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Großbaustelle Organisationskultur: Nachhilfe in Kommunikation und Führung für eine faire Arbeitswelt notwendig

Frankfurt (ots)

  • Forschungsstudie belegt: Informations- und Kommunikationsbedarf der Beschäftigten ist nicht gedeckt, Führung auf Distanz gelingt unzureichend und Vorgesetzte bieten zu wenig Transparenz

Ob sich Beschäftigte fair behandelt fühlen, ist in besonderem Maße vom Informations- und Kommunikationsverhalten der Akteur*innen innerhalb einer Organisation sowie dem Umgang mit und durch Führungskräfte abhängig. Mitarbeitende legen hohen Wert auf diese kulturprägenden Bereiche. Gleichzeitig sehen sie ihre Erwartungen hier zu großen Teilen nicht erfüllt. Dies sind zentrale Ergebnisse der Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt", die die iba Internationale Berufsakademie in Nürnberg in Zusammenarbeit mit der berufundfamilie Service GmbH durchführte. Für die Untersuchung befragten BWL-Studierende unter der Leitung von Prof. Dr. Brigitte Waffenschmidt 1.134 Beschäftigte, anhand von insgesamt 33 Aspekten, was sie im beruflichen Kontext als fair empfinden und inwieweit ihre Arbeitgeber die Vorstellungen erfüllen. Bei den Befragten handelt es sich um Mitarbeitende von Institutionen und Unternehmen, die im Befragungszeitraum (Mai/ Juni 2022) nach dem audit berufundfamilie zertifiziert waren.

Die Studie bestätigt: Respekt und Wertschätzung sind für Beschäftigte Grundpfeiler einer fairen Arbeitswelt. Ausdruck finden sie vor allem durch umfassende und fortlaufende Information und Kommunikation - auf Teamebene und auch mit Führungskräften. So ist eine wertschätzende und respektvolle Kommunikation innerhalb des Teams bzw. mit Kolleg*innnen 97 Prozent der Beschäftigten wichtig. Dazu zählen 81,5 Prozent, denen dies sogar sehr wichtig ist.

Gleichzeitig ist es für 96 Prozent der Beschäftigten essenziell, dass Vorgesetzte mit ihren Anliegen respektvoll und wertschätzend umgehen. Entsprechend wünschen sich auch 95 Prozent der Befragten, mit den Führungskräften auf Augenhöhe zu kommunizieren. Mit 93 Prozent Zustimmung in der Wichtigkeit ist auch der konstruktive Umgang mit Fehlern ein essenzieller Baustein der fairen Arbeitswelt für die Beschäftigten.

Jedoch scheint der Informations- und Kommunikationsbedarf der Beschäftigten nicht ausreichend gedeckt zu sein - etwas, was sicherlich durch das Arbeiten auf Distanz in den vergangenen Coronajahren verstärkt wurde. Während beispielsweise 91 Prozent der Beschäftigten eine verständliche und verständnisvolle Organisationskommunikation wichtig finden, sehen dies lediglich rund 40 Prozent in ihrer Organisation als tatsächlich gegeben an. Und nur gut 44 Prozent der Beschäftigten finden, dass sie transparente, vollständige und regelmäßige Informationen zu Organisationsentwicklungen erhalten. Dabei ist dies doppelt so vielen, nämlich 88 Prozent, wichtig.

Studienleiterin Prof. Dr. Brigitte Waffenschmidt, iba, erläutert: "Der Kommunikations- und Informationsbedarf scheint sich insbesondere durch die Coronapandemie verändert zu haben. Der Informationsfluss hat sich durch die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitsmodelle gewandelt und die Geschwindigkeit des Austausches von Informationen nimmt zu. Hier benötigt es sicherlich Lösungsansätze, um diesen veränderten Informations- und Kommunikationsprozessen gerecht zu werden."

Die Studie weist zudem darauf hin, dass Führung auf Distanz in weiten Teilen von den Beschäftigten als nicht gelungen wahrgenommen wird. Rund 81 Prozent der Beschäftigten finden es wichtig, dass Vorgesetzte fit für die Führung auf Distanz sind. Aber nur für ca. 38 Prozent erfüllen ihre Führungskräfte diese Erwartung. Eine gerechte Bewertung ihrer Arbeit, die 93 Prozent der Beschäftigten wichtig ist, ist nur in den Augen von 55 Prozent gegeben.

In der Top 15 der Diskrepanzen zwischen Bedeutsamkeit und wahrgenommener Umsetzung der insgesamt 33 abgefragten Fairnessaspekte sind 13, die den Handlungsfeldern Information und Kommunikation sowie Führung zuzuordnen sind. Bei stark kulturell prägenden Fairnessaspekten liegen demnach Wunsch und wahrgenommene Wirklichkeit vielfach auseinander. Hingegen sind bei Aspekten, die die Arbeitszeit und den Arbeitsort betreffen, die Erwartungen annähernd erfüllt. Hier zeigen sich die geringsten Diskrepanzen zwischen Bedeutsamkeit und von den Beschäftigten wahrgenommene Umsetzung in der Organisation. Interessant dürfte aber sein, dass bei Beschäftigten der Wunsch nach einer modernen Arbeitsumgebung, die technisch auf dem neusten Stand ist, sehr ausgeprägt ist. Gleichzeitig verliert scheinbar das Shared-Desk-Modell an Bedeutung. Einen höheren Stellenwert hat das Angebot eines festen Arbeitsplatzes auf der Arbeitsstätte.

Konsequent kommunizieren und partizipativ führen

Gemessen an den Resultaten ist es für arbeitgebende Organisationen unabdingbar, Inhalte, Umfang und Frequenz von Informationen stärker an den Bedarfen der Beschäftigten auszurichten. Ggf. ist auch zu hinterfragen, ob - für die jeweiligen Zielgruppen - die passenden Kanäle für die Ansprache genutzt werden.

Die Ergebnisse machen zudem den Wunsch von Beschäftigten sichtbar, dass Führungskräfte für das Führen von Teams bei Remote bzw. Hybrid Work weitergebildet werden. Darüber hinaus muss zwischen Mitarbeitenden und Führung mehr Klarheit darüber herrschen, wie Aufgaben auszufüllen und welche Leistungen gefragt sind. Gegenseitiges Erwartungsmanagement und transparente Bewertungskriterien von Führungskräften sind definitiv gefragt.

Silke Güttler, Leitung Corporate Communications der berufundfamilie Service GmbH, weist darauf hin: "Zum Selbstverständnis engagierter Mitarbeitender gehört Beteiligung - Beteiligung an Prozessen und Entscheidungen. Als wesentlicher Motivator für das berufliche Engagement entpuppt sich der Faktor Transparenz. So lässt sich aus den Ergebnissen ablesen, dass Beschäftigte gesteigerten Wert darauflegen, von Vorgesetzten über die an ihre Arbeit geknüpften Erwartungen informiert zu sein. Ist das gegeben, wird es im Umkehrschluss besser möglich sein, einschätzen zu können, ob ihre Tätigkeit eine gerechte Bewertung erfährt. An die Führung ist damit die Aufgabe gestellt, im konstanten Austausch mit den Beschäftigten zu stehen. Information und Kommunikation sind als Führungsaufgabe mehr im Fokus denn je."

Januar 2023: Ergebnisbericht und Präsentation kostenfrei abrufbar

Weitere Resultate der Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt" werden in einem Ergebnisbericht und einer Präsentation zusammengefasst, die im Januar 2023 kostenlos zum Abruf über die Website der berufundfamilie zur Verfügung stehen wird.

Zur Forschungsstudie

Die Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt" ist ein Kooperationsprojekt der iba - Internationale Berufsakademie und der berufundfamilie Service GmbH. Für die Studie wurden die vier Fairnessdimensionen - informationale Fairness, interpersonale Fairness, prozedurale Fairness und distributive Fairness - mit fünf personalpolitischen Handlungsfeldern verknüpft: Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsort, Information und Kommunikation sowie Führung. Diese Handlungsfelder zählen zu den acht Bereichen, entlang derer im audit berufundfamilie - dem strategischen Managementinstrument zur Gestaltung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik - individuelle Ziele und passgenaue Maßnahmen der Organisationen zur besseren Work-Life-Balance entwickelt werden. Aus dem Zusammenspiel der Fairnessdimensionen und der fünf ausgewählten Handlungsfelder wurde ein Fragebogen abgeleitet, mit dessen Hilfe erfasst werden sollte, welchen Fairnessdimensionen besondere Bedeutungen zukommen, in welchen Handlungsfeldern eine Fairnessdebatte gehäuft auftritt, welchen Teilbereichen innerhalb der Handlungsfelder besondere Bedeutungen zukommen und wo Erwartungshaltungen und tatsächliche Gegebenheiten innerhalb der Organisationen besonders weit auseinander liegen. Die Befragung erfolgte online zwischen dem 24.05. und 08.06.2022 und richtete sich an Beschäftigte von Institutionen und Unternehmen, die nach dem audit berufundfamilie zertifiziert sind. Die Daten von 1.1.34 Beschäftigten flossen in die Auswertung ein. Der Anteil der weiblichen Teilnehmenden lag bei 64 Prozent, der der männlichen Befragten bei 35 Prozent. Das Durchschnittsalter betrug 48 Jahre. 30 Prozent der Teilnehmenden waren in Führungspositionen tätig. 77 Prozent der Befragten arbeiten in einer Institution, 22 Prozent in einem Unternehmen. 72 Prozent gingen einer Vollzeittätigkeit nach.

Die iba | Internationale Berufsakademie ist Deutschlands größte staatlich anerkannte Berufsakademie. Als Tochtergesellschaft der F+U Unternehmensgruppe, ein Bildungsträger mit über 40 Jahren Erfahrung im Bildungssektor, elf Studienorten deutschlandweit, hochqualifiziertem Lehrpersonal und Professorinnen und Professoren, aktuellen Inhalten sowie einem umfassenden Praxispartnernetzwerk sind wir der ideale Bildungspartner für ein duales Bachelorstudium. www.ibadual.com

Die berufundfamilie Service GmbH ist Dienstleister und Think Tank im Themengebiet Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Sie begleitet erfolgreich Unternehmen, Institutionen und Hochschulen bei der Umsetzung einer nachhaltigen familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik und der Gestaltung familiengerechter Forschungs- und Studienbedingungen. Ihr zentrales Angebot ist das audit berufundfamilie bzw. audit familiengerechte hochschule, das von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung initiiert wurde. Das audit ist das strategische Managementinstrument, welches Arbeitgeber dazu nutzen, ihre Personalpolitik familien- und lebensphasenbewusst aufzustellen und ihre Arbeitgeberattraktivität zu stärken. Seit 1998 wurden über 1.800 Arbeitgeber mit dem Zertifikat zum audit ausgezeichnet. www.berufundfamilie.de

Pressekontakt:

Silke Güttler
Leitung Corporate Communications
berufundfamilie Service GmbH
Telefon: +49 69 7171 333-161
E-Mail: s.guettler@berufundfamilie.de

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