Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC)
BGH bestätigt Haftstrafe und Berufsverbot nach Todesfällen: „Der Gesetzgeber muss Patient:innen bei ästhetischen Eingriffen endlich schützen!“
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Berlin, 23.01.2023 – Dies fordert Prof. Dr. Henrik Menke, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC), nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf weitgehend bestätigte: Der angeklagte Düsseldorfer Internist ist damit zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Außerdem wurde ihm verboten, für vier Jahre chirurgische Eingriffe vorzunehmen oder bei diesen zu assistieren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich dieser 2018 der Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen schuldig gemacht hat. Er hatte bei zwei Patientinnen im Rahmen einer Gesäßvergrößerung, umgangssprachlich Brazilian Butt Lift (BBL), Liposuktionen und Lipotransfers durchgeführt, bei denen große Mengen an Fett abgesaugt und in Brust und Gesäß wieder eingebracht wurden. Dies führte aufgrund von hohem Blutverlust zu Kreislaufversagen, außerdem gelangte bei der Einspritzung Fett in den Blutkreislauf und damit letztendlich in die Lunge, wo es eine Embolie verursachte. „Mit diesem Urteil werden Patient:innen nicht dauerhaft vor diesem Operateur geschützt, zugleich zeigt sich hier erneut dringender Handlungsbedarf für den Gesetzgeber, um Patient:innen nachhaltig zu schützen,“ konstatiert Menke.
Richtige Entscheidung, aber …
Die Urteilsbegründung des BHG offenbart, dass für das Gericht lediglich die unzulängliche Aufklärung der Patientinnen über die Risiken und Alternativen des Eingriffs entscheidend war – nicht aber die Qualifikation des Behandlers. Folge man der Argumentation des BGH, so wären die Todesfälle für den Internisten bei korrekter Aufklärung möglicherweise ohne Konsequenzen geblieben, empört sich Menke.
Dem Gericht, so Menke, könne man hier kaum einen Vorwurf machen, da die aktuelle Rechtslage in Deutschland mit zweierlei Maß messe. „Eigentlich schreibt die Berufsordnung vor, dass Ärzte nur solche Eingriffe durchführen dürfen, die sie in ihrer Weiterbildung erlernt haben“, erläutert der Plastische und Ästhetische Chirurg. So sei in der kurativen Versorgung seitens der gesetzlichen Krankenkassen der Facharztstandard auch zwingend notwendig. Dieser Grundsatz sei allerdings durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 2011 im Grunde aufgehoben worden, wenn es um Selbstzahler gehe. So hatte das BVerfG geurteilt, dass approbierte Ärzte im Rahmen ihrer Berufsfreiheit Privatpatienten auch außerhalb ihres Fachgebiets behandeln dürfen. „Diese Entscheidung hat seitdem unqualifizierten Behandlern Tür und Tor geöffnet und den Patientenschutz im Bereich der wunscherfüllenden Medizin effektiv ausgehebelt“, ärgert sich Menke. Gerade bei der stetig wachsenden Popularität ästhetischer Eingriffe sei hier eine Verschärfung der Gesetzeslage, wie sie die DGPRÄC seit Jahren fordere, überfällig. Der vorliegende Fall lege damit ein Versagen des Staates beim Schutz seiner Bürger:innen offen: Rein rechtlich dürfe der Internist die äußerst anspruchsvollen Eingriffe nach dem Ende seines temporären Berufsverbots zweifelsohne wieder an Patient:innen durchführen, dies sei fatal.
„In Reaktion auf die Todesfälle haben wir als Fachgesellschaft gemeinsam mit anderen Verbänden unter der Ägide der Ärztekammer Nordrhein ‚Anforderungen für die Durchführung von schönheitschirurgischen Wunschbehandlungen für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte‘ konsentiert, die dann vom Kammervorstand beschlossen wurden“, berichtet Menke. Damit sei ein Rahmen formuliert worden, der bereits innerärztlich konsentiert sei und als Grundlage für die weitere politische Diskussion dienen könne. Fest stehe, so Menke, dass der Gesetzgeber endlich reagieren müsse, um Schaden von Patient:innen und der Gesellschaft abzuwenden, dies sei von besonderer Bedeutung, da ästhetische Eingriffe sich weiter normalisierten und jüngere Menschen nicht zuletzt durch die Sozialen Medien immer niedrigschwelliger angesprochen würden.
Dies sei, so Menke, eine Entwicklung, die sich wohl kaum umkehren lasse, umso wichtiger sei es, dass Patient:innen von adäquat ausgebildeten Fachärzten behandelt würden. Dies im Übrigen auch bei minimalinvasiven Eingriffen, wie Faltenunterspritzungen. „Auch hier sind schwerwiegende Komplikationen, wie etwa Erblindungen möglich. Es ist daher unabdingbar, dass anatomische Kenntnisse und manuelles Geschick vorhanden sind. Mit Plastischen und Ästhetischen Chirurg:innen sind Patient:innen hier auf der sicheren Seite. Diese haben in ihrer sechsjährigen Weiterbildung gelernt, Form und Funktion von Kopf bis Fuß wiederherzustellen und wissen bei Komplikationen, was zu tun ist,“ so der Chefarzt und empfiehlt zur Orientierung die unter www.plastische-chirurgie.de abrufbare Arztsuche und einen Blick in die ebenfalls hinterlegten Tipps zur Arztsuche.
Weiterführende Informationen:
Anforderungen für die Durchführung von schönheitschirurgischen Wunschbehandlungen für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte, Beschluss des Vorstandes vom 05.08.2020: https://www.aekno.de/wissenswertes/dokumentenarchiv/aerztekammer-nordrhein/anforderungen-fuer-die-durchfuehrung-von-schoenheitschirurgischen-wunschbehandlungen
Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie e. V. Langenbeck-Virchow-Haus Luisenstraße 58-59, 10117 Berlin Fon: 030 / 28 00 44 50 Fax: 030 / 28 00 44 59 www.dgpraec.de info@dgpraec.de