Angela Merkel steht zu den Gewerkschaften - CDU-Chefin im Interview mit den NRW-Lokalradios
Oberhausen (ots)
Bei ihrem heutigen Besuch bei radio NRW nahm Parteichefin Angela Merkel im Interview mit den NRW-Lokalradios auch noch zu folgenden Fragen Stellung:
FDP-Chef Westerwelle hatte die Gewerkschaften am Wochenende als "wahre Plage für Deutschland" bezeichnet und angekündigt, sie im Falle eines Regierungswechsels zu entmachten. Wie stehen Sie, Frau Merkel, zu den Aussagen?
"Die FDP hat öfter schon solche Worte gebraucht, das ist nicht meine Sprache. Wir brauchen die Gewerkschaften und wir brauchen Arbeitgeberverbände. Das ist das Wesen der sozialen Marktwirtschaft, dass es eine Partnerschaft gibt. Wir können darüber reden, ob in Zeiten der Globalisierung manches flexibler, manches schneller sein muss, ob man den Betriebsräten mehr Möglichkeiten gibt zu agieren. Aber auf gar keinen Fall können wir jetzt einen Feldzug gegen die Gewerkschaften beginnen...Ich möchte eine vernünftige Sozialpartnerschaft, bei der im Zweifelsfalle die Betriebsräte eher mehr zu sagen haben als weniger, aber ohne Gewerkschaften wird das nicht gehen", so Angela Merkel.
Zu der schwelenden Kapitalismus-Debatte in Deutschland äußerte sich Angela Merkel wie folgt:
"Jeder Investor, der bei uns Arbeitsplätze schafft, ist uns herzlich willkommen." Merkel warnte:"...wir dürfen auf gar keinen Fall in eine Lage kommen, wo man im Ausland denkt, in Deutschland sind wir nicht willkommen."
Merkel betonte: "Ich bin jemand, der sagt, wir brauchen eine soziale Marktwirtschaft die auch im 21. Jahrhundert das schafft, was sie im 20. Jahrhundert geschafft hat."
In diesem Zusammenhang kritisierte Merkel die Bürokratie in Deutschland. "Wir sind in vielen Fragen zu langsam". Die Deutschen hefteten sich "Bleisohlen an die Schuhe", was zur Folge habe, dass "wir es viel schwerer haben im Wettbewerb mitzuhalten, während die anderen die modernsten Sprintschuhe anhaben."
Zur Kapitalismus-Kritik der SPD sagte Merkel: "Handeln und Worte der SPD passen nicht zusammen." Die Bundesregierung könne doch nicht "staatliche Unternehmen privatisieren an Finanzinvestoren und sie gleichzeitig beschimpfen", bemängelte Merkel. "Wir müssen uns fragen, ob Deutschland an den neuen Arbeitsplätzen, die auf der Welt entstehen, den ausreichenden Anteil hat." Sie könne nicht ausschließen, dass es bei den Unternehmen "schwarze Schafe" gäbe, aber der "eigentliche Punkt sei, dass die Menschen sich fragen: Haben wir genügend Chancen in unserem Land, neue Arbeitsplätze zu bekommen?...Und da dürfen wir uns nicht immer neue Bürokratie aufbürden."
Wie stehen Sie zur Senkung der Körperschaftssteuer?
"Wir sind vom Grundsatz bereit, aber nicht auf Pump." An diesem Mittwoch will Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) seine Vorschläge zur Gegenfinanzierung im Bundeskabinett einbringen. Eichel's Pläne, die Ausfälle durch Steuermehreinnahmen zu finanzieren, bezeichnete Merkel als "Luftbuchungen" und fügte hinzu: "Herr Eichel rechnet immer zu positiv, macht dadurch immer zu viele Schulden, und da können wir nicht mitgehen. Wenn wir nicht eine solide Gegenfinanzierung finden, dann können wir die Körperschaftssteuer nicht so stark senken."
Ungelöst sieht die CDU-Chefin auch die Gegenfinanzierung bei der Reform der Erbschaftssteuer. Finanzminister Eichel will einen Gesetzentwurf seines bayerischen CSU-Kollegen Kurt Faltlhauser noch vor der Sommerpause verabschieden. Merkel: "Damit haben wir unseren Beitrag zu den Verabredungen des Gespräches mit dem Bundeskanzler geleistet." Anders als der Finanzminister, so Merkel weiter, werden "wir auch einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung vorbereiten, denn das kostet ja auch 500 Millionen Euro Steuerausfall, das muss gegenfinanziert werden."
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