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Die Umgebung im Blick behalten , PI Nr. 38/2024

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Die Umgebung im Blick behalten

Clemens Bechinger vom Fachbereich Physik der Universität Konstanz erhält einen ERC Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro – bereits das zweite Mal, dass der Konstanzer Physiker den renommierten Forschungspreis bekommt.

Die Eigenschaften winziger Objekte, etwa einer Mikromaschine, eines Bakteriums und selbst eines Atoms, werden maßgeblich von deren Umgebung beeinflusst. Die Umgebung selbst wird dagegen häufig als unabhängig vom Objekt betrachtet. Bewegt sich das Objekt, werden die Eigenschaften der Umgebung allerdings verändert und es kommt zu komplexen Rückkopplungseffekten, die auch für Anwendungen interessant sind.

Stellen wir uns beispielsweise einen winzigen Motor vor, der in einer flüssigen Umgebung arbeitet. Durch die Motorbewegung werden die Moleküle der Flüssigkeit durcheinwandergewirbelt und dadurch Energie auf diese übertragen. Dreht der Motor nur langsam, klingen diese Anregungen so schnell ab, dass die Umgebung in ihren Eigenschaften nahezu unverändert und damit im Gleichgewicht bleibt. Mit steigender Drehzahl werden die Anregungen allerdings stärker und führen zu einer langlebigen Veränderung der Flüssigkeit. Wissenschaftler*innen sprechen dann von einem „Nicht-Gleichgewichtsbad“. Da die Bewegung des Mikromotors stark von seiner Umgebung abhängig ist, hat dieser Effekt erhebliche Auswirkungen auf die Effizienz des Motors.

Nicht-Gleichgewichtsbäder sind dabei keinesfalls auf Flüssigkeiten beschränkt, sondern spielen u.a. auch in quanten-mechanischen Umgebungen eine Rolle. Werden zwei Metalloberflächen im Abstand von einem Mikrometer – dem millionstel Teil eines Meters – im Vakuum schnell gegeneinander bewegt, werden dadurch die sogenannten Vakuumfluktuationen verändert. Dieser Effekt führt letztendlich zu einer Reibung zwischen den Oberflächen, obwohl sich diese völlig berührungslos und im luftleeren Raum bewegen.

Brownsche Teilchen im Nicht-Gleichgewichtsbad

In seinem Projekt „Brownian particles in nonequilibrium baths“ (BRONEB) geht es Clemens Bechinger und seinem internationalen Team darum, den Einfluss viskoelastischer und kritischer Nicht-Gleichgewichtsbäder auf mikrometergroße Teilchen zu untersuchen. Das Projekt dient nicht nur der Grundlagenforschung, sondern ist auch für technische Anwendungen relevant – beispielsweise der Optimierung energieeffizienter Transport-Prozesse, dem schnellen Löschen digitaler Informationen oder der Erforschung neuartiger Antriebsmechanismen von Mikromaschinen.

„Wir erwarten, dass viele der von uns beobachteten Effekte universell sind und sich auch auf andere Nicht-Gleichgewichtsbäder übertragen lassen“, so Bechinger. Er ist Professor am Fachbereich Physik und Mitglied des Sonderforschungsbereichs „Fluctuations and Nonlinearities in Classical and Quantum Matter beyond Equilibrium“ (SFB 1432) sowie des Exzellenzclusters „Kollektives Verhalten“ der Universität Konstanz. Zur Umsetzung des BRONEB-Projekts erhielt Bechinger einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) in Höhe von 2,5 Millionen Euro – bereits der zweite ERC Advanced Grant für den Konstanzer Physiker.

Über den ERC Advanced Grant

Der ERC Advanced Grant zählt zu den renommiertesten und höchstdotierten europäischen Forschungspreisen. Er würdigt und unterstützt herausragende und ambitionierte Forschungsprojekte von etablierten Wissenschaftler*innen, die über mindestens zehn Jahre hinweg bedeutende Forschungsleistungen erbracht haben. Die Förderdauer der ERC Advanced Grants beträgt fünf Jahre, die maximale Fördersumme pro Forschungsvorhaben sind 2,5 Millionen Euro.

Faktenübersicht:

  • Clemens Bechinger erhält ERC Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro für das Projekt „Brownian particles in nonequilibrium baths“ (BRONEB)
  • Forschungsziel: Gewinn neuer Erkenntnisse für Systeme, die an ein Nicht-Gleichgewichtsbad gekoppelt sind
  • Clemens Bechinger ist Professor am Fachbereich Physik der Universität Konstanz und Mitglied des Konstanzer Exzellenzclusters „Kollektives Verhalten“ sowie des Sonderforschungsbereichs „Fluctuations and Nonlinearities in Classical and Quantum Matter beyond Equilibrium“ (SFB 1432)
  • Clemens Bechinger erhielt bereits 2016 einen ERC Advanced Grant für das Projekt „Active Suspensions with Controlled Interaction Rules“ (ASCIR)

Hinweis an die Redaktionen:

Ein Foto kann im Folgenden heruntergeladen werden:

Link: https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2024/die_umgebung.jpg

Bildunterschrift: Ein kolloidales Teilchen mit einem Durchmesser von einem Mikrometer wird mit einer Laserpinzette durch ein Nicht-Gleichgewichtsbad bewegt. Je nachdem, wie das Teilchen durch das Bad bewegt wird, ist der Energieaufwand unterschiedlich hoch. Bechinger und sein Team konnten zeigen, dass – unabhängig von der Art des Bades – die optimale Teilchenbewegung immer zeitumkehr-symmetrisch ist. Diese erstaunliche Erkenntnis lässt sich unmittelbar auf die Optimierung einer Vielzahl anderer Prozesse anwenden.

Bild: © Samuel Monter/AG Bechinger

Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
E-Mail:  kum@uni-konstanz.de

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