"Wir sehen überhaupt keinen Ausverkauf"
Chancen für deutsche Unternehmen in China - Interview mit Präsident der IHK Schwaben
Stuttgart (ots)
Findet ein Ausverkauf der deutschen Wirtschaft statt? Wie interessant sind chinesische Investitionen für deutsche Unternehmer? Und welche Chancen bietet der Markteinstieg in China? Dr. Andreas Kopton ist Präsident der IHK Schwaben und selbst Unternehmer im Umweltsektor. Im Herbst letzten Jahres eröffnete die IHK Schwaben ein China Competence Center, um ihren Mitgliedsunternehmen bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten in China Hilfestellung geben zu können. Als Unternehmer bereitet Kopton gerade selbst den Markteinstieg in China vor. Seine Standortwahl fiel auf die Metal Eco City in Jieyang. Im Interview bezieht er klare Positionen.
Die IHK Schwaben betreut 140.000 Unternehmen. Welche Bedeutung hat die Zusammenarbeit mit China in der Wirtschaftsregion?
Dr. Kopton: Für unsere Unternehmen hat China eine sehr große Bedeutung. Wir profitieren in der Region von China. Die schwäbische Wirtschaft zeichnet sich durch eine starke Produktions- und Technologieorientierung aus. Fast 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kommt aus der Produktion. Der Schwerpunkt liegt im Bereich Mechatronik - Maschinen- und Fahrzeugbau. Im Wesentlichen sind es Familienunternehmen, die auf Export getrimmt sind. Da geht der Zug schon seit vielen Jahren in Richtung China. Die Unternehmer haben positive wie negative Erfahrungen gemacht und wir als IHK wollen da Hilfestellung leisten. Deshalb haben wir das China Competence Center gegründet, das von einem Native Speaker, einer Chinesin, geleitet wird. Unternehmer haben in ihr einen Ansprechpartner, der sie nach China begleitet und die kulturellen Unterschiede ausgleichen kann. Inzwischen fließt der Strom jedoch nicht nur von Deutschland nach China, sondern auch von China nach Deutschland. Deutschland ist ein sehr interessantes Land für chinesische Investoren. Hier sehen wir für unsere Region großes Potential. Immer mehr chinesische Unternehmen siedeln sich in Schwaben an.
Die Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Viele sehen darin den Ausverkauf der deutschen Wirtschaft. Wie sollte man Ihres Erachtens chinesische Investitionen betrachten?
Dr. Kopton: Die Medien haben dieses Thema sehr negativ aufgegriffen. Wir bei der IHK - und die Wirtschaftswelt für die ich spreche - sehen überhaupt keinen Ausverkauf der deutschen Wirtschaft. Deutschland kauft weltweit Unternehmen auf. Hätte ein amerikanisches Unternehmen Kuka gekauft, hätte es gar keinen Aufschrei gegeben. Aber bei den Chinesen schreien alle auf.
Die Chinesen haben eine hohe Wertschätzung, die sich in Geld ausdrückt. Wenn die Angst vor dem Ausverkauf deutscher Technologien so groß ist, hätte ja jemand mitbieten können. Doch keines der großen deutschen Unternehmen hat Interesse gezeigt. Kuka hat die Übernahme gutgetan - wir hören überhaupt nichts Negatives. Das Unternehmen wächst und die Arbeitsplätze sind über Jahre gesichert.
Eine aktuelle Studie der EU Handelskammer sieht in der chinesischen Strategie "Made in China 2025" eine Einkaufsliste für Technologien, die China selbst nicht entwickeln kann. Haben deutsche Unternehmer in ein paar Jahren das Nachsehen?
Dr. Kopton: Diese Weltuntergangsstimmung kann ich als Optimist nicht teilen. Warum sollten wir untergehen? Die deutschen Unternehmer sind durchaus in der Lage, sich industriell sehr gut aufzustellen - wir haben es im Blut, Spitzenklasse zu sein. Wir behaupten uns seit Jahrzehnten in Europa auf einem sehr hohen Niveau - auch als andere Länder zu Dienstleistungen übergegangen sind, sind wir industriell geblieben. Wir sind die Lokomotive in Europa. Um das Nachsehen zu haben, müsste schon allen deutschen Unternehmern gleichzeitig die Phantasie ausgehen.
Ihre Unternehmer haben in China positive wie negative Erfahrungen gesammelt. Was sind erfahrungsgemäß die häufigsten Fehler, die deutsche Unternehmer beim Eintritt in den chinesischen Markt machen können?
Dr. Kopton: Es kommt immer wieder vor, dass Unternehmer ihr Produkt überschätzen, die Notwendigkeit interessant zu sein. Sie scheitern dann aber auch auf allen anderen Märkten. Ein Aspekt sind sicherlich auch die kulturellen Unterschiede. Doch wer in Europa die Expansion geschafft hat, weiß, dass es schon fundamentale Unterschiede zwischen Deutschen und Italienern oder Franzosen gibt. Die gleichen kulturellen Unterschiede gibt es natürlich mit Sicht auf China. Deshalb ist es so wichtig, immer einen Native Speaker an der Seite zu haben, der diese Unterschiede ausgleichen kann.
Sie sind selbst Unternehmer und in der Umweltbranche aktiv. Mit Ihrem Unternehmen HPC AG planen Sie den Markteinstieg im südchinesischen Jieyang - in der Metal Eco City. Warum haben Sie sich für den Standort Jieyang entschieden?
Dr. Kopton: Die Metal Eco City und das Konzept der Zhongde Metal Group haben mich überzeugt. Für den Unternehmer steht immer ein deutsch-chinesisches Team als Ansprechpartner zur Verfügung - in Deutschland und auch in China. Der Unternehmer wird immer auch von Native Speakers bei seinem Vorhaben begleitet. Missverständnisse können dadurch vermieden und kulturelle Unterschiede ausgeglichen werden. Vor Ort in Jieyang gibt es ein kompetentes Netzwerk an Kooperationspartnern. Sie kennen den Markt und die Mentalität vor Ort. Nur so kann meines Erachtens der Einstieg in den chinesischen Markt zum Erfolg führen. Für mich als Unternehmer der Umweltbranche eröffnet sich in China aktuell ein riesiger Markt. China hat die Umweltprobleme erkannt und verfügt über eine finanzstarke Community. Wir in Deutschland haben die Erfahrung und das Know-how.
Herr Dr. Kopton, vielen Dank für das Gespräch.
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