Corona: Beratungsbedarf in der Pflege mehr als verdoppelt
Mainz (ots)
Die Anzahl der Beratungsanfragen beim Verband Pflegehilfe hat sich 2020 mehr als verdoppelt. Ein ausschlaggebender Faktor dabei: Die Corona-Pandemie.
Das vergangene Jahr war für alle vom Coronavirus geprägt. Besonders hart getroffen hat die Pandemie pflegende Angehörige. Johannes Haas, Geschäftsführer des Verband Pflegehilfe, beschreibt die Lage der Betroffenen als unsicher: "Pflegekräfte fielen weg, die Versorgung war nicht mehr sichergestellt, es gab keine eindeutige Informationslage". Das alles habe die Angehörigen stark verunsichert. Hinzu kam die undurchsichtige Lage bei den Sonderregelungen und Beschränkungen.
Durch die verzweifelte Situation und die überlasteten Info-Hotlines stieg die Notwendigkeit eines direkten Ansprechpartners für diese pflegespezifischen Sorgen stark. Das zeigt sich deutlich an der Anzahl der Beratungsanfragen beim Verband Pflegehilfe. Die Zahl der geführten Pflegeberatungsgespräche stieg 2020 auf mehr als 600.000 an. Im Vorjahr waren es noch 250.000 gewesen.
Dreifachbelastung für pflegende Angehörige
Für pflegende Angehörige war und ist die Situation eine Dreifachbelastung. "Neben Job und Pflege nun auch noch die Pandemie. Es sind nicht nur die Versorgungslücken, die viele bedrücken, sondern vor allem die Angst, die Angehörigen anzustecken." Der Verband Pflegehilfe kann zumindest dabei helfen, die Belastung zu reduzieren und die Pflege neu zu organisieren. Daher wurden im letzten Jahr 70 neue Beraterinnen und Berater eingestellt, um dem gestiegenen Bedarf gerecht zu werden. Damit wächst die Pflegeberatung insgesamt auf 130 Mitarbeiter an.
Pflege zu Hause als Alternative zur Isolation im Pflegeheim
Immer wieder waren im vergangenen Jahr erschreckende Nachrichten aus Pflegeheimen zu lesen, in denen das Corona-Virus besonders hart zuschlug. Viele Familien bemühten sich daher, Ihre Angehörigen zu Hause zu versorgen, wenn das noch nicht der Fall war. Job und Pflege zu vereinbaren wurde zur neuen Hürde. Die Entlastungsmöglichkeiten wurden immer begrenzter.
24-Stunden-Pflegekräfte, die bereits viele Haushalte bei der Pflege zu Hause unterstützen, kommen oft aus dem Ausland. Sie können oder wollen aber aus Angst vor dem Corona-Virus oft nicht einreisen: "Viele Agenturen haben nicht mehr genug Pflegekräfte, die sie nach Deutschland schicken könnten", beschreibt Johannes Haas die Situation bereits im März 2020 gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Dem Verband Pflegehilfe gelang es dennoch, Anbieter zu finden, die Pflegekräfte einreisen lassen konnten. Diese wurden schnellstmöglich an Betroffene vermittelt, um die Versorgung der Pflegebedürftigen sicherzustellen. Finanzierbar sind die Pflegekräfte und Seniorenbetreuer auch über Zuschüsse. Diese wurden aufgrund der Pandemie sogar teilweise erhöht, um Mehrkosten und Lohnausfälle auszugleichen.
"Pflegen ist ein Kraftakt"
Für Pflegebedürftige zu sorgen ist jedoch nicht immer einfach. In einem Pflegeheim sind alle baulichen Gegebenheiten vorhanden, die das Umfeld altersgerecht machen und die Pflege erleichtern. Sind diese nicht vorhanden, werden Treppensteigen und Waschen auch für die Pflegeperson körperlich anstrengend und das Heben oder Stützen gefährdet die eigene Gesundheit.
"Pflegen ist im wahrsten Sinne ein Kraftakt", so Johannes Haas. "Deswegen beraten wir ebenfalls zu altersgerechten Umbaumaßnahmen, wie dem Umbau der Wanne zur Dusche oder dem Einbau eines Treppenlifts. Bei Bedarf werden dann auch die passenden Fachfirmen vermittelt". Denn Barrierefreiheit ist für die Pflege zu Hause eine große Erleichterung. Oft wissen die Familien nicht, dass sie auch für solche Maßnahmen Zuschüsse von der Pflegekasse oder der KfW erhalten können. "Auch darüber klären wir auf."
Doch neben den kostenlosen Beratungsleistungen hält der Verband Pflegehilfe stärkere Unterstützung für die Betroffenen seitens der Politik, vor allem für die Pflege zu Hause, für dringend notwendig. Pflegende Angehörige entlasten das Gesundheitssystem im Zuge der Pandemie mehr denn je. Dies sollte sich auch in den Unterstützungsleistungen widerspiegeln.
Verband Pflegehilfe
Der Verband Pflegehilfe berät seit 2008 Pflegebedürftige und deren Angehörige kostenlos zu den verschiedenen Angeboten für ein selbstbestimmtes Leben im Alter. Mit 130 Beraterinnen und Beratern und 600.000 Gesprächen allein im Jahr 2020 betreibt er die größte Pflegeberatung Deutschlands.
Der TÜV Saarland zeichnete den kostenlosen Service 2020 als "Sehr gut" aus. Die Beraterinnen und Berater sind an sieben Tagen in der Woche von 8 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 06131 / 26 52 032 zu erreichen. Weitere Informationen bietet die Verbands-Website: www.pflegehilfe.org.
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