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Professionelle Handlungsstrategien für den Umgang mit rechter und rassistischer Gewalt

Professionelle Handlungsstrategien für den Umgang mit rechter und rassistischer Gewalt

Wie können die Erfahrungen von Betroffenen rechtsextremer und rassistischer Gewalt in Beratungsstellen und Bildungseinrichtungen bedarfsgerechter berücksichtigt werden? Welche Handlungsstrategien haben Fachkräfte in diesen Institutionen und wie gelingt es, diese auch strukturell zu erweitern? Wissenschaftler*innen der TH Köln haben in einem Forschungsprojekt Betroffene und Fachkräfte interviewt und Empfehlungen für die Praxis entwickelt.

„Ende Mai jährte sich der Brandanschlag von Solingen zum dreißigsten Mal. Die Wunden sind bei den Betroffenen bis heute nicht geheilt. Die Alltäglichkeit rassistischer und extrem rechter Gewalt verdeutlicht, dass wir uns als postmigrantische Gesellschaft mit rechter und rassistischer Gewalt intensiver auseinandersetzen müssen. Allerdings stehen die Perspektiven der betroffenen Personen zu selten im Fokus“, erklärt eine der beiden Projektleiterinnen, Prof. Dr. Birgit Jagusch, vom Institut für Migration und Diversität der TH Köln.

Diese Forschungslücke adressierte das Projekt „amal – Auswirkungen rechtsextremer und rassistischer Gewalt auf das Alltagsleben von Menschen mit Migrationsgeschichte und BPoC in NRW“ – der Begriff Black People and People of Color (BPoC) ist eine Selbstbezeichnung von Menschen, die rassistisch vulnerabel sind. Das Vorhaben zielte darauf ab, die Formen, Kontexte, Orte und Folgen von körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt sichtbarer zu machen sowie Handlungs- und Bewältigungsmuster von Betroffenen zu analysieren. Zudem sollen die Forschungsergebnisse genutzt werden, um Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung der Bildungs- und Beratungsarbeit zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde im Mai 2023 als zweites Policy Paper des Projekts ein Reflexionspapier für die Praxis veröffentlicht.

Erkenntnisse aus Befragungen

Das Projektteam interviewte zwischen in den Jahren 2021 und 2022 Fachkräfte, die in Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt, Migrant*innen-Organisationen, Schulen und Einrichtungen für Jugendarbeit arbeiten. Ebenfalls wurden Menschen befragt, die von rassistischen und rechten Übergriffen betroffen sind. Einige der wesentlichen Erkenntnisse sind in zwei Policy Papern zusammengefasst, die frei verfügbar sind. Außerdem ist ein empirischer Forschungsbericht geplant, der die Ergebnisse bündelt und veranschaulicht.

„Unsere Analysen zeigen, dass viele Fachkräfte die Bedeutung und Tragweite von rassistischer und extrem rechter Gewalt verinnerlicht haben. Es besteht jedoch noch Bedarf bei der Erarbeitung von Strategien und Konzepten, um das bereits in vielen Einrichtungen vorhandene Bewusstsein in institutionelle Handlungspraxen zu übersetzen und zukunftsfähiger zu sein im Umgang mit Gewalterfahrungen Betroffener“, stellt die zweite Projektleiterin Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad fest und führt aus: „Hier setzen wir mit unseren Ergebnissen an. Wir geben den Fachkräften weitere Impulse, mit denen sie ihre eigenen Handlungs- und Deutungsmuster sowie strukturelle Zusammenhänge und Bedingungen in ihrer Einrichtung weiterentwickeln können.“

Prozesse hinterfragen

Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen sind für die Fachkräfte als Fragen zur Selbstreflexion aufbereitet. So können sie die eigene Organisation beleuchten und herausarbeiten, welche Strukturen und Prozesse sie zu einem sicheren oder unsicheren Ort für Betroffene von rechter und rassistischer Gewalt machen. Die Fragen sollen dazu anregen, im konkreten Praxisfall in den weiteren Austausch und die stetige Anpassung der Beratungsleistungen einzusteigen.

Dabei hatte das Forschungsteam zu berücksichtigen, dass im Kontext von Bildungs- und Beratungsarbeit heterogene Handlungsfelder verortet sind. „Aus diesem Grund sind die Fragen so formuliert, dass sie für den jeweiligen Kontext angepasst werden können. Zum einen hilft es den Betroffenen, wenn Mitarbeitende zu Rassismus und Rechtsextremismus geschult und sensibilisiert sind. Zum anderen profitieren die Einrichtungen auch selbst davon, wenn sie auf diese Weise ihre Strukturen und Arbeitskulturen qualitativ verbessern. Dazu kann es sinnvoll sein, die Antworten in einen Organisationsentwicklungsprozess einzubetten, der extern begleitet wird“, ist Jagusch überzeugt.

Über das Projekt

Das Projekt „amal – Auswirkungen rechtsextremer und rassistischer Gewalt auf das Alltagsleben von Menschen mit Migrationsgeschichte und BPoC in NRW“ wurde von Prof. Dr. Birgit Jagusch und Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad vom Institut für Migration und Diversität der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften an der TH Köln geleitet. Das Forschungsvorhaben ist im Wissenschaftsnetzwerk „Connecting Research on Extremism in North Rhine-Westphalia“ (CORE-NRW) verankert und wurde vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Alle Publikationen sind auf der Website des Projekts frei zugänglich: www.th-koeln.de/amal

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