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Wachsen Tierzellen auf Mikroalgen?

Wachsen Tierzellen auf Mikroalgen?
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Pressemitteilung der Hochschule Bremerhaven vom 17. Juli 2023

Wachsen Tierzellen auf Mikroalgen?

Hochschulprojekt „SerAZel“ sucht nach Alternative zu tierischen Nährmedien in der Zellforschung

Die Bedeutung der Zell- und Gewebeforschung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dadurch ist auch der Bedarf an verschiedenen Nährflüssigkeiten gestiegen, mit denen die Zellen kultiviert werden können. Diese werden in der Regel aus tierischen Produkten hergestellt. Im Projekt „SerAZel“ der Hochschule Bremerhaven beschäftigen sich die Doktorandinnen Hanna Eisenberg und Svenja Hütker mit der Frage, ob Mikroalgen die Grundlage für ein alternatives Nährmedium sein können. Demnächst starten die ersten Versuche.

Eine Nährflüssigkeit, die in der Zellforschung häufig verwendet wird, ist Fetales Kälberserum (FCS). Dieses gilt als besonders rein und frei von Abwehrsubstanzen, die der Zellkultur schaden könnten. Allerdings ist die Nutzung nicht nur teuer, sondern auch ethisch umstritten. Weil viele Inhaltsstoffe des Serums unbekannt sind, muss es aus den Tieren selbst gewonnen werden. Dabei sterben jährlich Millionen Kälber vor ihrer Geburt. Das Projektziel ist daher, dieses Serum möglichst vollständig durch ein Nährmedium auf Algenbasis zu ersetzen.

Die Vorarbeiten sind bereits gestartet. Hanna Eisenberg kultiviert im Labor für pflanzliche Zellen an der Bremerhavener Hochschule Rotalgen, aus denen das pflanzliche Nährmedium entstehen soll. „Wir extrahieren verschiedene Stoffklassen aus den Zellen der Rotalgen, zum Beispiel Proteine oder Lipide. Auf diese Weise können wir im Anschluss an den Tierzellen testen, welche Inhaltsstoffe der Algen sich als Nährmedium eignen und welche nicht“, so Eisenberg. Kultiviert werden die Rotalgen in einem speziellen Reaktor, in dem optimale Umgebungsbedingungen herrschen. „Rotalgen mögen extreme Standorte. Wir experimentieren mit verschiedenen pH-Werten und Temperaturen und untersuchen, unter welchen Bedingungen sie besonders gut wachsen“, ergänzt die Wissenschaftlerin.

Wenn die Algenextrakte fertig sind, übernimmt Svenja Hütker. Die Doktorandin arbeitet im Labor für tierische Zellen und bereitet derzeit alles für die ersten Experimente vor: „Für unsere Untersuchungen wollen wir Tierzellen in verschiedenen Nährmedien kultivieren. Unser Ziel für die nächsten Wochen ist zunächst, dass genügend Protein in den Extrakten vorhanden ist, also, dass das Algenserum eine ähnliche Proteinkonzentration wie das FCS hat. Wenn das Serum nicht ausreicht, um das Zellwachstum aufrechtzuerhalten, verwenden wir Kälber- und Algenserum in verschiedenen Mischverhältnissen. Um die Ergebnisse interpretieren zu können, läuft immer eine Kontrollgruppe mit reinem FCS mit. So können wir untersuchen, wie sich die unterschiedlichen Seren auf das Zellenwachstum auswirken und ob manche Zusammensetzungen möglicherweise sogar toxisch für die Zellen sind“, so Hütker.

Bei den Experimenten komme es auch auf das richtige Timing an. „Tierzellen sind kleine Diven. Wenn man sie nicht im passenden Moment aus den Kulturflaschen entnimmt und in ein Nährmedium setzt, sterben sie ab. Zu früh darf man sie allerdings auch nicht umsetzen, weil sich dann zu wenige in der Nährflüssigkeit befinden. Ein Beispiel: Wenn meine Zellen theoretisch bereit sind fürs Experiment, ich aber noch keine Proben habe, dann muss ich Zellen umsetzten. Wenn diese aber frisch umgesetzt sind, kann ich kein Experiment starten, weil ich zu wenige Zellen habe und dann verzögert sich alles.“, sagt Hütker. Wenn Hanna Eisenberg Proben vorbeibringt, müssen immer genügend Zellen vorhanden sein, um direkt mit den Versuchen starten zu können. Die beiden Doktorandinnen arbeiten daher eng zusammen und tauschen sich über den aktuellen Stand ihrer Arbeit aus.

Wenn sich im Projekt herausstellt, dass Rotalgen sich als Nährmedium für tierische Zellen eignen, hätte dies einen weiteren Vorteil: Da ihre Inhaltstoffe bereits jetzt in medizinischen und kosmetischen Produkten verwendet werden, ließe sich die Alge fast vollständig verwerten. Perspektivisch soll auch untersucht werden, ob sich die Zellforschung noch nachhaltiger gestalten lässt. „Das Besondere an Rotalgen ist, dass sie auf Zuckerquellen wachsen. Man könnte beispielsweise Überreste aus der Lebensmittelproduktion nutzen, um die Algen zu kultivieren. Das wäre ein zusätzlicher Nachhaltigkeitsaspekt“, sagt Prof. Dr. Imke Lang, die gemeinsam mit Prof. Dr. Felicitas Berger das Projekt leitet. Damit auch Aspekte der Wirtschaftlichkeit beachtet werden, unterstützt die SUPREN GmbH als Projektpartner.

Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Projektträger Jülich (PTJ).

Mit Begeisterung studieren, lehren und forschen – dafür steht die Hochschule Bremerhaven. In mehr als 20 praxisnahen und innovativen Studiengängen profitieren die rund 3.000 Studierenden von der engen Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft und modernen Lehr- und Lernansätzen. Die zahlreichen Forschungsaktivitäten der „Hochschule am Meer“ wurden bereits vielfach ausgezeichnet und unterstützen nachhaltige Entwicklungen in der Region und darüber hinaus.

Pressekontakt:
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Nadine Metzler
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