"Nerven muss nicht impertinent sein": Autorin Sophie Passmann erklärt im Titelinterview mit DB MOBIL, warum sie sich selbst als Lügnerin enttarnt und als Feministin auch gern über ihr Outfit spricht
Hamburg (ots)
Sophie Passmann geht hart mit anderen ins Gericht - aber auch mit sich selbst. "Ich schaue mir manchmal an, was ich früher gesagt habe, und weiß dann, warum ich bestimmte Dinge herumbehauptet habe. Aber ich weiß auch selbst am besten, dass es eine Lüge war", sagt die Autorin, Podcasterin und Schauspielerin im Interview mit DB MOBIL, dem Kundenmagazin der Deutschen Bahn (Ausgabe Juli/August, EVT 24.6.2022).
Vor ein paar Jahren habe sie noch den Anspruch gehabt, in der Öffentlichkeit besonders zu nerven. Dabei habe sie aber etwas falsch verstanden. "Nerven muss nicht immer bloß impertinent sein, das kann viel graziler, filigraner und subtiler funktionieren." Fans ihrer Spöttelei können aber beruhigt sein. "Ich will weiterhin den Betrieb stören, das kann intellektuell ja auch sehr anregend sein", sagt die 28-Jährige im Interview.
Passmann gilt als Frontfrau des gegenwärtigen Feminismus. Sie wuchs in Ettenheim auf, in einer Weingegend zwischen Offenburg und Freiburg. Mit 17 Jahren gewann sie den Titel der Baden-Württemberg-Meisterin im Poetry Slam. Sie arbeitete beim Radio und als Autorin für Comedy-Shows, bevor ihr Buch "Alte weiße Männer" sie 2019 richtig bekannt machte. Zuletzt erschien "Komplett Gänsehaut", eine Abrechnung mit der ironischen Spießigkeit ihrer Generation. In der Serie "Damaged Goods" auf Amazon Prime ist Passmann ab 11. Juli zudem in ihrer ersten großen Schauspielrolle zu sehen. Die Dreharbeiten haben ihr erkennbar Freude gemacht: "Ich habe gemerkt, wie entspannend es ist, nicht für jedes Wort selbst verantwortlich, nicht zu 100 Prozent mein eigenes Produkt sein zu müssen", sagt sie gegenüber DB MOBIL.
Welches Bild sie in der Öffentlichkeit abgibt, ist Passmann sehr bewusst. "Meistens habe ich ja eine Ahnung, welches Label mir gerade angepappt wird, ob das nun Feministin ist oder Internetphänomen", erzählt sie. "Dann mache ich einfach irgendwas, um das Klischee in seiner Eindimensionalität zu unterwandern." Zum Beispiel in DB MOBIL - das Magazin inszeniert Passmann im Stile einer Modestrecke. "Wer mich nach Feminismus fragt, darf sehr gern auch etwas über mein Outfit wissen wollen. Beides geht fantastisch zusammen."
Allerdings sollte niemand glauben, dass Passmann in der Öffentlichkeit ihr privates Selbst offenbart. "Jeder, der sich im Fernsehen nicht verkleidet, nimmt den Job nicht ernst genug." Privatpersonen seien doch langweilig. "Ich halte diese Geilheit nach Authentizität für übertrieben. "Authentische Menschen sind nicht so schnell und laut und doll, wie man das im Fernsehen gern hätte."
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