Syrien: Türkische Militärs vor Afrin
medico-Partner leisten medizinische Nothilfe und befürchten Häuserkämpfe
Frankfurter Hilfsorganisation kritisiert Schweigen der Bundesregierung
Frankfurt/Main (ots)
Ähnlich wie im syrischen Ost-Ghouta spitzt sich nun auch die Situation im syrisch-kurdischen Kanton Afrin zu. Noch sind die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung laut der Ärzte und medico-Partner in Afrin verglichen mit Ost-Ghouta gering. Das könnte sich, so befürchten die Mediziner vor Ort, sehr schnell ändern, denn die türkische Truppen und ihre syrisch-dijahidistischen Allierten sind nur noch wenige Meter von der Stadt Afrin entfernt. Die Außenbezirke der Stadt liegen unter Dauerbeschuss von Mörsergranaten. Die Strom- und Wasserversorgung ist wohl unterbrochen. 800.000 Menschen leben schätzungsweise in Afrin, darunter viele Flüchtlinge aus anderen Regionen Syriens. Auch sind viele Menschen aus den Dörfern und Flüchtlingslagern rund um Afrin aufgrund der Angriffe in die Stadt geflohen.
Afrin ist eine der letzten sicheren Regionen in Syrien gewesen. Die Menschen werden deshalb, so die medico-Partnern, trotz der drohenden langen Häuserkämpfe in der Stadt bleiben. So leben im Kanton Afrin auch viele Jeziden, die hier zum ersten Mal Religionsfreiheit erhalten haben. Nicht nur sie fürchten die dijahidistischen Verbände, die zum Teil auch bei den Angriffen gegen die Jeziden im Shingal 2014 dabei waren, als mehrere tausend Frauen entführt und versklavt wurden. Auch die kurdischen Bewohnerinnen und Bewohner teilen schreckliche Erinnerungen an deren Anschläge und Massaker unter anderem in Kobane.
Die Bundesregierung, so medico, müsse beim NATO-Partner Türkei massiv intervenieren, um eine schreckliche weitere Spirale im syrischen Konflikt zu verhindern. "Stattdessen schweigt die Bundesregierung. In Syrien sind in Deutschland produzierte Panzer im Einsatz. In Deutschland werden Kurden kriminalisiert, die sich mit den Menschen in Afrin solidarisch erklären. Die Bundesregierung bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Zuschauen und Billigung des türkischen Militäreinsatzes, dessen Ende in keiner Weise absehbar ist", so Katja Maurer von medico international. Es sei zu befürchten, dass im Hintergrund auch das völkerrechtswidrige EU-Türkei-Abkommen eine wichtige Rolle spiele. "Das will man auf keinen Fall gefährden. Und so schaut man zu, wie die syrische und kurdische Bevölkerung in einer Falle sitzt", so Maurer. Eine stärkere politische Rolle der EU und Deutschlands, die auf Einhaltung des Völkerrechts und der UN-Beschlüsse wie zuletzt auch bezüglich von Ost-Ghouta drängt, sei dringend geboten. Dazu müsse man aber von eigenen unmittelbaren Interessenlagen wie im Fall der Flüchtlinge absehen.
Medico unterstützt seit 2011 Partner in Syrien, die medizinische und andere Nothilfe u.a. in den kurdischen Gebieten aber auch in Ost-Ghouta leisten.
Spenden für die Nothilfe werden dringend erbeten. Die Stichworte lauten: "Syrien" oder "Rojava".
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