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Projektion für 2020 stammt nicht von italienischem Statistikamt

Berlin (ots)

Mitte Februar wurden in Italien die ersten Todesfälle im Zusammenhang mit Sars-CoV-2-Infektionen bekannt. Im Internet werden nun Zahlen verbreitet, die angeblich auf das italienische Statistikamt Istat zurückgehen. Der Auflistung zufolge gab es in den ersten drei Monaten des Jahres 2020 mit 165 367 deutlich weniger Todesfälle als im ersten Quartal des Vorjahres (185 967). (https://perma.cc/N9YD-KB8D)

BEWERTUNG: Während die Zahl für 2019 von Istat veröffentlicht wurde, stammt der Wert für 2020 aus einer Projektion auf der Internetseite ItaliaOra.org. Für den Zeitraum von Mitte Februar bis Ende März hat das italienische Statistikamt mittlerweile wesentlich mehr Tote gemeldet als in den Vorjahren. Auch das Netzwerk EuroMOMO verzeichnete einen starken Anstieg.

FAKTEN: Die in der Liste aufgeführten Daten der Jahre 2012 bis 2019 können auf der Seite des italienischen Statistikamts abgerufen werden. Für das erste Quartal 2019 beispielsweise ergeben sich wie angegeben 185 967 Todesfälle: im Januar 68 209, im Februar 59 876 und im März 57 882 (http://dpaq.de/w8Y0H unter "Tavola"). Für 2020 liegen dort jedoch noch keine Daten vor.

Die Zahl von 165 367 Todesfällen vom 1. Januar bis 31. März 2020 wurde unter anderem in einem italienischen Blog verbreitet (http://archive.vn/ZLv4f). Als Quelle ist dort neben Istat die Internetseite ItaliaOra.org angegeben. Am 8. April zeigte der Zähler "Morti quest'anno" dort bereits 180 868 Todesfälle seit Jahresbeginn an (https://archive.is/vwXBr).

ItaliaOra.org stellt im Abschnitt über ihre Methoden klar, dass die Zahlen auf der Seite von einem Algorithmus errechnet werden, "der die neuesten verfügbaren Daten zusammen mit der geschätzten Änderungsrate und den von unseren Modellen generierten Projektionen verarbeitet" (http://archive.vn/faD7Z). Es handelt sich also um eine Art Hochrechnung.

Statistiken, die auf Meldedaten beruhen, zeigen hingegen einen starken Anstieg, seit die ersten Patienten in Italien positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden. Vom 20. Februar bis zum 31. März meldete das italienische Statistikamt wesentlich mehr Tote als in den Vorjahren (http://archive.vn/J4sY9). In diesem Zeitraum seien mehr als 90 000 Menschen gestorben - 38,7 Prozent mehr als durchschnittlich zu dieser Zeit in den Jahren 2015 bis 2019, teilte Istat am 4. Mai mit. Die Studie (http://dpaq.de/sxLVQ) basiert auf Daten von rund 6900 Gemeinden.

Das Netzwerk EuroMOMO veröffentlicht jeden Donnerstag für mehrere europäische Länder und Regionen Daten dazu, ob mehr Menschen in einer bestimmten Woche gestorben sind, als in diesem Zeitraum zu erwarten wäre. Der Fachbegriff dafür lautet Übersterblichkeit. (http://dpaq.de/IttuH) Auch EuroMOMO verzeichnete bereits Ende März eine "besonders hohe Übersterblichkeit" in Italien. (http://dpaq.de/abDuG)

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Links:

Beitrag: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=3008465649237615&set=a.843614182389450&type=3&theater (archiviert: https://perma.cc/N9YD-KB8D)

Istat Todesfälle 2019: http://demo.istat.it/bilmens2019gen/index.html

Blog "Disquisendo": https://disquisendo.wordpress.com/2020/04/02/54/ (archiviert: http://archive.vn/ZLv4f)

ItaliaOra.org: https://www.italiaora.org/

ItaliaOra.org (archiviert am 8. April 2020): https://archive.is/vwXBr

Methoden von ItaliaOra.org: https://www.italiaora.org/chi-siamo/ (archiviert: http://archive.vn/faD7Z)

Artikel bei Onvista (4. Mai 2020, archiviert): http://archive.vn/J4sY9

Istat-Mitteilung vom 4. Mai 2020: https://www.istat.it/it/files//2020/05/Rapporto_Istat_ISS.pdf (archiviert: http://dpaq.de/sxLVQ)

Informationen zu EuroMOMO (archiviert): http://dpaq.de/IttuH

EuroMOMO-Bulletin für Kalenderwoche 13 vom 2. April 2020 (archiviert): http://dpaq.de/abDuG

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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