Forschungsgruppe „ErdHase“ geht für sichere Lebensmittel an den Start
Darmstadt (ots)
Für mehr Lebensqualität und Sicherheit von Allergiepatienten: Kooperationsprojekt unter der Leitung von R-Biopharm verbindet klinisches, analytisches und produktionstechnisches Know-how – Projektpartner Charité
Bei Nahrungsmittelallergien gibt es für Patienten derzeit nur eine sichere Methode: Lebensmittel mit diesen Zutaten vermeiden. Das lässt jedoch den individuellen Schwellenwert jedes Patienten außer Acht und auch die Tatsache, dass Verarbeitungsprozesse die Allergenität der Zutaten verändern können. Um Werkzeuge zu entwickeln, mit denen das Potenzial von Allergieauslösung bereits im Lebensmittel erfasst wird, verbindet eine interdisziplinäre Forschungsgruppe jetzt klinisches, analytisches und produktionstechnisches Know-how. Der Projektname „ErdHase“ verweist auf die Klassiker unter den Allergieauslösern: Erdnüsse und Haselnüsse.
Erdnüsse und Haselnüsse sind die häufigsten und auch gefährlichsten Auslöser von Nahrungsmittelallergien. Die Reaktionen reichen von leichtem Hautjucken bis zu lebensbedrohlichen Herzkreislaufbeschwerden. Weltweit leiden darunter 4 Prozent der Bevölkerung. Bei der Verarbeitung von Erdnüssen und Haselnüssen in der Lebensmittelproduktion kann jedoch je nach Verfahren die Allergenität gesteigert oder verringert werden. Auch gängige Methoden zur Lebensmittelallergenanalyse ziehen diese Umstände zurzeit nicht in Betracht.
Deswegen hat jetzt eine Forschungsgruppe mit sieben Projektpartnern die beiden allergenen Lebensmittel gewählt, um beispielhaft zu untersuchen, wie mithilfe der Kombination verschiedener immunologischer Testsysteme die Sicherheit von Allergiepatienten verbessert werden kann – und zwar schon während der Lebensmittelherstellung. Projekt-Titel: „Identifizierung des allergenen Potentials von Erdnuss und Haselnuss in Lebensmittelverarbeitungsketten in Bezug auf Allergenität von Patienten“. Die etwas eingängigere Abkürzung: ErdHase.
„Erdnüsse und Haselnüsse gehören zu den prominentesten Auslösern von Nahrungsmittelallergien – die lebensbedrohend sein können. Unsere Vision ist, ein System von enormer Bedeutung für Patienten und Hersteller von Lebensmitteln zu erarbeiten, das die Lebensmittelindustrie in die Lage versetzt, allergiegeplagten Verbrauchern mehr Lebensqualität zurückzubringen“, sagte Dr. Susanne Siebeneicher, Projektleiterin bei der federführenden R-Biopharm AG, nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags.
Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 2 Millionen Euro gefördert. Sein Ziel: Analytische Instrumente für das Management von Lebensmittelallergenen entlang der Wertschöpfungskette der Lebensmittelproduktion zu entwickeln. Dafür sollen klinische und serologische Profile von Allergikern erstellt werden, um bessere Vorhersagen zur Verträglichkeit von verarbeiteten Lebensmitteln treffen zu können. Mithilfe rekombinanter Antikörper, geklont aus den B-Zellen von Allergikern, soll ein Werkzeugkasten für die Lebensmittelanalyse entstehen, der direkt mit der Allergenerkennung bei Patienten verknüpft ist.
Für das Forschungsprojekt haben sich Partner aus Klinik, Analyse, Hochschule und Industrie zusammengeschlossen:
- R-Biopharm – Projekt-Koordinator und Experte für die Entwicklung von Testkits zum Nachweis von Allergenen in Lebensmitteln und Charakterisierung von Allergiepatienten. Mit seinem qLINE® Testsystem können beim Patienten die Allergie auslösenden Allergene identifiziert werden – zur Klassifizierung von Allergikern und Charakterisierung von Patienten aus der klinischen Studie. Dr. Markus Böhl, Leiter F&E, Neue Technologien, bei R-Biopharm: „Ein wirksamer Schutz von Nahrungsmittelallergikern erfordert diagnostische Lösungen aus zwei Welten: der Lebensmittelanalytik und der klinischen Diagnostik. Mit dem Start des Projektes ErdHase werden wir die wissenschaftlichen Grundlagen und Konzepte schaffen, um diese beiden Geschäftsfelder zum Nutzen der betroffenen Patienten zu einer Gesamtlösung zu verschalten.“
- Charité – Universitätsmedizin Berlin – Die Charité beteiligt sich an dem BMBF-geförderten Projekt mit zwei Kliniken, die Experten in der Forschung und Durchführung klinischer Studien zur Nahrungsmittelallergie mit jeweils gut charakterisierten Patientenkohorten im Kindes- und Erwachsenenalter sind. Projektleiterin Dr. Sabine Dölle-Bierke von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie betont: „Strikte Vermeidung bedeutet nicht nur Karenz, sondern auch eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten. Eine auf die Patientengruppe abgestimmte Lebensmittelanalytik eröffnet die Produktauswahl und steigert damit auch die Lebensqualität.“ Projektleiterin Prof. Dr. Kirsten Beyer von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie mit Intensivmedizin ergänzt: „Die Charité ist für die Identifizierung und umfangreiche Charakterisierung der Patientenkollektive zuständig. Ziel der interdisziplinären Kooperation ist eine nachvollziehbare Deklaration auf den entsprechenden Lebensmitteln für unsere Allergikerinnen und Allergiker.“
- Deutscher Allergie- und Asthmabund – Die größte Organisation für Patienten mit Nahrungsmittelallergien in Deutschland ist an mehreren nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt und wird neben der Patientenperspektive auch die Sichtweise allergologisch spezialisierter Ernährungsfachkräfte zur Thematik mit in das Projekt einbringen. Sabine Schnadt, Diplom-Ökotrophologin: „Als Patienten- und Verbrauchervertreter freut der DAAB sich, Partner in einem Projekt zu sein, welches medizinische und herstellungsbezogene Aspekte der Erdnuss- und Haselnuss-Allergie vereint. Als Schnittstelle sowohl zu den Patienten selbst, als auch zu Fachpersonal und Lebensmittelherstellern werden wir durch zielgruppenspezifische Erhebungen die Erfahrungen zum Umgang mit der Allergie bzw. den Allergenen und die Wünsche der Beteiligten aktiv mit in das Projekt einbringen.“
- Hochschule Fresenius – Experte in der Produktion und Reinigung von Proteinen und deren Analyse. Prof. Dr. Klaus Schneider, Head of Institute for Biomolecular Research: „Nach einem Test ein Nahrungsmittel mit Nüssen verzehren…das ist das Ziel unseres Projekts für Menschen, die bisher wegen einer Allergie Nüsse komplett vermeiden müssen.“
- Hochschule Geisenheim University, Institut für Lebensmittelsicherheit – Expertise in der Produktion und Analytik von definierten verarbeiteten Lebensmitteln mit engem Kontakt zu Lebensmittelherstellern. „Dieses Projekt repräsentiert ein Novum in der Entwicklung einer Allergennachweismethode, da sowohl die Herstellung der Lebensmittel als auch die Reaktion betroffener Patienten berücksichtigt wird“, sagen Prof. Dr. Simone Loos-Theisen und Prof. Dr.-Ing. Bernd Lindemann.
- YUMAB GmbH – Expertise in der Entwicklung von rekombinanten Antikörpern, die die Immunantwort des Patienten anzeigen. Dr. André Frenzel, Wissenschaftlicher Leiter bei der YUMAB GmbH: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partnern aus Allergie- und diagnostischer Forschung und sind überzeugt, einen positiven Beitrag zum Werkzeugkasten für die Lebensmittelanalytik leisten zu können.“
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