EnBW Energie Baden-Württemberg AG
Bundesumweltminister Jürgen Trittin und Landesumweltminister Ulrich Müller besichtigen Geothermische Anlage in Bad Urach
Bad Urach (ots)
- Nutzung von Erdwärme künftig fast überall in Deutschland möglich - Geothermische Strom- und Wärmeversorgung soll 2005 erfolgen
Gemeinsame Pressemitteilung
Mit Beginn der zweiten Tiefenbohrung geht das Projekt zur Erschließung von Erdwärme nach dem Hot-Dry-Rock(HDR)-Verfahren in Bad Urach bei Stuttgart in die Endphase. In dem deutschlandweit führenden Projekt, über das sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin und Landesumweltminister Ulrich Müller heute vor Ort informieren, wurde das HDR-Verfahren weiterentwickelt. Die Uracher Erkenntnisse können Risiko und Kosten der Erschließung von Erdwärme deutlich senken und ermöglichen, geothermischen Strom fast überall in Deutschland zu nutzen. Die Stadtwerke Bad Urach mit den Industriepartnern EnBW Energie Baden-Württemberg AG und REpower Systems AG leisten damit einen wesentlichen Beitrag in der Erprobung neuer Technologien zur nachhaltigen Energieversorgung. Ab 2005 können rund 2000 Haushalte in Bad Urach mit Strom sowie Kureinrichtungen und Gewerbe der nahen Umgebung mit Wärme versorgt werden. Das Projekt wird maßgeblich mit Mitteln aus dem Zukunfts-Investitions-Programm (ZIP) der Bundesregierung gefördert.
Bad Urach als Vorreiter
Im Untergrund der Kurstadt am Rand der Schwäbischen Alb liegt in 3500-4400 Meter Tiefe bei Temperaturen von über 170 Grad ein gewaltiger Energieschatz verborgen. Seit Mitte der 1970er Jahre arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure in Bad Urach daran, die Erdwärmevorräte zu erkunden und die Fördertechnik zu verbessern, um dieses gewaltige Energiepotenzial verfügbar zu machen. "Unsere Stadt will in der Erschließung von umweltfreundlicher Energie mit gutem Vorbild vorangehen", betont Bürgermeister Markus Hase. "Unser Pioniergeist, unsere Beharrlichkeit und Ausdauer haben wesentlich zum jetzigen Durchbruch im HDR-Verfahren und damit der geothermischen Stromerzeugung beigetragen", so Hase weiter. Die generelle Machbarkeit des HDR-Verfahrens wurde im europäischen HDR-Projekt in Soultz sous Forêts im Oberrheingraben 1997 nachgewiesen. Die Stadtwerke Bad Urach sind seit Mitte der 1980er Jahre als Teil der deutschen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen in Soultz beteiligt.
Langfristiges Potenzial der Erdwärmenutzung
Erst jüngst bestätigte der aktuelle Sachstandsbericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, dass die Erdwärme in Deutschland bei einer nachhaltigen Nutzung ein jährliches Potenzial von 300 Milliarden Kilowattstunden hat. Dies macht mehr als 50 Prozent der gegenwärtigen Stromerzeugung Deutschlands aus. "Die Fortschritte aus Bad Urach machen die HDR-Technologie zu einem aussichtsreichen Verfahren für umweltgerechten Strom aus Erdwärme und erschließen ihm ein riesiges Potenzial", freut sich Prof. Dr.-Ing. Thomas Hartkopf, Technikvorstand der EnBW. Die bislang relativ unbekannte Geothermie ist eine grundlasttaugliche erneuerbare Energiequelle und wurde bisher unterschätzt. Im Interesse einer nachhaltigen und klimaschonenden Energiebereitstellung setzt EnBW als großes deutsches Energieunternehmen daher auf die Möglichkeiten der Geothermie: Nach erfolgreicher Erschließung des Reservoirs ist beabsichtigt, ein Pilotkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von ca. 1 Megawatt zu errichten.
Für REpower Systems, zweitgrößter deutscher Produzent von Windenergieanlagen, stellt die Geothermie neben der Windkraft ein zweites Standbein dar. Vorstand Prof. Fritz Vahrenholt: "In der Windkraft sind wir spitze - und die Erdwärme würde unser Angebot hervorragend ergänzen, weil sie uns unabhängig vom Wetter ständig mit Strom versorgen kann."
Funktionsweise des HDR-Systems
Das HDR-System funktioniert nach einem einfachen Prinzip. Es besteht aus zwei Tiefenbohrungen und einem unterirdischen Wärmetauscher. In ein Bohrloch wird kaltes Wasser eingeleitet, das in der Tiefe ein System von Gesteinsrissen durchläuft. Dort erwärmt es sich und wird als heißes Wasser über das zweite Bohrloch wieder an die Oberfläche gefördert. Hier gibt es seine Energie an ein kompaktes Kraftwerk ab und wird wieder in die Erde geleitet.
Verbessertes Verfahren zur Ortung des geothermischen Reservoirs
In der Schaffung des Riss-Systems besteht das besondere Uracher Know-how: Natürlich im Gestein vorhandene Risse werden mit Wasser unter hohem Druck (hydraulische Stimulation) aufgeweitet. Diese Risse dienen später als Wärmetauscherflächen. Erstmals konnte die Ausbreitung und die Lage des geothermischen Reservoirs zeitgleich zu seiner Entstehung sichtbar gemacht werden. Hiermit kann der Zielpunkt der zweiten Bohrung mit Blick auf höchste Ergiebigkeit des Reservoirs gewählt werden. Risiko und Kosten der HDR-Technologie können dadurch spürbar sinken.
Die Stadtwerke Bad Urach leiten und koordinieren das HDR-Projekt in Zusammenarbeit mit Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Eine besondere Herausforderung stellt das Vorhaben aufgrund der geologischen Beschaffenheit des kristallinen Tiefengesteins dar: Mit auf den harten Gneis und das natürliche Kluftsystem angepassten Arbeitsweisen wird das Verfahren zur Umsetzung der HDR-Technologie optimiert. Alternativ zu HDR kamen andernorts bisher hydrothermale Verfahren zum Einsatz. Diese sind auf wasserführende Schichten angewiesen, die hierzulande nur regional begrenzt anzutreffen sind. Weltweit werden allerdings Heißdampflagerstätten in vulkanischen Regionen schon seit 100 Jahren zur Stromproduktion mit derzeit über 10.000 MW genutzt.
Förderung durch die Bundesregierung
Die Bundesregierung fördert vor dem Hintergrund des Klimaschutzes die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien durch gesicherte Vergütung des eingespeisten Stromes (Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)). Auch geothermischer Strom erhält diese Förderung, der mit geplanten 15 Cent je Kilowattstunde für kleinere Anlagen in etwa den heutigen Kosten für geothermischen Strom entspricht. Gleichwohl spricht der Sachstandsbericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag noch von großen Kostensenkungspotenzialen in den Bereichen der hydraulischen Stimulation wie auch in der Kraftwerkstechnik.
Vorteile der Erdwärme
Sie ist ständig verfügbar und nicht von der Tageszeit und vom Wetter abhängig. Erdwärme ist nahezu überall vorhanden und nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich. Die Nutzung von Erdwärme ist äußerst umweltfreundlich, da keine Verbrennung stattfindet und so kein CO2 freigesetzt wird. Erdwärmekraftwerke haben nur einen geringen Flächenbedarf.
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