Krankmeldungen in NRW erreichen Rekordwerte
Krankmeldungen in NRW erreichen Rekordwerte
Krankenstand im Westen erstmals dauerhaft über der 7,0-Prozent-Marke. Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schlägt sich in den Zahlen nieder.
Düsseldorf, 17.07.2024
Nie zuvor haben sich an Rhein und Ruhr so viele Berufstätige krankgemeldet wie im vergangenen Jahr. Nach Auswertungen der AOK Rheinland/Hamburg hat der Krankenstand im Rheinland im Jahr 2023 bei einem Rekordwert von 7,18 Prozent gelegen, in Nordrhein-Westfalen insgesamt war er mit 7,1 Prozent ähnlich hoch. Damit hat der Krankenstand im Westen erstmals dauerhaft die 7,0-Prozent-Marke überschritten. 7,1 oder 7,18 Prozent bedeutet, dass im Schnitt täglich mehr als 7 von 100 Beschäftigten ausgefallen sind. Die meisten Ausfälle gab es in den Branchen Pflege, Metallerzeugung, Ver- und Entsorgung sowie in der öffentlichen Verwaltung. Hauptgründe für die vielen Fehlzeiten waren Atemwegserkrankungen und Probleme mit dem Muskel-Skelett-Apparat, aber auch psychische Erkrankungen nehmen weiter zu – vor allem in der Pflegebranche.
Im Jahr 2022 hatte der Krankenstand bei den Beschäftigten im Rheinland noch bei 6,99 Prozent gelegen und damit um 2,7 Prozent niedriger, NRW-weit waren es 7,0 Prozent. Die Expertinnen und Experten der AOK Rheinland/Hamburg gehen davon aus, dass sich in den Rekordzahlen des Jahres 2023 von 7,18 Prozent im Rheinland und 7,1 Prozent in NRW auch die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) niederschlägt. 2022 ist diese bereits vielerorts genutzt worden, im vergangenen Jahr aber wurde sie zur Pflicht. Damit fließen nun alle ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeiten (AU) in die Statistik ein. Das muss berücksichtigt werden, wenn man die Zahlen des Jahres 2023 mit denen der Vorjahre vergleicht. Das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) der AOK Rheinland/Hamburg hat für die Analyse Daten von mehr als einer Million Versicherten ausgewertet und auch Erhebungen des Wissenschaftlichen Instituts (WIdO) der AOK hinzugezogen.
2,38 Krankmeldungen im Jahr 2023 pro Person
Es kommen aber noch weitere Gründe für die Rekordwerte hinzu. „Viele Menschen sehen sich mit komplexen Belastungen konfrontiert, die negative Folgen für ihre körperliche und seelische Gesundheit haben können. Auch die Arbeitswelt ist geprägt von grundlegenden gesellschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungen“, sagt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Konkret bedeutet das: „Digitalisierung und Flexibilisierung, demographischer Wandel, Klimakrise und Krieg sind Themen, die sich auf die Lebens- und Arbeitswelt von Beschäftigten und Unternehmen auswirken. Flexibilisierung heißt, dass feste Vorgaben und Strukturen im Unternehmen wegfallen, beispielsweise tariflich geregelte Gehälter oder ein Kündigungsschutz“, so Merit Kirch, Geschäftsführerin des BGF-Instituts.
Mit dem Krankenstand ist 2023 erneut auch die Zahl der Krankschreibungen gestiegen. Auf jeden Berufstätigen und jede Berufstätige im Rheinland kamen im vergangenen Jahr 2,38 Arbeitsunfähigkeitsmeldungen – 10,5 Prozent mehr als im Jahr 2022, in dem die AOK Rheinland/Hamburg 2,15 AU-Meldungen pro Person registriert hat. Aber es gibt auch eine positive Entwicklung im Jahr 2023: Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsdauer verkürzte sich im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent. Im Schnitt fielen jeder und jede Erkrankte bei einer AU-Meldung 11,0 Kalendertage aus, 2022 waren es 11,9 Kalendertage.
Atemwegsprobleme führen das Diagnose-Ranking an
Erkrankungen der Atemwege waren im Jahr 2023 der Grund für mehr als jeden vierten AU-Fall (27,5 Prozent). Etwa 13,7 Prozent aller Fälle entfielen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen. Es folgten Infektionen mit 9,5 Prozent, Verdauungserkrankungen mit 6,3 Prozent und psychische Probleme mit 4,9 Prozent.
Den höchsten Krankenstand wiesen 2023 die Beschäftigten der Pflegebranche mit 9,55 Prozent auf, gefolgt von der Branche Metallerzeugung mit 9,32 Prozent. Mit 8,92 Prozent folgen die Ver- und Entsorgung sowie die öffentliche Verwaltung mit 8,91 Prozent. Deutlich unterdurchschnittliche Krankenstände hat die AOK Rheinland/Hamburg in der Finanz- und Versicherungsbranche registriert (5 Prozent), im Gastgewerbe (4,74 Prozent) sowie in der Informations- und Kommunikationsbranche (4,32 Prozent). „Das kann im Zusammenhang mit einem vergleichsweise geringen Altersdurchschnitt sowie einer hohen Homeoffice-Quote gesehen werden“, sagt Merit Kirch.
Die mit großem Abstand höchsten Fallzahlen bei den Atemwegserkrankungen traten 2023 bei den Beschäftigten in Kitas und Schulen auf. Mit einem Plus von 11,3 Prozent war noch einmal eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 2022 zu
verzeichnen. Die Beschäftigten in der stationären und ambulanten Pflege führten 2023 das Ranking bei den psychischen Erkrankungen an. Überdurchschnittlich häufig traten seelisch bedingte Arbeitsunfähigkeitsfälle auch bei Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, im Gesundheitswesen und in Kitas und Schulen auf. Dabei war insbesondere in den Kitas und Schulen ein deutlicher Anstieg der AU-Fälle infolge psychischer Diagnosen zu verzeichnen (plus 17,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022).
Angebote für Unternehmen, die Gesundheit der Mitarbeitenden zu stärken
Die AOK Rheinland/Hamburg und das BGF-Institut unterstützen Betriebe dabei, die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten und die Widerstandsfähigkeit zu stärken. Nähere Infos gibt es dazu im Internet: www.bgf-institut.de
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