Rollkur und isolierte Boxenhaltung - Weltbekannter "Wunderhengst" Totilas leidet unter dem Sattel
PETA erstattet Strafanzeige und fordert ein Verbot der tierquälerischen Trainingsmethode
Gerlingen (ots)
Er galt viele Jahre als das beste "Dressurpferd" der Welt. Inszeniert als kraftvoller und glücklicher Gewinner, wurde der heute 12-jährige niederländische Warmblut-Hengst zum Zentrum medialer Aufmerksamkeit. Dass zwischen Berichterstattung und der Lebensrealität von Totilas eine große Lücke klafft, zeigen nun Recherchen der Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e.V. Im Jahr 2010 wurde der mehrfache Weltmeister für eine zweistellige Rekord-Millionensumme an den Unternehmer und Springreiter Paul Schockemöhle verkauft. Mittlerweile in eine Besitzergemeinschaft mit der ehemaligen Dressurreiterin Ann Kathrin Linsenhoff übergegangen, wird Totilas seitdem von Linsenhoffs Stiefsohn Matthias Alexander Rath geritten - und seit 2012 mit der "Rollkur" genannten systemischen Überdehnung des Halses trainiert. Aus Dokumenten, die PETA vorliegen, geht hervor, dass Totilas neben seinem Training den Großteil des Tages in der Box verbringen muss. Um mögliche Verletzungen zu vermeiden, werden dem Hengst der Kontakt zu Artgenossen und eine freie, selbstgesteuerte Bewegung verwehrt. Wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz hat PETA nun Strafanzeige gegen die Halter und den Reiter von Totilas erstattet. PETA fordert ein bundesweites Verbot der tierquälerischen Trainingsmethode.
"Das Training mit der sogenannten Rollkur ist schmerzhaft und erniedrigend", sagt Dr. Davina Bruhn, Rechtsanwältin bei PETA. "Zusätzlich lebt Totilas nach unseren Informationen in isolierter Boxenhaltung. Die aus dem Training resultierenden physischen und psychischen Belastungen können so nicht ausgeglichen werden."
Totilas erfüllte kurz nach dem Kauf nicht die Erwartungen der neuen Halter. Um an frühere Erfolge anzuknüpfen, engagierten Schockemöhle und Linsenhoff Anfang 2012 den niederländischen Dressur-Nationaltrainer Sjef Janssen, der für seine Ausbildung mit der tierquälerischen Rollkur bekannt ist. Bei der umstrittenen Trainingsmethode wird der Kopf der Pferde so stark auf die Brust gezogen, dass Haltung, Atmung und Orientierung enorm beeinträchtigt sind. Diese Unterdrückung wird genutzt, um das Pferd unterzuordnen. Die Anwendung der "Rollkur" ist für Pferde äußerst schmerzhaft und kann zu irreparablen körperlichen Schäden führen.
Für Pferde gehört der Kontakt zu Artgenossen zu ihren Grundbedürfnissen. Unter natürlichen Bedingungen leben sie in Gruppen und bewegen sich bis zu 16 Stunden täglich. Bewegungsmangel kann langfristig Verhaltensstörungen und Schäden am Bewegungsapparat verursachen - die Selbstreinigungsmechanismen der Atemwege und der gesamte Stoffwechsel werden durch die dauerhafte Boxenhaltung beeinträchtigt (vgl. Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten des BMELV, Ziffer 2.1.2./ 2009).
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