NightWatch: Neues Wearable lässt Epilepsiepatienten und Angehörige beruhigt schlafen
Zuverlässige Anfallserkennung bei Epilepsie kann Todesfälle vermeiden
Leiden (Niederlande) (ots)
Etwa 500.000 Menschen in Deutschland leiden an Epilepsie. Etwa ein Drittel von ihnen ist einem erhöhten Mortalitätsrisiko ausgesetzt, weil die Patienten nicht auf Medikamente ansprechen. Häufigste Todesursache für diese Gruppe ist der plötzliche, unerwartete Tod bei Epilepsie (sudden unexpected death in epilepsy, SUDEP). Niederländische Wissenschaftler haben mit NightWatch ein spezielles Hightech-Oberarmband entwickelt, das bei schweren nächtlichen Epilepsieanfälle Betreuungspersonen zuverlässig alarmiert. So wird nicht nur das SUDEP-Risiko minimiert, auch Angehörige und Pflegepersonal werden deutlich entlastet. Die hohe Zuverlässigkeit von NightWatch wurde in einer wissenschaftlichen Studie gezeigt.
Studiendaten weisen darauf hin, dass nächtliche epileptische Anfälle das SUDEP-Risiko erhöhen.[1] Zumeist tritt SUDEP nach tonisch-klonischen Anfällen auf, die die Patienten nachts im Bett liegend erfahren.[2] Um plötzliche nächtliche Todesfälle zu verhindern, ist eine dauerhaft zuverlässige Anfallserkennung, die die Betreuungspersonen von Epilepsie-Patienten rechtzeitig alarmiert, notwendig.
Zuverlässige Anfallserkennung dank speziellem Algorithmus
Um das SUDEP-Risiko zu minimieren hat ein Zusammenschluss niederländischer Wissenschaftler NightWatch entwickelt. Es handelt sich um ein spezielles Armband, das während des Schlafens am Oberarm getragen wird. Es überwacht die Herzfrequenz und die Beschleunigung der Körperbewegungen von Epilepsie-Patienten und zeichnet dabei Bewegungsmuster sowie Schwankungen der Herzfrequenz mit hoher Genauigkeit auf. Ein spezieller Algorithmus erkennt, ob die erfassten Daten auf einen schweren epileptischen Anfall hindeuten. Dabei löst NightWatch nicht nur bei tonisch-klonischen, sondern auch bei klinisch relevanten tonischen, hyperkinetischen und Serien mit myoklonischen Anfällen einen Alarm aus. In diesen Fällen wird ein drahtloses Signal an die zugehörige Basisstation übermittelt, sodass Betreuungspersonen in einem anderen Raum alarmiert werden und die notwendigen medizinischen Schritte einleiten können.
"Bei stark epileptischen Patienten beträgt das Lebenszeitrisiko an einem Anfall zu sterben bis zu 20 Prozent. Das wären in Deutschland rund 500 Todesfälle pro Jahr", so Prof. Johan Arends vom niederländischen Epilepsiezentrum Kempenhaeghe. "Ich gehe davon aus, dass sich diese Zahl mit NightWatch um etwa zwei Drittel verringern könnte. Allerdings hängt dies auch davon ab, wie schnell und angemessen Pflegekräfte oder Betreuende auf den Alarm reagieren."
Hohe, klinisch nachgewiesene Spezifität
In einer prospektiven, multizentrischen Kohortenstudie wurde die Zuverlässigkeit von NightWatch überprüft.[3] Eingeschlossen wurden 28 Patienten mit einer geistigen Behinderung, die in der Vergangenheit pro Monat mehr als einen schweren epileptischen Anfall in der Nacht erlitten hatten. Insgesamt wurden 1.826 Nächte beobachtet, in denen es zu 809 schweren Anfällen kam. Im Median erkannte NightWatch je Patient 85% der klinisch relevanten Anfälle - in der Kontrollgruppe, die einen gängigen Bettsensor verwendete, traf dies nur bei 21% zu. Bei tonisch-klonischen Anfällen gab NightWatch sogar zu 96% Alarm. Falsch-negative Alarme wurden bei NightWatch im Vergleich zur Kontrollgruppe seltener ausgelöst (falsch-negativ Alarm-Rate: 0,04 vs. 0,28).
Erleichterung für Pflegepersonal und Familienangehörige
Im Rahmen der Studie wurden zudem 33 Betreuungspersonen der in die Studie eingeschlossenen Patienten in einem begleitenden Fragebogen befragt, wie sie die Überwachung mit NightWatch erlebten. Die Antworten zeigen, dass NightWatch einfach im Gebrauch ist, frühzeitiger bei klinisch relevanten Anfällen alarmiert und Betreuern mehr Ruhe und Freiheit bietet.
NightWatch kann von Kindern ab 4 Jahren und Erwachsenen gleichermaßen angewendet werden. Es ist sowohl für den Einsatz in Kliniken und Pflegeheimen als auch im privaten Umfeld geeignet.
Über NightWatch & LivAssured
NightWatch ist das Ergebnis einer jahrelangen Zusammenarbeit des Universitätsklinikums Utrecht, der niederländischen Epilepsiezentren SEIN und Kempenhaeghe sowie der technischen Universität Eindhoven. 2011 gründeten sie das sogenannte Tele-Epilepsie-Konsortium mit dem Ziel, ein zuverlässiges Alarmsystem für klinisch relevante epileptische Anfälle zu entwickeln. 2013 wurde das Unternehmen LivAssured gegründet um die entstandene Technologie in Form von NightWatch auf den Markt zu bringen. Weitere Informationen zu NightWatch finden Sie unter www.livassured.de.
Quellen:
1 van der Lende M et al. Nocturnal supervision and SUDEP risk at different epilepsy care settings. Neurology 2018 Oct 16;91(16):e1508-e1518. doi: 10.1212/WNL.0000000000006356. 2 Devinsky O et al. Sudden unexpected death in epilepsy: epidemiology, mechanisms, and prevention. Lancet Neurol. 2016 Sep;15(10):1075-88. doi: 10.1016/S1474-4422(16)30158-2. Epub 2016 Aug 8. 3 Arends J et al. Multimodal nocturnal seizure detection in a residential care setting - A long-term prospective trial. Neurology 2018;91:1-10. doi:10.1212/WNL.0000000000006545.
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