Verband der Chemischen Industrie (VCI)
Chance auf eine realistische Reform noch möglich
Resolution des Europaparlaments zum Weißbuch Chemikalienpolitik
Frankfurt (ots)
Die am Donnerstag mit knapper Mehrheit verabschiedete Stellungnahme des Europaparlaments zur Reform der Chemikalienpolitik stößt beim Verband der Chemischen Industrie (VCI) auf Enttäuschung. Der VCI erkennt zwar an, dass das Parlament die extremen Vorstellungen des Umweltausschusses in zentralen Punkten korrigiert hat. Dazu gehören zum Beispiel die Ablehnung des Antrags auf Ausdehnung der Registrierpflicht sowie auf Ausweitung des Zulassungsverfahrens. Andererseits enthalte der Beschluss des EU-Parlaments aber auch Forderungen, die weit über die Vorschläge der EU-Kommission und die Position des Rates der Umweltminister hinausgehen und so erhebliche Nachteile für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Industrie bringen können.
Das knappe Abstimmungsergebnis und die geschlossene Ablehnung der Resolution durch die EVP-Fraktion zeigten, so der VCI, wie kontrovers das Thema im Parlament diskutiert wurde. Einen klaren Auftrag des Parlaments an die EU-Kommission könne man aus diesem Beschluss nicht entnehmen. "Wir sind jedenfalls erleichtert, dass das Parlament in einigen wichtigen Punkten unserer Argumentation gefolgt ist und so die Chance auf eine realistische Chemikalienpolitik in Europa gewahrt bleibt", erklärte der Hauptgeschäftsführer des VCI, Dr. Wilfried Sahm. "Die Reform, die auch wir für notwendig halten, wird schon ohne die vorgesehenen Verschärfungen der chemischen Industrie in Europa große Anstrengungen abverlangen." Eine nachhaltige Chemikalienpolitik muss nach Auffassung des VCI sowohl den Umwelt- und Verbraucherschutz verbessern, als auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Branche gegenüber der Konkurrenz in USA und Japan sichern. Diesem Anspruch werde die verabschiedete Stellungnahme des Europaparlaments nicht gerecht.
Der VCI kritisiert darüber hinaus, dass das Parlament die politische Vorstellung der nordischen Länder übernommen hat, ganze Stoffgruppen mit wirtschaftlicher Bedeutung allein auf Grund bestimmter gefährlicher Eigenschaften zu verbieten oder zu ersetzen. Der Nutzen dieser Produkte und ihre tatsächlichen Risiken beim Gebrauch würden dabei nicht berücksichtigt. Außerdem lehnt der VCI die zeitliche Begrenzung von Zulassungen ab, da Investitionen dann nicht mehr hinreichend verlässlich geplant werden könnten.
Zu den positiven Ergebnissen der Abstimmung zählen für den Chemieverband vor allem die folgenden beiden Aspekte: * Dass das EU-Parlament die Einführung eines zusätzlichen Registers für alle Substanzen unterhalb der Produktionsschwelle von einer Tonne pro Jahr abgelehnt hat. Der zur Abstimmung vorgelegte Schörling-Bericht forderte eine Ausdehnung der Registrierpflicht auf alle Stoffe unterhalb der Produktionsmenge von 1 Jahrestonne. Die im Weißbuch vorgesehene Registrierung von mehr als 30.000 Stoffen über einer 1 Jahrestonne sei ohnehin, so der VCI, ein sehr ehrgeiziges Ziel, das Unternehmen und Behörden vor eine enorme, weltweit zudem einmalige Herausforderung stelle.
* Die chemische Industrie begrüßt des Weiteren, dass die im so genannten "Schörling-Bericht" vorgesehene Ausdehnung des Zulassungsverfahrens auf weitere Stoffgruppen vom Parlament abgelehnt wurde. Das im Weißbuch vorgeschlagene Zulassungsverfahren sei ohnehin mit einem extrem hohen bürokratischen Aufwand für Industrie und Behörden verbunden, der vor allem mittelständische Unternehmen vor große Probleme stelle. Es sei zu erwarten, dass ein solches Zulassungsverfahrens zu erheblichen Entscheidungsverzögerungen, hohen Kosten, Flexibilitätsverlusten, Innovations- sowie Wettbewerbsbeeinträchtigungen für die chemische Industrie führt. Die Einbeziehung weiterer Stoffgruppen in das Zulassungsverfahren hätte das gesamte System überladen und unpraktikabel gemacht, weil 30 bis 50 Prozent aller 30.000 Stoffe zulassungspflichtig geworden wären.
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