Welttag für menschenwürdige Arbeit: Nachhaltigkeitssiegel feiern Nachfragerekorde
SÜDWIND-Kritik: Existenzsichernde Einkommen für Baumwollbäuer*innen in weiter Ferne und Pestizideinsatz verbreitet
Bonn (ots)
Mit Cotton made in Africa (CmiA), Fairtrade, der Better Cotton Initiative (BCI) oder Bio-Baumwolle gibt es zahlreiche Ansätze für mehr Nachhaltigkeit im Baumwollanbau. Das Bonner SÜDWIND-Institut sieht die Nachhaltigkeitsbemühungen der Branche jedoch kritisch: "Es muss deutlich mehr passieren, um existenzsichernde Einkommen für Kleinbäuer*innen zu erreichen und bis zum Jahr 2030 den Einsatz gefährlicher Pestizide um 50 % zu reduzieren", so Dr. Sabine Ferenschild.
Armut trotz großer Nachfrage
Obwohl eine stets wachsende Zahl an Baumwollbäuer*innen ihre Baumwolle im Rahmen von Nachhaltigkeitsstandards wie CmiA, Fairtrade oder BCI anbaut, verharren viele von ihnen in Armut. Dabei gehören existenzsichernde Einkommen und eine gesunde Umwelt zum Kernbegriff von Nachhaltigkeit. Blickt man nach Afrika, dann sieht man, dass von den knapp 1,5 Millionen Tonnen Baumwolle, die die Staaten 2020/21 produzierten, knapp die Hälfte (46 %) inzwischen CmiA-zertifiziert sowie jeweils knapp 2 Prozent BCI- bzw. bio-zertifiziert waren. Das sieht auf den ersten Blick nach einer guten Entwicklung aus.
"Dennoch lebt ein großer Teil der Kleinbäuer*innen, die Baumwolle anbauen, weit unterhalb eines existenzsichernden Einkommens", so Ferenschild. "Eine neunköpfige Familie aus dem Norden Kameruns beispielsweise, die CmiA-Baumwolle anbaut, kommt auf nur ein Drittel des Einkommens, das für diese Region als existenzsichernd berechnet wurde."
Deutliche Nachbesserungen notwendig
Angesichts der nach außen verkündeten Branchenbemühungen um mehr Nachhaltigkeit im Baumwollanbau, die u.a. vom Bündnis für nachhaltige Textilien und vom staatlichen Textilsiegel Grüner Knopf unternommen werden, ist diese Situation nicht tragbar. SÜDWIND fordert daher, dass alle relevanten Akteur*innen - die Nachhaltigkeitsstandards, die lizenzierten Unternehmen (wie zum Beispiel Aldi, Ernsting's family, Otto oder REWE), das Textilbündnis sowie der Grüne Knopf - Anstrengungen zu deutlichen Verbesserungen unternehmen.
"Eine wichtige Maßnahme wäre zum Beispiel die Erhöhung der Gebühren, die von Cotton made in Africa oder der Better Cotton Initiative erhoben werden", so Roger Peltzer, Experte für Baumwollanbau in Afrika: "Mit höheren Einnahmen könnten Kleinbäuer*innen direkt unterstützt werden, ob durch Prämienzahlungen oder höhere Investitionen in ihre Produktivität."
Einsatz von in der EU verbotenen Pestiziden
"Darüber hinaus wird es höchste Zeit, den Pestizideinsatz zu reduzieren. Denn Baumwolle ist weiterhin die Feldfrucht, bei der weltweit die meisten chemischen Pestizide eingesetzt werden - darunter viele, die in der EU längst verboten sind", so Dr. Sabine Ferenschild.
"Damit wir wirklich von nachhaltiger Baumwolle sprechen können, müssen die Baumwollbäuer*innen endlich das bekommen, was ihnen zusteht: ein existenzsicherndes Einkommen und eine gesunde Umwelt."
Neue SÜDWIND-Publikationen anlässlich des Welttags für menschenwürdige Arbeit und des gleichzeitigen World Cotton Day am 7. Oktober 2023:
- Policy Paper "Mehr Wirkung nötig! Soziale und ökologische Kriterien von Baumwollstandards müssen umfassend verbessert werden."
- Factsheet "In weiter Ferne: Existenzsichernde Einkommen im Baumwollanbau"
- Zeitungsbeilage "Auf dem Weg. Nachhaltige Baumwolle: Zertifiziert - und dann ist alles gut?
SÜDWIND e.V. setzt sich seit über 30 Jahren für wirtschaftliche, soziale und ökologische Gerechtigkeit ein - weltweit. Wir recherchieren, decken ungerechte Strukturen auf, machen sie öffentlich und bieten Handlungsalternativen. Wir verbinden entwicklungspolitische Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit und tragen Forderungen in Kampagnen, Gesellschaft, Unternehmen und Politik.
Pressekontakt:
Dr. Sabine Ferenschild
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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