60 Jahre "Sterben war ihr täglich Brot"
Sechs Jahrzehnte ist es her, als das Buch "Sterben war ihr täglich Brot" zum ersten Mal erschienen ist. Doch der Roman nach Tatsachen berührt bis heute.
Spätsommer 1940, Müritzwind: Am Himmel über Rechlin summt es. Gerade eben ist einer der Testpiloten in sein Flugzeug, eine Messerschmitt Me 109, gestiegen. Sein Tagesauftrag lautet: Er soll unter allen Voraussetzungen feststellen, ob die Maschine sturzflugtauglich ist. Der Flieger ahnt nicht, dass sein bester Freund im Vorgarten der Siedlungshäuser steht und um ihn bangt ...
Müritzregion (ee). Wie gern hätte Stephan Lebert seinen Zuhörern noch detaillierter Rede und Antwort gestanden. "Aber Sie müssen entschuldigen, ich bin nur der Sohn", schickte er seinem Vortrag voraus. Und dennoch hatte er versucht, so viel wie möglich über die Beweggründe seines Vaters in Erfahrung zu bringen - im Vorfeld dieser nun schon dritten Lesung aus dem Roman "Sterben war ihr täglich Brot". Es ist ein Roman nach Tatsachen, der die Menschen bis heute berührt. Das Buch begeht in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. 1958 war es beim Hestia-Verlag Bayreuth ersterschienen. Bei mecklenbook wurde es 2017 neu aufgelegt und mit einem zeitgeschichtlichen Anhang und vielen Fotos versehen. Seitdem erfreut es sich wieder einer ungebrochenen Nachfrage.
Autor Norbert Lebert hatte den Roman in den 50er Jahren geschrieben und darin den Alltag auf der Flugzeug-Erprobungsstelle in Rechlin an der Müritz ganz nah am Menschen erzählt. Er starb 1993. "Ich habe schon gesucht, ob ich die Protokolle noch finde", sagte Sohn Stephan Lebert. Protokolle waren nämlich einer der Auslöser, die seinen Vater überhaupt an das keinesfalls einfache Thema herangeführt hätten. Sein Großvater mütterlicherseits arbeitete in der Motoren-Entwicklungsbranche. Einige Aufzeichnungen davon waren seinem Vater in die Hände gefallen. "Ich erinnere mich noch, dass wir zu Hause viel über das Buch geredet haben, mein Vater hat ja einige Bücher geschrieben, aber dieses war immer etwas Besonderes", berichtete Stephan Lebert.
Diesmal war der Autorensohn, der selbst Journalist und Autor ist, einer Einladung ins Kaffeehus nach Mirow gefolgt. Mirow liegt nur wenige Kilometer Luftlinie von Rechlin entfernt, von jenem Ort, an dem bis zum Ende des zweiten Weltkrieges die zentrale Flugzeugerprobungsstelle der deutschen Luftwaffe ihren Sitz hatte. Das gesamte Umfeld war seinerzeit in diese Nutzung mit einbezogen und strategisch hergerichtet worden. Auch in Mirow lebten Ingenieure und Mitarbeiter in den eigens dafür gebauten Siedlungen. Zeitweilig standen in Rechlin um die 4000 Menschen in Lohn und Brot. Noch heute sind die Überbleibsel der bewegten Vergangenheit vielerorts sichtbar. Einige lassen sich ganz leicht finden, andere liegen überwachsen in den umliegenden Wäldern. So gibt es den großen Betonbunker, dessen Bestimmung nie ganz geklärt war. Fakt ist, in Rechlin wurden auch die ersten Strahlflugzeuge der Welt getestet, darunter die Me 262, die auch im Roman eine Rolle spielt. In den Wäldern rings um Rechlin existieren noch die sogenannten Splitterboxen. Es sind quadratische Erdaushübe, die mit Schutzwällen versehen sind. Zeitzeugen mutmaßen, dass die neuste Technik hier vor Feindbeschuss sicher untergestellt werden sollte. Der Betonbunker mit den gigantischen Wänden könnte zur Wartung der Strahlflugzeuge bestimmt gewesen sein. Ob das Bauwerk, dessen Tore nie geliefert wurden, überhaupt noch in Nutzung ging, ist ungewiss. Der Bunker wurde bereits Ende 1945, als die Russen das Gelände der Erprobungsstelle in Besitz nahmen, gesprengt. Jedenfalls war dies versucht worden. Doch der Koloss zeigte sich zum Großteil resistent. Nur die Decke brach ein, der Rest ist bis heute zwar zugewachsen, aber noch auffindbar.
Spuren der Vergangenheit gibt es aber noch weitere, zum Beispiel die Werkssiedlung in Rechlin-Nord, die in Form von Flugzeugtragflächen errichtet wurde. Auch die Rechliner Waldsiedlung, die heute unter Denkmalschutz steht, ist weitgehend im Originalzustand erhalten und die Wohnbebauung in Mirow. Schon immer ein markanter Punkt war der Sprottsche Berg, eine natürliche Erhebung, die auch als Beobachtungs- und Aussichtsplattform zu Zeiten der Erprobungsstelle genutzt wurde und ebenfalls im Roman eine Rolle spielt. Viele weitere Hinterlassenschaften, Dokumente und Erinnerungsstücke haben auch Eingang in das Luftfahrttechnische Museum Rechlin gefunden. Die Einrichtung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Rechliner Ortsgeschichte zu bewahren und nachfolgenden Generationen Einblick zu gewähren in ein düsteres, aber auch für die Luftfahrt bedeutsames Kapitel der Vergangenheit.
Das Buch "Sterben war ihr täglich Brot" sensibilisiert dafür, sich mit den Geschehnissen von damals auseinander zu setzen. Es führt den Lesenden an die Materie heran. Wer dann tiefer eintauchen will, kann sich im Luftfahrttechnischen Museum in Rechlin auf Spurensuche begeben.
Zum Autor:
Norbert Lebert, Jahrgang 1929, arbeitete als Journalist, vor allem für die Süddeutsche Zeitung und die Quick, und war Autor verschiedener Romane. Große Aufmerksamkeit erregte seine Reportagenreihe über das Schicksal der Nachkommen prominenter Nazi-Täter. Er starb 1993.
Das Buch:
Die Erstauflage des Romans ist 1958 im Hestia-Verlag, Bayreuth, erschienen. Ganz vom Markt verschwunden ist das Werk nie, erhältlich war es aber nur noch in gebrauchter Form auf diversen Internetplattformen oder in Antiquariaten. 2017 erschien die Neuauflage bei mecklenbook, die zusätzlich über einen zeitgeschichtlichen Anhang inklusive Fotos von der Erprobungsstelle oder von dem, was heute noch davon existiert, verfügt.
"Sterben war ihr täglich Brot", Roman nach Tatsachen, Taschenbuch, 300 Seiten, erschienen bei mecklenbook, Preis: 17,90 Euro
Das Buch ist erhältlich bei www.mecklenbook.de,
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sowie im Buchhandel.
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