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Rogert & Ulbrich informiert zum Diesel-Abgasskandal: BGH verhandelt zu umstrittener Daimler-Abschalteinrichtung

Köln (ots)

Die Kölner Anwaltskanzlei Rogert & Ulbrich, Pioniere im Dieselabgasskandal, weisen auf eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof am heutigen Tage hin (BGH VI ZR 128/20). In der Angelegenheit geht es um einen Mercedes-Benz C 220 CDI EU 5 (OM 651), den der von Rogert & Ulbrich vertretene Kläger 2012 zum Preis von 34.958,99 EUR erwarb. Die BGH-Anwälte Scheuch & Lindner vertraten den Kläger vor dem BGH.

Der Kläger ist der Auffassung, dass das Fahrzeug über mehrere illegale Abschalteinrichtungen verfügt, die vorsätzlich und sittenwidrig verbaut worden waren und macht Schadenersatzansprüche aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB geltend. Im Einzelnen ließ der Kläger vortragen, dass das von ihm erworbene Fahrzeug eine temperaturgeführte Abschalteinrichtung aufweise, die dazu führe, dass das Fahrzeug nur im Rahmen vordefinierter Außentemperaturintervalle die gesetzlich vorgeschriebenen NoX-Emissionswerte nach der EU 5 -Norm erreiche. Zum Anderen habe die Beklagte diese Tatsache damit zu vertuschen versucht, das sie das gesetzlich vorgeschriebene On-Board-Diagnosesystem dahingehend manipuliert habe, dass die vorgeschriebene Meldung über die Motorkontrollleuchte bei Überschreitung der zulässigen Abgaswerte unterbleibt. Daraus ergebe sich, dass die Beklagte gewusst habe, dass die temperaturgeführte Abschalteinrichtung rechtswidrig war und sie die prüfenden Behörden und den Kläger täuschen wollte, woraus sich die Sittenwidrigkeit des Verhaltens ergebe. Ferner wies der Kläger schriftsätzlich auf eine weitere Abschalteinrichtung hin, die sogenannte Kühlmittelsolltemperaturregelung. Im Herbst 2018 hatte das Kraftfahrt-Bundesamt ein formelles Anhörungsverfahren wegen des Verdachts einer weiteren Abschaltvorrichtung gegen die Beklagte eingeleitet.

Dabei aktiviert eine Software-Funktion eine spezielle Temperaturregelung ("Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung"), die den Kühlmittelkreislauf künstlich kälter hält und die Aufwärmung des Motoröls verzögert.

Nur dadurch bleiben die Stickoxid-Werte auf dem Prüfstand unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte. Im realen Fahrbetrieb hingegen wird diese Funktion deaktiviert und der gesetzliche Grenzwert von 180 mg/km deutlich überstiegen. Festgestellt wurde die Softwarefunktion bei Emissionsmessungen an einem Mercedes GLK 220 CDI mit dem - hier streitgegenständlichen - OM 651-Dieselmotor und Euro 5-Norm.

Kurz darauf wurde bekannt, dass diese Abschaltvorrichtung nicht nur in OM 651-Motoren der Modellreihe GLK verbaut wurde, sondern darüber hinaus auch in Fahrzeugen der C-, E- und S-Klasse und somit in Dieselmotoren mit der internen Typenbezeichnung OM 642.

Am 21.06.2019 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt auf Grund der detektierten Abschaltvorrichtung ("Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung") einen amtlichen Rückruf für zunächst rund 60.000 Dieselautos der Beklagten. Betroffen sind davon Fahrzeuge des Modells GLK 220 CDI mit Euro 5-Norm und dem von der Beklagten produzierten OM 651-Motor, wie er auch in dem hier streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde.

Am 02.08.2019 machte das Kraftfahrt-Bundesamt den im Juni erlassenen Rückruf in der Online-Rückrufdatenbank öffentlich.

Am 12.06.2020 wurde darüber hinaus öffentlich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt den im Juni 2019 erlassenen Rückrufbescheid um weitere Baureihen ergänzt hat. Davon betroffen sind Fahrzeuge der Modelle A-, B-, C-, E- und S-Klasse mit der Abgasnorm Euro 5, worunter auch das hier streitgegenständliche Fahrzeug des Klägers fällt.

Unmittelbar darauf machte auch die Beklagte auf ihrer unternehmenseigenen Homepage den vom KBA erlassenen Ergänzungsbescheid öffentlich und kündigte an, dass betroffene Kunden schriftlich von der Beklagten informiert würden.

Am 16.07.2020 hat das Kraftfahrt-Bundesamt nun die weiteren angekündigten verbindlichen Rückrufe für Fahrzeuge der Beklagten mit OM651-Dieselmotor und Euro 5-Zulassungsnorm in seiner Online-Datenbank veröffentlicht.

Das Fahrzeug des Klägers wurde am 22.02.2012 hergestellt. Der Kläger geht davon aus, dass sich auch in seinem Fahrzeug die beanstandete Kühlmittelsolltemperaturregelung befindet und hat für diese Tatsache Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Schließlich beinhaltet die Mercedes C-Klasse nach seinen Informationen den gleichen Motor und die gleiche Motorsteuerungssoftware wie der beanstandete Mercedes GLK desselben Baujahrs.

Er verlangt mit seiner 2018 erhobenen Klage die Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer. Das Landgericht Koblenz und das Oberlandesgericht Koblenz hatten die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht Koblenz hatte jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Rückenwind hatte der Kläger durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs erhalten, die eine Abschalteinrichtung wie die beschriebene temperaturgeführte als unzulässig erachtet hatte ( EuGH Rs. C 693/18 vom 17.12.2020).

In der mündlichen Verhandlung wies der VI. Zivilsenat unter Vorsitz des RiBGH Seiters darauf hin, dass er die Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz nicht teile, wonach der Kläger die über das sog. "Thermofenster" hinausgehende Abschalteinrichtung "ins Blaue hinein" vorgetragen habe. Vielmehr habe der Kläger sehr dezidierte Anhaltspunkte für das Vorhandensein und die Funktionsweise der von ihm behaupteten Abschalteinrichtung dargelegt, so dass wohl eine Beweisaufnahme über seine Behauptung erforderlich werde.

Vor diesem Hintergrund erwägt der BGH eine Aufhebung und Zurückverweisung des obergerichtlichen Urteils des OLG Koblenz. Angesichts des öffentlichen Interesses an dem Verfahren überlegt der Senat zudem, eine Pressekonferenz zu dem Verfahren einzuberufen. Der Termin hierfür steht jedoch noch nicht fest.

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Bundesgerichtshof die von ihm selbst aufgestellten Grundlagen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Dieselabgasskandalfällen (BGH Urteil vom 11.05.2021 - VI ZR 80/20) bestätigt, indem er es ausreichen lässt, wenn der Kläger die für ihn im verborgenen liegenden Umständen unter Verwendung sämtlicher ihm zugänglicher Quellen auswertet und in das Verfahren einführt. "Am Beispiel der Kühlmittelsolltemperaturregelung mit Prüfstandserkennung hat er dies nunmehr sehr deutlich gemacht" freut sich Rechtsanwalt Dr. Marco Rogert über diese einschneidende Entwicklung: "In der Praxis verhielt es sich oft so, dass Gerichte erst nach einem amtlichen Rückruf des personell und technisch unverhältnismäßig schlecht ausgestatteten Kraftfahrt-Bundesamts Klagen Erfolg beschieden. Damit wurde de facto der Erfolg einer entsprechenden Klage von der eher willkürlichen Handhabung der Rückrufe durch das Kraftfahrt-Bundesamt abhängig gemacht. Das war aus rechtsstaatlicher Sicht nicht hinnehmbar. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder mit jahrelanger Verzögerung Rückrufe durch das KBA herausgegeben. Faktisch führte das dazu, dass immer erst dann ein Schadenersatzanspruch bejaht wurde, wenn das KBA einen Rückruf herausgegeben hat. Damit scheint jetzt Schluss zu sein. Es muss der Beklagtenseite auferlegt werden, darzulegen, welche Abschalteinrichtungen verbaut wurden, ob sie dem KBA bei Antragstellung offengelegt wurden und wie ihr technisches Erfordernis begründet wurde (ebenso: OLG Düsseldorf, Hinweis- und Auflagenbeschluss in dem VW-Verfahren I-8 U 169/20). Das sind Fakten, die der Geschädigte nicht kennen kann. Der BGH präzisiert die Anforderungen an die Darlegungslast deutlich - zu Gunsten der geschädigten Verbraucher. Die Ungleichbehandlung von manipulierten Fahrzeugen des Daimler-Konzerns zu denen des VW-Konzerns ist zudem ohnehin angesichts der erdrückenden Tatsachenlage (Temperaturgeführte Abschalteinrichtung (sog. Thermofenster), Kühlmittelsolltemperaturregelung und OBD-Manipulation) durch nichts zu rechtfertigen. Insbesondere die Kühlmittelsolltemperaturregelung scheint in den Augen des BGH den Unterschied zu machen. Die erfolgreichen Klagen gegen Daimler werden sich häufen - und das vollkommen zurecht."

Über Rogert & Ulbrich

Die Rechtsanwaltskanzlei Rogert & Ulbrich ist eine renommierte Wirtschaftskanzlei mit besonderer Expertise im Verbraucherschutz. Die Kanzlei beschäftigt rund 20 Rechtsanwälte. Insbesondere als Pionierkanzlei im "Diesel- Abgasskandal" hat sie sich einen Namen gemacht. Die Rechtsanwälte beraten und vertreten bundesweit geschädigte Fahrzeugkäufer - darunter Einzelpersonen, Unternehmen und Kommunen. Sie war bundesweit als erste Kanzlei im Abgasskandal aktiv und ebenfalls als erste mit einer deliktischen Klage gegen die Volkswagen AG erfolgreich.

Im Rahmen der historisch ersten Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. vertraten die Rechtsanwälte Dr. Marco Rogert und Tobias Ulbrich unter dem Dach der R/U/S/S Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erfolgreich die Interessen des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) und der dahinterstehenden bis zu 470.000 Verbraucher gegen die Volkswagen AG. Viele Tausend Urteile wurden bislang gegen Automobilkonzerne erstritten. Die Pioniere im Abgasskandal sind nach wie vor eine führende Adresse in der rechtlichen Aufarbeitung des Diesel-Abgasskandals.

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Nicole Wynbergen
Rechtsanwältin

Rogert & Ulbrich
Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Ottostr. 12
50859 Köln

Telefon: (0049) (0)2234/9370200
E-Mail: wynbergen@ru.law

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