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Der Bundestag war beschlussfähig - Geschäftsordnung korrekt angewendet

Berlin (ots)

In einer Marathon-Sitzung im Bundestag soll Vizepräsidentin Claudia Roth einen «Rechtsbruch» begangen haben, heißt es in mehreren Online-Posts. Die Grünen-Politikerin habe der AfD-Fraktion widerrechtlich einen Hammelsprung verweigert. Damit hätte festgestellt werden sollen, dass der Bundestag nicht beschlussfähig gewesen sei.

BEWERTUNG: Roth hat keinen Rechtsbruch begangen. Die Geschäftsordnung des Bundestages sieht vor, dass das Parlament nur beschlussunfähig ist, wenn Beschlussunfähigkeit festgestellt wurde. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Regelung.

FAKTEN: Die Bundestagssitzung vom 27. Juni 2019 war die längste seit Jahrzehnten. Sie dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Gegen 1.30 Uhr scheiterte die AfD mit ihrem Versuch, einen sogenannten Hammelsprung zu erzwingen - und damit möglicherweise einen Abbruch der Sitzung. Bei einem Hammelsprung verlassen die Abgeordneten den Saal und kehren durch verschiedene Türen wieder zurück. So kann ihre Zahl exakt festgestellt werden.

Roth, die die Sitzung am frühen Freitagmorgen leitete, lehnte den Antrag der AfD-Fraktion auf einen Hammelsprung nach Absprache im Sitzungsvorstand ab. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch etwa 100 der insgesamt 709 Parlamentarier anwesend, keine Fraktion war vollzählig. Gerade bei langen Bundestagssitzungen ist es zu später Stunde durchaus üblich, dass der Plenarsaal relativ leer ist.

Mehrere Politiker der AfD warfen Bundestagsvizepräsidentin Roth daraufhin «Rechtsbruch» vor. (http://dpaq.de/R1Ek2, http://dpaq.de/7sNap) Das ist allerdings nicht korrekt.

Laut § 45 der Geschäftsordnung ist der Bundestag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Saal anwesend sind. Solange sich aber der Sitzungsvorstand einig ist, dass Beschlussfähigkeit besteht, kann kein Hammelsprung stattfinden. Der Bundestag blieb deshalb in dieser Nacht gemäß § 45 Abs. 2 beschlussfähig. Zum Sitzungsvorstand gehörten neben Roth auch die beiden Schriftführer Benjamin Strasser von der FDP und Josef Oster von der CDU. (http://dpaq.de/ZUNcL)

Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Urteilen ausdrücklich bestätigt: Die Zahl der Anwesenden ist für die Beschlussfähigkeit unerheblich, solange keine Beschlussunfähigkeit festgestellt wird (http://dpaq.de/L1ddC). Die Richter wiesen darauf hin, dass «ein wesentlicher Teil der Parlamentsarbeit traditionell außerhalb des Plenums geleistet wird», also etwa in den Ausschüssen. Die Regelung zur Beschlussunfähigkeit biete deshalb «die Gewähr dafür, daß das Volk als Träger der Staatsgewalt beim Zustandekommen parlamentarischer Entscheidungen in der Regel auch dann angemessen repräsentiert ist, wenn bei der Schlußabstimmung im Plenum nur wenige Abgeordnete zugegen sind». (http://dpaq.de/d7jAf)

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Links:

Facebook-Post: http://dpaq.de/Gz1tv

Geschäftsordnung des Bundestages, § 45: http://dpaq.de/ZUNcL

Deutscher Bundestag zu § 45 GOBT: http://dpaq.de/m7sr9

Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvC 3/07: http://dpaq.de/L1ddC

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 2 BvR 705/75: http://dpaq.de/d7jAf

Video der Bundestagssitzung: http://dpaq.de/xfQAk

Rechtsbruch-Tweet von Beatrix von Storch (AfD): http://dpaq.de/R1Ek2

Pressemitteilung der AfD-Fraktion: http://dpaq.de/7sNap

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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