20. Verleihung der German Jewish History Awards
Berlin (ots)
Am Montag, dem 27. Januar 2020, findet um 18.00 Uhr die feierliche Preisverleihung der German Jewish History Awards, die von der Obermayer-Stiftung aus den USA ausgelobt werden, statt. Die Preise werden zum zwanzigsten Mal vergeben. Daher wurden auch drei Jubiläums-Auszeichnungen vergeben. Ort des festlichen Anlasses ist der Plenarsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin. Die Preisverleihung ist Teil der Berliner Parlamentsveranstaltungen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar. Mit den German Jewish History Awards der Obermayer-Stiftung werden deutsche Bürgerinnen und Bürger für ihr Engagement zur Bewahrung jüdischer Geschichte und ihren Beitrag zum jüdisch-deutschen Austausch in der Gegenwart geehrt.
Die Preisträger sind in diesem Jahr:
· Karl-Heinz Nieren (Nordrhein-Westfalen) · Roland Müller (Sachsen) · Norbert Giovannini (Baden-Württemberg)
Die Jubiläums-Auszeichnungen gehen an ein Fanprojekt der Sportjugend Berlin und Hertha BSC, an das Netzwerk für Demokratische Kultur aus Sachsen und an das Hamburger Geschichtsprojekt "Geschichtomat"
Zwei zusätzliche Auszeichnungen für herausragende Leistungen gehen in diesem Jahr an:
· Sabeth Schmidthals (Berlin) und · Michael Batz (Hamburg)
Die Preisverleihung ist presseöffentlich. Anmeldungen bitte unter pressereferat@parlament-berlin.de.
Zusätzlicher Hinweis für Medienvertreterinnen und Medienvertreter:
Am Montag, dem 27. Januar 2020, findet um 10.30 Uhr im Raum 190 des Abgeordnetenhauses ein Pressefrühstück mit den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern statt. Um Anmeldung unter pressereferat@parlament-berlin.de wird bis zum 24. Januar 2020 gebeten.
Hintergrundinformationen zu den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern German Jewish History Awards 2020
· Karl-Heinz Nieren (Nordrhein-Westfalen)
Im Jahr 1976 begann Karl-Heinz Nieren in seiner nordrheinwestfälischen Heimatstadt Geilenkirchen, Besuche auf dem jüdischen Friedhof für seine Schulklassen zu organisieren. Die Schülerinnen und Schüler waren schockiert, als sie erfuhren, dass ihre Stadt früher ein Zentrum jüdischer Kultur gewesen war, das von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Seit dieser Zeit engagiert Nieren sich dafür, diesen Teil der Geschichte wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rufen. Er hat zwei akribisch recherchierte Publikationen zur jüdischen Bevölkerung Geilenkirchens herausgebracht und mit seinen Recherchen die Grundlage für die Verlegung von fast 100 Stolpersteinen geschaffen. Nieren ist Mitgründer der Initiative Erinnern Geilenkirchen, die sich für religiöse und kulturelle Toleranz und gegen Diskriminierung engagiert, und betätigt sich häufig als Gästeführer für ehemalige jüdische Bürger Geilenkirchens und ihre Nachfahren.
· Roland Müller (Sachsen)
Das Interesse an jüdischer Geschichte und Kultur wurde bei Roland Müller, geboren im südbrandenburgischen Elsterwerda, im Alter von 12 Jahren geweckt, nachdem er eine Brieffreundschaft mit einem jüdischen Mädchen in Warschau begonnen hatte. Zu seinem Hauptthema entwickelte sich die Geschichte der Stadt Breslau (heute das polnische Wroclaw). In seinen zahlreichen Artikeln und Büchern liegt der Fokus stets darauf, herauszuarbeiten, welch wichtige Rolle die jüdische Bevölkerung für das gesellschaftliche Gefüge der Stadt gespielt hatte - und dass Vielfalt und Toleranz die Welt für alle Menschen lebenswerter machen.
· Norbert Giovannini (Baden-Württemberg)
In den vier Büchern und zahlreichen Artikeln, die Norbert Giovannini im Laufe seiner 30-jährigen Tätigkeit geschrieben hat, widmet er sich unermüdlich der Erforschung, Rekonstruktion und öffentlichen Vermittlung der jüdischen Vergangenheit Heidelberg. Er hat die Geschichte des jüdischen Lebens in der Stadt dokumentiert und von 1996 bis 2016 Besuche von ehemaligen jüdischen Bürgern und ihren Nachfahren mit gestaltet. Darüber hinaus hat er Ausstellungen im Heidelberger Rathaus organisiert und an der Erstellung von Gedenktafeln am Standort der alten Synagoge mitgewirkt, auf denen die Namen Hunderter Heidelberger Juden eingraviert sind, die in Konzentrations- und Todeslager deportiert wurden. Sein neuestes Buch Stille Helfer, das im August erschienen ist, handelt von den vielen Heidelberger Bürgern, die jüdischen Mitbürgern während der NS-Zeit aktiv und nachhaltig geholfen haben.
Jubiläums-Auszeichnungen
· Fanprojekt der Sportjugend Berlin und Hertha BSC (Berlin)
Aus der eigenen Geschichte lernen ist eine Veranstaltungsreihe, bei der sich Fans des Fußballvereins Hertha BSC mit einem unbequemen Aspekt des Mannschaftssports auseinandersetzen: Vorurteile und Antisemitismus gestern und heute. Gemeinsame Träger sind das Fanprojekt der Sportjugend Berlin und Hertha BSC. Die beteiligten Hertha-Fans haben unter anderem zur Geschichte und Rolle von Hertha BSC während der NS-Diktatur und zu den Lebenswegen und Schicksalen vergessener jüdischer Vereinsmitglieder recherchiert, die Biographie eines Mannschaftsarztes geschrieben, der in Auschwitz ermordet wurde, und eine Ausstellung im Berliner Stadtmuseum mit gestaltet. Außerdem setzen sie sich aktiv für ein klares Bekenntnis aller Hertha-BSC-Fans gegen Antisemitismus, Diskriminierung und Intoleranz ein.
· Netzwerk für Demokratische Kultur (NDK) (Sachsen)
Das 1999 in der ostdeutschen Stadt Wurzen gegründete Netzwerk für Demokratische Kultur engagiert sich für Demokratie und Akzeptanz, um anhaltender neonazistischer Gewalt etwas entgegenzusetzen. Das Angebot reicht von der Unterstützung lokaler Projekte zur Demokratieförderung über Initiativen für Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund, Vermittlung von geschichtlichem Wissen zur Verfolgung der Juden in der NS-Zeit und Schulprojekten bis hin zu öffentlichen Veranstaltungen, bei denen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Hintergründe zusammenkommen. Mit seinen zehn Mitarbeitenden sowie Dutzenden Freiwilligen führt das NDK jedes Jahr 40 bis 50 Projekte und Veranstaltungen durch, bei denen es 5.000 bis 6.000 Menschen aller Alters- und Bevölkerungsgruppen erreicht.
· Geschichtomat (Hamburg)
Der Geschichtomat ist ein Geschichtsprojekt in Hamburg, das Teenagern im Rahmen intensiver Projektwochen jüdische Geschichte und Kultur vermittelt. Dabei erkunden die Schülerinnen und Schüler ihre Nachbarschaft, um sich mit historischen Persönlichkeiten, Orten und Ereignissen vertraut zu machen. Mit fachlicher und medienpädagogischer Begleitung recherchieren sie, führen Interviews mit Experten und Zeitzeugen, besuchen Museen und Archive, drehen und schneiden ihre eigenen Filme und schreiben begleitende Texte. Ziel ist es, den Jugendlichen ein Verständnis von jüdischem Leben und jüdischer Kultur zu vermitteln, das über Holocaust und Verfolgung hinausgeht. Die fertigen Beiträge werden auf die Website geschichtomat.de hochgeladen. Seit 2013 haben mehr als 800 Schülerinnen teilgenommen, und es wurden 200 Videos produziert.
Zusätzliche Auszeichnungen
· Sabeth Schmidthals (Berlin)
Sabeth Schmidthals engagiert sich mit kreativen Lehrmethoden und viel Sensibilität und Empathie, um ihre Schülerinnen und Schüler für Hass und Antisemitismus zu sensibilisieren und sie dagegen aktiv werden zu lassen. Die Jugendlichen an der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin haben überwiegend einen Migrationshintergrund und stammen häufig aus muslimischen Familien. Sie ist davon überzeugt, dass man Jugendlichen und ihren persönlichen Konflikten mit Empathie begegnen muss, bevor sie selbst ein Gefühl für das Leid anderer entwickeln können, und ermutigt sie, die Migrationsgeschichten ihrer Familien zu erzählen. Ihre Lernprojekte sind partizipativ und interaktiv. Schmidthals ist mit ihren Schülerinnen und Schülern schon nach Israel und zu Gedenkstätten in Polen, Frankreich und Spanien gereist. Dafür leistet sie nicht nur Überzeugungsarbeit in den Familien und stellt sich dem Kampf mit der deutschen Bürokratie, sondern bemüht sich auch um eine über die Schule hinausreichende Vernetzung mit anderen Organisationen und Institutionen.
· Michael Batz (Hamburg)
Ein Gespür für Geschichte(n) gepaart mit akribischem Forschungsdrang: Mit dieser Kombination hat der gefeierte Dramaturg und Künstler Michael Batz inzwischen mehr als 20 Dokumentarstücke zu Facetten der NS-Vergangenheit seiner Heimatstadt Hamburg entwickelt. In seinen Produktionen lässt er historische Personen mit ihren eigenen Worten aus Originalprotokollen auftreten. Themen sind beispielsweise die Versteigerung jüdischen Eigentums in Hamburg, die Ermordung von Kindern auf Hamburger Krankenstationen oder der Einsatz von Frauen aus Auschwitz als Zwangsarbeiterinnen in der Stadt. Die stets gut besuchten Aufführungen finden alljährlich anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 27. Januar statt. Sondervorstellungen für Schulklassen ziehen regelmäßig um die 800 junge Menschen an.
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