"Deutschland '68 - (K)ein Jahr wie jedes andere!" am Montag (26.3.) im Ersten - Radio Bremen-/NDR-Dokumentation über das Jahr 1968 in BRD und DDR zwischen Wandel und Kontinuität
Bremen (ots)
1968: demonstrierende Studenten, Polizisten mit Schlagstöcken und Wasserwerfern, Sit-ins an Universitäten und die Gründung von Kommunen. Diese Bilder sind ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Musik wurde aggressiver, die Haare der Männer länger und die Röcke der Frauen kürzer. Eine Rebellion junger Menschen, die weder geplant noch organisiert war. Doch war 1968 wirklich nur so? Neben den bekannten und symbolträchtigen Bildern aus dem Jahr gibt es auch eine andere Wirklichkeit. Die Welt des konservativen Lebens in Deutschland: Die Frau am Herd, der Mann beim Frühschoppen und in den Charts stürmte Kinderstar Heintje an den Beatles und den Rolling Stones vorbei.
Die Dokumentation von Radio Bremen und NDR "Deutschland '68" zeigt am Montag, dem 26. März, um 23:30 Uhr, im Ersten ("Geschichte im Ersten") das deutsche Leben im Jahr 1968 sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR, in der Großstadt und auf dem Land. Der Film von Caroline Pellmann und János Kereszti leuchtet ein Jahr aus, das auch ein halbes Jahrhundert danach als historische Wegmarke für das heutige Deutschland gilt.
23 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich Westdeutschland mitten im Wirtschaftswunder. Die Konjunktur brummte und der Wohlstand wuchs. Doch das wiederaufgebaute Nachkriegsdeutschland sah sich vor neue Herausforderungen gestellt. Studentenproteste und außerparlamentarische Opposition bestimmten die Nachrichten. Barbara Köster hat als Studentin in Frankfurt an vielen Demonstrationen teilgenommen und war Mitglied im Sozialistischen Deutschen Studentenbund. Sie erinnert sich: "Das war eine antiautoritäre Bewegung. Wir waren gegen Autorität jeglicher Art, in der Familie, im Gericht, im Hörsaal, zwischen den Geschlechtern."
Auch Peter Wietzke war damals bei fast jeder Demo und Straßenschlacht dabei. Allerdings auf der anderen Seite. Als junger Polizist hielt er seinen Kopf hin und hatte trotzdem Sympathie für die Rebellen: "Die Musik und sich gegen Autoritäten bemerkbar machen, das entsprach auch so meinem Gefühl." Für die Aggressivität vieler Demonstranten hatte er aber gar kein Verständnis. "Wir haben 1968 fast täglich in Berlin Demonstrationen gehabt. Fast immer gab es verbale Aggressionen, meistens flogen danach Eier und später auch Steine."
Im Osten Deutschlands baute die SED ihre Macht aus. Dabei träumte ein Großteil der DDR-Bevölkerung von politischer Freiheit nach dem Vorbild des "Prager Frühlings". "Wir kannten viele Menschen, die über die DDR meckerten. Aber keiner machte was. Wir wollten was tun", erinnert sich Andreas Pilz. Mit seinem Bruder und zwei Freunden malten sie 1968 in ihrem Heimatort nahe der Tschechischen Grenze Protestplakate gegen die Sprengung der Universitätskirche in Leipzig. Die vier Schüler wurden geschnappt und von der Stasi verhört. Zwei flogen von der Schule.
In Westdeutschland erreichten die Proteste mit den Osterunruhen ihren Höhepunkt. Es gab hunderte Verletzte und sogar zwei Tote. Studentenführer Rudi Dutschke war auf offener Straße niedergeschossen worden. Darauf folgten deutschlandweite Proteste. Studierende, Schüler und Angestellte warfen dem Axel Springer Verlag und seinen Tageszeitungen "Hetze gegen die Studentenbewegung" vor. Heinz Rittermeier, Sohn einer Stahlarbeiter-Familie in Bochum, wundert sich noch heute über die Unwissenheit mancher Studenten: "Die Studenten kamen hier zum Springer-Platz und wollten das Schild 'Springer-Platz' runterreißen. Das fand die Bevölkerung hier völlig daneben, weil dieser Platz nach Karl Springer, einem Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime benannt wurde." Es blieb nicht die einzige Irritation. Studenten und Arbeiter schlossen sich 1968 nur selten erfolgreich zusammen. Der Umbruch 1968 lief ungeplant, emotional und oft widersprüchlich.
Aber die Bewegung hatte eine grundsätzliche Richtung, ist Evelyn Frisinger überzeugt: "Wir waren alle links und wir waren auch engagiert." Sie hatte damals in Bremen eine Mode-Boutique und hat lieber kurze Röcke und durchsichtige Blusen verkauft als auf Demos zu gehen. "Alles war möglich! Es war eine Revolution der Jugend!" Typisch für die 68er, dass Heinz Rittermeier widersprechen muss: "Eine Revolution war es nicht. Es hat die Gesellschaft nicht auf einen Schlag verändert, aber es hat Reformen angestoßen."
Die Radio Bremen-/NDR-Dokumentation wirft einen persönlichen Blick auf Deutschland im Jahr 1968. Jeder hat seine ganz eigene Perspektive auf dieses Jahr und seinen Mythos. Entweder sie haben als Student protestiert, als Polizist Demonstrationen aufgelöst, waren politisch engagierter Azubi im Stahlwerk, haben provokante Mode entworfen, in der DDR gegen das Regime protestiert oder als Kinderstar die Herzen des ganzen Landes erobert. Aus der Summe ihrer Erlebnisse und Ansichten zeigt sich, wie das Leben in Deutschland 1968 war: (K)ein Jahr wie jedes andere!
Eine Bremedia Produktion im Auftrag von Radio Bremen und dem NDR für Das Erste © 2018
Die Dokumentation "Deutschland '68 - (K)ein Jahr wie jedes andere!" (Radio Bremen/NDR) steht akkreditierten Pressevertreterinnen und -vertretern ab sofort im Vorführraum des Pressedienstes Das Erste (https://presse.daserste.de/pages/vorfuehrraum/liste.aspx) zur Ansicht bereit.
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