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„Schlag ins Gesicht“ von Klinik-Mitarbeitenden

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Der Vorstand der DGD Stiftung sieht im jüngst vorgestellten Eckpunktepapier der Krankenhausreform noch viele offene Fragen und verwehrt sich gegen die Aussage des Bundesgesundheitsministers, Kliniken würden bisher keine Qualität liefern.

Marburg. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat nach langen Verhandlungen mit den Ländern jüngst ein 15-seitiges Eckpunktepapier zur Krankenhausreform vorgestellt. Die Pläne sehen vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle – das so genannte DRG-System – zu ändern, um Kliniken vom Druck zu immer mehr Fällen zu befreien. Daher sollen sie 60 Prozent der Vergütung allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Dies soll auch kleinere Kliniken auf dem Land absichern. Zudem sollen bundesweit einheitliche Qualitätsvorgaben kommen. Grundlage für die Finanzierung durch die Krankenkassen sollen Leistungsgruppen der Kliniken sein.

Hubertus Jaeger, Kaufmännischer Vorstand der DGD Stiftung mit Sitz in Marburg, sagt dazu: „Grundsätzlich begrüßen wir eine Reform der Krankenhausstruktur und Krankenhausfinanzierung. Und auch die Idee, mit einem Sockelbetrag Vorhaltekosten zu tragen, halten wir für sinnvoll.“ Doch werde das DRG-System weiterhin nicht überwunden, „wie es Minister Lauterbach eigentlich angekündigt hatte. Denn die Krankenhäuser müssen immer noch 40 Prozent ihrer Kosten, die über die Sockelfinanzierung hinaus gehen, durch abgesenkte Fallpauschalen erwirtschaften. Dadurch sind die Effekte, die man vonseiten der Politik nicht mehr will, weiterhin da.“

Lauterbach-Aussage ist eine „absolute Frechheit“

Als „absolute Frechheit“ bezeichnet Jaeger die Aussage des Gesundheitsministers, „dass er suggeriert, er bringe nun die Qualität in die Krankenhäuser. Zu unterstellen, diese Qualität gebe es derzeit nicht, ist ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die in den Kliniken arbeiten“. Und die Aussage sei auch völlig falsch, denn: „Natürlich wird unsere Qualität schon seit Jahrzehnten immer wieder überprüft – wir arbeiten ja nicht im luftleeren Raum.“

Auch an der Personalnot in den Krankenhäusern kann das neue Finanzierungskonzept nichts ändern. „Diese ist auch dem demografischen Wandel geschuldet. Die vorgestellte Reform trägt zur Linderung des Personalproblems nichts bei“, verdeutlicht er, „da hätten wir uns innovative Ansätze erhofft.“ Die Aussage des Gesundheitsministers zur fehlenden Qualität in den Häusern „trägt eher noch dazu bei, dass die Attraktivität der Arbeitsplätze in den Kliniken weiter abnimmt“, so Jaeger. Dr. Claudia Fremder, Fachlicher Vorstand der DGD Stiftung, fügt hinzu: „Auch die versprochene Entbürokratisierung, die die Berufe am Patientenbett wieder attraktiver machen kann, ist nicht in Sicht.“

Auswirkungen der Reform lassen sich noch nicht abschätzen

Welche Auswirkungen die geplante Reform auf die sieben Kliniken im DGD-Verbund haben, „lässt sich bisher noch nicht abschätzen“, sagt Hubertus Jaeger. Denn das Eckpunktepapier sei in zahlreichen Punkten noch sehr vage formuliert. „Daher bietet es auch keine Grundlage für eine verlässliche Planung“, so Jaeger, „letztlich kann nur das endgültige Gesetz Klarheit bringen“. Neu ist, dass nun die Länder in der Pflicht stehen, die unterschiedlichen Kriterien für die Kliniken festzulegen – vorher lässt sich eine Beurteilung nicht vornehmen. „Daher hoffen wir, dass die Länder die Reform nicht am Reißbrett planen, sondern die Klinik-Standorte genau analysieren und die Leistungen mit den Bedarfen der Menschen vor Ort in Einklang bringen“, fordert der Kaufmännische Vorstand. Dr. Claudia Fremder betont: „Unser Verbund verfügt zum Glück über so viel Agilität, dass wir trotz aller bisherigen Unklarheiten auch Chancen für unsere Häuser sehen. Wir werden die Herausforderungen meistern.“

Sie treibt noch eine weitere Sorge um: „Ungeklärt ist auch, welche Auswirkungen die Einführung der Leistungsgruppen auf die Facharztausbildung hat. Hier befürchte ich deutlich umständlichere Verfahren für die Ärztinnen und Ärzte – und somit Nachteile für die zukünftigen sogenannten 1n-Häuser.“

So oder so greife die Finanzierungsreform erst im Jahr 2027. „Das kann für viele Häuser bereits zu spät sein“, sagt Hubertus Jaeger, der ein „Kliniksterben durch die kalte Küche“ sieht. Denn: „Viele Krankenhäuser können die immensen Kostensteigerungen durch die Inflation oder auch durch die Tarifentwicklungen nicht mehr stemmen.“ Schon seit Jahren gebe es eine „dramatische strukturelle Unterfinanzierung, gegen die nun dringend etwas getan werden muss“, mahnt Jaeger. „Die Investitionsfinanzierung der Länder ist seit Jahrzehnten zu niedrig, und die Behandlungsvergütungen wurden nicht an die Inflation angepasst. Somit stehen die beiden einzigen Säulen der Krankenhausfinanzierung in keinem Verhältnis mehr zu den gestiegenen Kosten.“ Es sei ein schlechtes Zeichen, dass im Eckpunktepapier von Bund und Ländern extrem gestiegene Kosten durch Energiepreise, Inflation und Personalkosten überhaupt nicht berücksichtigt würden.

„Eine Reform zum Nulltarif ist nicht möglich“

Kritisch sieht der Vorstand auch, dass die Reform ohne eine Erhöhung der finanziellen Mittel vonstatten gehen soll. Er erneuert daher seine Kritik: „Eine Reform zum Nulltarif ist nicht möglich.“ Beide Vorstände sind sich einig, dass Gesundheitsminister Lauterbach nicht auf eine angespannte Haushaltslage und leere Kassen verweisen solle. „Er sollte vielmehr der Kämpfer für die Krankenhäuser sein, denn bei anderen wichtigen politischen Vorhaben wie etwa der Energiewende werden selbstverständlich Mehrkosten eingeplant seitens der Politik.“ Allerdings heißt es im Eckpunktepapier weiterhin, dass die Neuerungen keine Mehrkosten verursachen sollen – „vielmehr will man nur das vorhandene Budget anders verteilen, weil angeblich genug Geld im System ist“. Doch: Die Berechnungen basieren auf Zahlen aus dem Jahr 2021, „als es ohnehin schon eine strukturelle Unterdeckung gab“, verdeutlicht Hubertus Jaeger. Vor diesem Hintergrund sieht er die Umsetzung ohne Kostensteigerungen „als utopisch“. Für Jaeger steht fest: „Die auskömmliche Finanzierung der Gesundheitsvorsorge darf in einem so reichen Land wie unserem nicht zu Lasten von Patienten und Kliniken geopfert werden – nur, um die ,Schwarze Null‘ des Haushalts einzuhalten.“

Und Dr. Claudia Fremder führt einen weiteren wichtigen Punkt ins Feld: „Ohne eine Zwischenfinanzierung sind vor allem viele der kleinen Krankenhäuser bedroht – zahlreiche dieser Häuser sind konfessionell geführt. Im Umkehrschluss heißt das, dass vielen konfessionellen Kliniken vor Inkrafttreten der Reform das Aus droht. Das wäre auch eine deutliche Reduzierung der Trägervielfalt in unserem Land – will die Gesellschaft das wirklich?“

Über die DGD Stiftung

Die DGD Stiftung mit ihrer Holding in Marburg ist ein Verbund diakonischer Gesundheitseinrichtungen. Dazu zählen Krankenhäuser, Rehakliniken, Medizinische Versorgungszentren (MVZ), Senioreneinrichtungen sowie zwei Pflegeschulen. Insgesamt arbeiten über 3.700 Menschen für die Organisation. Die DGD Stiftung ist Mitglied im Diakonischen Werk Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e.V. Sie gehört zur Diakonie Deutschland und zum Gnadauer Gemeinschaftsverband. „DGD“ steht für Deutscher Gemeinschafts-Diakonieverband.

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