All Stories
Follow
Subscribe to Universität Konstanz

Universität Konstanz

Sophokles aus südafrikanischer Perspektive , PI Nr. 22/2025

Sophokles aus südafrikanischer Perspektive , PI Nr. 22/2025
  • Photo Info
  • Download

One document

Sophokles aus südafrikanischer Perspektive

Antiker Klassiker völlig neu interpretiert: Das Magnet Theatre (Kapstadt, Südafrika) präsentiert „Oedipus at Colonus: #aftersophocles“ am 7. und 8. März 2025 in der Spiegelhalle des Theater Konstanz. Anschließend diskutieren Theaterschaffende mit Mitgliedern des Graduiertenkollegs „Europa nach dem Eurozentrismus“ der Universität Konstanz über die aktuelle globale Reichweite klassischer Stoffe (nur am 7. März).

Was können uns klassische Dramen heute noch sagen? Wie lassen sie sich aus nicht-europäischer Perspektive neu denken? Dies macht das Magnet Theatre aus Kapstadt erfahrbar, wenn es „Oedipus at Colonus: #aftersophocles“ am 7. und 8. März 2025 jeweils um 19.00 Uhr in der Spiegelhalle des Theater Konstanz aufführt. Wie Sophokles’ Ödipus in Afrika und in Europa neu verhandelt werden kann, darum geht es im Nachgespräch nach der Vorstellung am 7. März 2025 in der Spiegelhalle. Mit südafrikanischen Theaterschaffenden und ihren Konstanzer Kolleg*innen, die ab April Thomas Köcks „forecast: ödipus. living on a damaged planet“ inszenieren, diskutieren Mitglieder des Graduiertenkollegs „Europa nach dem Eurozentrismus“ der Universität Konstanz. Die Rahmenveranstaltungen finden in englischer Sprache mit deutscher Übersetzung statt, die Inszenierung auf Englisch.

Aktuelle Verortung des Tragischen

Klassische Tragödien behandeln das menschliche Schicksal, Konflikte und Leid, weshalb sie bis in die Gegenwart anschlussfähig sind: Sie führen Geschichten vor, die wir in vielfach abgewandelter Form heute noch erzählen oder auch konkret erleben. In ihrer Neuinterpretation von Sophokles‘ spätem Werk „Ödipus auf Kolonos“ interessieren sich das Magnet Theatre und Regisseur Mark Fleishman in mehrerlei Hinsicht für Nachwirkungen – Stichwort #aftersophocles. „Sie beschäftigen sich mit den Nachwirkungen der Tragödie als Genre: Was bringt sie uns eigentlich noch mit? Welchen formalen Rahmen gibt sie uns vor? Aber auch: Wo findet das Tragische heute eigentlich statt, auch außerhalb des Theaters?“, sagt Philipp Lammers, Literaturwissenschaftler und Koordinator des Graduiertenkollegs „Europa nach dem Eurozentrismus“ an der Universität Konstanz.

Die Aufführung wurde im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt von Mark Fleishman entwickelt, das Neuimaginationen der Tragödie in Afrika und dem globalen Süden erforscht, auch durch kreative Theaterarbeit. „Dieser Zugang, der künstlerische Arbeit als Forschung versteht, hat sich als außerordentlich produktiv erwiesen, gerade auch in seiner kollaborativen Form, die eine generationen-, klassen-, geschlechter- und ethnienübergreifende Kommunikation zur Gegenwart und Zukunft des Tragischen eröffnet“, so die Literaturwissenschaftlerin Christina Wald, die seit Jahren mit dem Magnet Theatre kooperiert.

Die südafrikanische Dimension der Inszenierung

Die Inszenierung von „Oedipus at Colonus: #aftersophocles“ erweitert den Blick auf ein größeres „Schauspiel“, auf die Nachwirkungen von Kolonialismus und Apartheid, mit denen sich die junge Generation in Südafrika laut Lammers bis heute intensiv auseinandersetzt. Die Heiligkeit des Landes um Kolonos in Sophokles‘ Original wird im heutigen Stück zentral gestellt und damit auch Fragen nach dem Recht auf Land, nach Vertreibung und Enteignung.

„Das Magnet Theatre sieht Tragödie nicht nur als Kunstform, sondern auch als politischen Diskurs: Politische Aktionen, etwa Proteste, werden mithilfe des Konzepts des Tragischen beleuchtet und umgekehrt wird Tragödie politisch betrachtet“, so Lammers. Beispielsweise verschiebt sich der Fokus von Ödipus, der im Laufe des antiken Stücks zu einer Heldenfigur wird, auf den Chor in der Neuinszenierung. „In seiner zentralen Rolle nimmt der Chor persönliche Schicksale von Menschen in Südafrika in den Blick: Verlust durch Armut, Klimawandel, Gewalt und soziale Ungerechtigkeit“, erklärt der Literaturwissenschaftler.

Die Spannung zwischen dem Nachleben des europäischen kolonialen Erbes einerseits und der gesellschaftlich-politischen Gegenwart im globalen Süden andererseits wird auch im Graduiertenkolleg behandelt. Wie sein Titel „Europa nach dem Eurozentrismus“ andeutet, setzt es sich mit der Situation einer globalen, vernetzten Gegenwart auseinander, in der Europa und sein kulturelles und politisches Erbe nicht mehr eine zentrale Rolle spielen.

Faktenübersicht:

  • Aufführungen des Magnet Theatre (Kapstadt, Südafrika) von „Oedipus at Colonus: #aftersophocles“ am 7. und 8. März 2025 jeweils um 19.00 Uhr in der Spiegelhalle des Theater Konstanz (in englischer Sprache)
  • Nachgespräch „Europäische Klassiker neu denken: Sophokles’ Ödipus in Afrika and Europa“ am 7. März 2025 im Anschluss an die Aufführung in der Spiegelhalle: Theaterschaffende des Magnet Theatre, der Konstanzer Produktion von Thomas Köcks „forecast: ödipus. living on a damaged planet“ und Mitglieder des Graduiertenkollegs „Europa nach dem Eurozentrismus“ der Universität Konstanz diskutieren über Neuimaginationen europäischer Klassiker (in englischer Sprache mit deutscher Übersetzung)
  • Mark Fleishman ist Professor am Zentrum für Theaterwissenschaften der Universität Kapstadt und künstlerischer Direktor des Magnet Theatre. In dem von ihm geleiteten Projekt „Reimagining Tragedy from Africa and the Global South (RETAGS)“ an der Universität Kapstadt ging es darum, die Tragödie aus afrikanischer Perspektive neu zu denken und künstlerisch umzusetzen. Fleishman hat 2021 als Gastwissenschaftler im Rahmen des NOMIS-Forschungsprojekts „Travelling Forms“ an der Universität Konstanz geforscht und kehrt ab April 2025 als Mercator-Fellow zurück.
  • Das Graduiertenkolleg „Europa nach dem Eurozentrismus. Narrative einer Weltprovinz im Umbruch“ an der Universität Konstanz wird seit Herbst 2024 für fünf Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Es fragt nach dem kulturellen Ort und dem globalen Fortleben Europas in einer Welt, in der Europa keine zentrale Rolle mehr spielt.

Hinweis an die Redaktionen:

Ein Foto kann im Folgenden heruntergeladen werden:

LINK

Bildunterschrift: Das Magnet Theatre aus Kapstadt (Südafrika) interpretiert Sophokles völlig neu: „Oedipus at Colonus: #aftersophocles“ am 7. und 8. März 2025 in der Spiegelhalle des Theaters Konstanz

Copyright: © Magnet Theatre’s Oedipus at Colonus: #aftersophocles, photograph by Mark Wessels

Ein weiteres Foto kann im Folgenden heruntergeladen werden:

LINK

Bildunterschrift: In der südafrikanischen Neuinszenierung nimmt der Chor eine zentrale Rolle ein.

Copyright: © Magnet Theatre’s Oedipus at Colonus: #aftersophocles, photograph by Mark Wessels

Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
E-Mail:  kum@uni-konstanz.de

- uni.kn

More stories: Universität Konstanz
More stories: Universität Konstanz