrauch von Schmerzmittel kann sämtliche Ergebnisse verändern. Gute Resultate in den Kontrollgruppen können in dem höheren Gebrauch von Schmerzmitteln liegen. Die Langzeiteffekte eines extensiven Schmerzmittel-Gebrauchs sind möglicherweise Magenblutungen oder -geschwüre. Diese Effekte können auch erst nach mehreren Jahren sichtbar werden, da die konservative Behandlung zum langfristigen Gebrauch von Schmerzmitteln führen kann", erklärt Co-Autor Dr. med. Sebastian Kopf (Charité Berlin) die methodologischen Fehler aus Sicht der AGA-Mediziner.
Ein Fazit der AGA-Studie ist daher auch, alle bisher erstellten Studien mit Vorsicht zu betrachten, da mehrere methodische Fehler gemacht wurden und die jeweiligen Studienergebnisse nur eine begrenzte Hilfe für die täglich, individuell vom Arzt zu treffende Entscheidung der bestgeeigneten Therapieform ist.
Über die AGA, Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Die AGA ist die größte europäische Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie mit derzeit mehr als 4.200 Mitgliedern. Die Ziele der AGA sind unter anderem Nachwuchsförderung, Weiterbildung, Standespolitik im Zusammenhang mit der Arthroskopie und Gelenkchirurgie, Sicherung und Kontrolle der Qualität und die Unterstützung und Finanzierung von wissenschaftlichen und klinischen Projekten. Die AGA hat ihren Sitz in der Schweiz.
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Sprecher des Vorstandes
PD Dr. Sepp Braun, Sportorthopädie, TU München
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