Es gibt keinerlei Beleg für Glyphosat in 85 Prozent aller Tampons
Von einer "Krebs-Epidemie" ist die Rede und von einem "Skandal": Seit Jahren wird im Internet die Aussage verbreitet, 85 Prozent aller Tampons enthielten Glyphosat.
BEWERTUNG: Für diese Behauptung gibt es keinerlei Beleg.
FAKTEN: Der Ursprung der Behauptung liegt in Argentinien. Auf einer Tagung in Buenos Aires im Jahr 2015 berichtete der argentinische Wissenschaftler Damián Marino von Glyphosat in Hygieneartikeln und Verbandmaterial.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung hatte 2015 das Pflanzenschutzmittel Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Das konkrete Risiko hängt der Agentur zufolge allerdings von Art und Stärke der Exposition ab: http://dpaq.de/44PRZ
Marino sprach in seinem Vortrag davon, in 85 Prozent aller untersuchten argentinischen Produkte Glyphosat nachgewiesen zu haben. Aus dieser Aussage allein lässt sich allerdings nicht ableiten, dass sich auch in 85 Prozent aller Tampons Glyphosat findet: http://dpaq.de/HYqPH
Die von Marino festgestellten Mengen an Glyphosat sind überdies äußerst gering und bewegen sich, bezogen auf ein einzelnes Hygieneprodukt, im Mikro- oder gar Nanogramm-Bereich. Außerdem ist Marino Forscher in Argentinien - die Produkte, die er untersucht hat, müssen also nicht europäischen Normen entsprechen.
Tatsächlich haben mehrere Behörden in Europa in den vergangenen Jahren Hygieneartikel auf Glyphosat untersucht. In Schweden (http://dpaq.de/NUXQ0 http://dpaq.de/9leJw), in der Schweiz (http://dpaq.de/2eBvH) und in Frankreich (http://dpaq.de/BIVF6) war das Ergebnis stets dasselbe: kein Glyphosat in Tampons nachweisbar.
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur verwies das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf zwei weitere Studien: Auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat Tampons untersucht, ebenso wie ein Labor in Bremen im Auftrag des ZDF. In beiden Fällen wurde ebenfalls kein Glyphosat in den Hygieneartikeln gefunden.
Die Behauptung, 85 Prozent aller Tampons enthielten Glyphosat, erst recht in bedenklichen Mengen, ist also durch nichts belegt.
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Quellen:
- Suche nach Damián Marino bei PubMed: http://dpaq.de/PO3B7
- Suche nach Damián Marino bei ResearchGate: http://dpaq.de/Oaz28
- Google-Scholar-Profil von Damian Marino: http://dpaq.de/UPqgG
- Video von Marinos Vortrag: https://www.youtube.com/watch?v=tW29VL0U3-4
- Programm der Konferenz mit Marino als Redner: http://dpaq.de/dy9Iv
- Artikel über Marino bei Telam: http://dpaq.de/HYqPH
- Infos zum Report der Schwedischen Chemiebehörde: http://dpaq.de/NUXQ0
- Report der Schwedischen Chemiebehörde: http://dpaq.de/9leJw
- Report der Französischen Agentur ANSES: http://dpaq.de/BIVF6
- Glyphosat-Studie der IARC: http://dpaq.de/44PRZ
- Studie des Schweizer BLV: http://dpaq.de/2eBvH
- Artikel bei unserplanet.net: http://dpaq.de/WzUdz
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