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Reparieren statt wegwerfen. Das Recht auf Reparatur: In Europa bald Realität?

Reparieren statt wegwerfen. Das Recht auf Reparatur: In Europa bald Realität?
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Das Recht auf Reparatur: In Europa bald Realität?

Wenn die Gewährleistung für ein Gerät abgelaufen ist und es kaputt geht, ist aktuell der Austausch oft einfacher und günstiger als die Reparatur. Um dem entgegenzuwirken, übermäßigen Konsum zu bekämpfen und die Ziele des „European Green Deal“ (Klimaneutralität der EU bis 2050) zu erreichen, will die Europäische Union die Reparatur von Produkten systematisch fördern. Dazu wurde am 22. März 2023 ein Richtlinien-Vorschlag seitens der Europäischen Kommission vorgelegt.

Vorrang der Reparatur vor dem Austausch

Bei Geräten, bei denen sich innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf in der EU ein Mangel zeigt, können Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung vom Verkäufer die Reparatur oder den Austausch des Produktes verlangen. Wenn beides nicht möglich ist, die Erstattung des Kaufpreises. Die nun vorgeschlagene Richtlinie sieht für Produkte, die noch unter die Gewährleistung fallen, vor, dass die kostenlose Reparatur Vorrang vor dem Austausch hat. Unter der Bedingung, dass die Reparatur nicht teurer ist als der Ersatz.

Reparaturpflicht für den Hersteller oder den Importeur

Für defekte Geräte, die nicht mehr unter die Gewährleistung fallen, sieht der Vorschlag eine Verpflichtung des Herstellers vor, die Reparatur des Gerätes grundsätzlich anzubieten. Oder, falls dieser nicht in der EU sitzt, für den Importeur. Allerdings gilt das nur für bestimmte Produktkategorien (z. B. Kühlschränke, Waschmaschinen, Telefone, Fernseher), die "technisch reparierbar" sind und sofern die konkrete Reparatur möglich ist. Wie lange nach dem Kauf die Reparatur des Produktes angeboten werden muss, hängt von der Art des Produktes ab und wird wohl zwischen 5 und 10 Jahren liegen. Die Kosten der Reparaturen sind in diesem Fall jedoch vom Käufer zu tragen.

Damit Verbraucher einfacher eine Reparaturwerkstatt finden können, sollen alle EU-Mitgliedsstaaten zudem eine kostenlose Online-Plattform einrichten.

Schließlich soll ein europaweit einheitliches Formular eingeführt werden, um die Verbraucherinnen und Verbraucher über den Preis und die Bedingungen der Reparatur zu informieren und so den Wettbewerb zu fördern. Das Formular muss vor der Beauftragung der Reparatur eines Produktes ausgehändigt werden.

Maßnahmen zur Förderung der Reparatur von Produkten in den EU-Ländern

Ein defektes Produkt zu reparieren, anstatt es auszutauschen, wird bereits in einigen EU-Ländern gefördert.

Frankreich zum Beispiel schreibt vor, dass Verkäufer die Verbraucher beim Kauf im Geschäft über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen informieren müssen. Außerdem hat es einen Reparaturfähigkeitsindex eingeführt. Dieser Hinweis ist verpflichtend auf 11 Gruppen von Konsumgütern (z.B. Waschmaschinen, Smartphones und Laptops) anzubringen. Die offizielle Website longuevieauxobjets.gouv.fr ermöglicht es außerdem, eine Reparaturwerkstatt in der Nähe des eigenen Wohnortes zu finden.

Neun Mitgliedstaaten haben außerdem beschlossen, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf kleine Reparaturen bestimmter Produkte (u. a. Schuhe, Kleidung, Fahrräder) anzuwenden: 6 % in Belgien oder Portugal, 8 % in Luxemburg, 9 % in den Niederlanden, 12 % in Schweden.

Und in Griechenland müssen Ersatzteile für die gesamte geschätzte Lebensdauer des Produkts zur Verfügung gestellt werden.

In Deutschland und Österreich gibt es Pilot-Projekte mit staatlich geförderten sog. Reparaturgutscheinen. Mit diesen können sich Verbraucherinnen und Verbraucher einen Teil der Reparaturkosten erstatten lassen.

Forderungen des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland

Der Richtlinienvorschlag muss in den kommenden Monaten noch das Europäischen Parlament und den EU-Rat passieren. Damit er zu einem effektiven Recht auf Reparatur führt, fordert das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland:

  • Reparaturpflicht für alle Arten von Produkten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes,
  • genaue Definition, in welchen Fällen eine Reparatur „unmöglich“ ist,
  • Festhalten an der Idee eines digitalen Produktpasses mit mehr Verbraucherinformationen zu Reparierbarkeit, sozialem und ökologischem Fußabdruck, Lieferkette sowie den gesetzlichen Rechten und kommerziellen Garantien,
  • Klarstellung, ob diese Regelungen auch für Software gelten.

„Mit dem nun vorgelegten Vorschlag ist ein wichtiger, erster Schritt in Richtung Recht auf Reparatur getan. Aus Sicht des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland geht der Entwurf an einigen Stellen jedoch nicht weit genug. Vor allem erstreckt sich die Reparaturpflicht laut Entwurf nur auf diejenigen Produkte, die in separaten Ökodesign-Verordnungen erfasst sind. Ein großer Teil der verkauften Elektro-Geräte sind aber Produkte, die gerade nicht unter eine solche Verordnung fallen. Für diese gilt die Pflicht damit weiterhin nicht. Dies ist für Verbraucher und Umwelt nachteilig“, sagt Felicitas Wühler, Juristin beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.

Für Interview-Anfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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