Über 100.000 Euro für Kulturvermittlung in Deutschland: die sechs Preisträger "ZukunftsGut 2022" stehen fest - weitere Preise für Shortlist-Kandidaten
Frankfurt am Main (ots)
- Auszeichnung in den beiden Kategorien urbaner und ländlich-kleinstädtischer Raum
- Focke-Museum Bremen und Theater Tempus fugit aus Lörrach belegen jeweils ersten Platz
- Consol Theater Gelsenkirchen und Jüdisches Museum Rendsburg auf Platz 2, Konzerthaus Dortmund und Eisfelder Sommerkonzerte auf Platz 3
- Alle Kultureinrichtungen stehen für eine auf breite Teilhabe ausgerichtete, institutionenübergreifende und strategisch angelegte Vermittlungsarbeit
Bereits zum dritten Mal vergibt die Commerzbank-Stiftung "ZukunftsGut" - Deutschlands ersten und höchst dotierten Preis für institutionelle Kulturvermittlung. Die Preisverleihung, begleitet von einem umfangreichen Fachprogramm mit Praxisworkshops, fand am 27. Oktober in Frankfurt am Main statt. In diesem Jahr wurden sechs Preisträger in den zwei Kategorien urbaner und ländlich-kleinstädtischer Raum gekürt, sowie weitere 14 Shortlist-Einrichtungen ausgezeichnet - und das mit der Rekordsumme von gesamt 108.000 Euro. Das Fördergeld der beiden ersten Preise in Höhe von jeweils 25.000 Euro geht an das Focke-Museum in Bremen und das Theater Tempus fugit in Lörrach, Baden-Württemberg. Die zweiten Preise in Höhe von jeweils 10.000 Euro erhalten das Consol Theater in Gelsenkirchen und das Jüdische Museum Rendsburg in Schleswig-Holstein. Die beiden dritten Preise in Höhe von jeweils 5.000 Euro gehen an das Konzerthaus Dortmund und die Eisfelder Sommerkonzerte in Südthüringen.
"Wir waren auch in diesem Jahr begeistert von den 133 Einreichungen, die deutlich machen, wie wichtig die Würdigung und die damit einhergehende Stärkung der Kulturinstitutionen durch diesen Preis ist", sagt Astrid Kießling-Taskin, Vorständin der Commerzbank-Stiftung anlässlich der Preisverleihung. "Vor allem die 20 Einrichtungen auf der Shortlist lagen nach Meinung der 7-köpfigen Fachjury qualitativ sehr eng beisammen. Daher haben wir uns dazu entschieden, neben den sechs Hauptpreisen auch nochmals die 14 verbleibenden Einrichtungen mit jeweils 2.000 Euro Fördergeld zu würdigen. Damit setzen wir ein bundesweites Zeichen für die hohe Relevanz der institutionellen Kulturvermittlung."
Mit den sechs Preisträgern zeigt "ZukunftsGut" wieder wesentliche Entwicklungen innerhalb der Kulturlandschaft. Neben der für den Preis konstitutiven strukturell verankerten und strategisch ausgerichteten Kulturvermittlung im eigenen Haus machen die Preisträger 2022 deutlich, wie kulturelle Bildung in Städten, Kommunen und im ländlichen Raum gelingen kann. Im Mittelpunkt steht hier die nachhaltige Zusammenarbeit mit einer diversen Community.
Birgit Mandel, fachliche Leiterin der Jury, erläutert das Votum: "Auffällig ist, dass die Bewerbungen im Vergleich zu 2018 und 2020 noch professioneller geworden sind und dass manches, was wir in den Vorjahren als beispielhaft ausgezeichnet haben, inzwischen Standard in vielen Häusern ist, wie dauerhafte Partnerschaften mit Schulen oder partizipative bzw. ko-kreative Projekte. Darum haben wir diesmal in den Bewerbungen noch stärker darauf geachtet, dass Kulturvermittlung von allen Abteilungen einer Institution mitgestaltet wird. Ebenso ist uns wichtig, dass sich die Einrichtungen über Impulse aus kulturvermittelnden Aktivitäten auch selbst in ihrer eigenen Haltung hinterfragen und strukturell verändern. Beispielsweise ihre Programme und Formate neu und vielfältiger ausrichten oder ihr eigenes Team diverser aufstellen, um unterschiedliche Interessen und soziale Hintergründe besser zu repräsentieren. Der Publikumsschwund im Zuge der Pandemie fordert besonders die klassischen öffentlichen Einrichtungen noch stärker heraus, sich sehr aktiv um altes und neues Publikum zu bemühen und dessen veränderte Interessen und Bedürfnisse zu berücksichtigen."
Die Preisträger von "ZukunftsGut" 2022 zeigen laut der Fachjury, dass ein aktives Community-Building und diversitätssensible Kooperationen mit vielfältigen Einrichtungen einer Stadt oder Nachbarschaft zentral sind, um als Kultureinrichtung sichtbar und relevant zu bleiben.
Regional wird jeder miteinbezogen
Im ländlich-kleinstädtischen Raum setzt das Theater Tempus fugit aus Lörrach in Baden-Württemberg eine große Vielfalt an Theaterformen um, ganz nach dem Prinzip 'Theater an vielen Orten'. Das Theater spricht nicht nur ein diverses Publikum an, sondern bezieht es aktiv in den Entstehungsprozess mit ein. Es möchte ein offenes Haus für alle sein. So findet regelmäßig eine Großproduktion mit Grundschulkindern, Geflüchteten, intergenerativen Gruppen und professionellen Schauspieler*innen statt, womit es unterschiedlichste Zielgruppen vor Ort vereint. Dabei geht es auch darum, die vermeintlichen Grenzen zwischen einer sogenannten Hochkultur und kultureller Bildungsarbeit aufzuheben.
Das Jüdische Museum Rendsburg in Schleswig-Holstein bietet vielfältige und experimentelle Möglichkeiten zur Teilhabe an. Kontinuierlich finden dialogische Formate statt, die Besucher*innen mit ihrer Geschichte und Meinung Teil der Ausstellung werden lassen.
Die Eisfelder Sommerkonzerte in Südthüringen begeistern unter dem Motto 'Alte Musik mit neuen Ohren!' das Publikum. Es gibt beispielsweise Konzerte, bei denen Musiker*innen ihr Publikum dort treffen, wo ihr Leben spielt: auf Dorfplätzen, Spielplätzen, bei der freiwilligen Feuerwehr oder in den Dorfkirchen.
Der urbane Raum vereint gemeinsam
Im urbanen Raum konnte sich das Focke-Museum in Bremen durchsetzen. Es ist ein Ort kultureller und identitätsstiftender Teilhabe, bei dem sich Initiativen, Schulen, Familien und viele mehr aktiv begegnen. Hier geht es neben klassischem kulturellem Erbe vor allem um die (im)materiellen Spuren, die Menschen im Laufe der Geschichte in der Stadt hinterlassen haben. Das Museum hat sich sehr bewusst und transparent auf den Weg gemacht, sich zu öffnen, um einen inklusiven und relevanten Ort für unterschiedliche Gruppen zu gestalten. Dabei kommt der Vermittlung auch die Rolle des Impulsgebers und Mediators zu.
Das Consol Theater auf einem ehemaligen Zechengelände in Gelsenkirchen wiederum verbindet künstlerische Experimente mit der Förderung des kreativen Potentials von Amateur*innen, um so aktuelle Themen zu verhandeln. Das Theater ist damit ein lebendiger Ort des sozialen Miteinanders von Menschen verschiedener Altersgruppen und Herkünften.
Und nicht zuletzt schafft es das Konzerthaus Dortmund, gerade Menschen, die sonst nicht die klassischen Konzerthausbesucher sind, aktiv einzubinden. Über zahlreiche Programme, die im eigenen Stadtviertel präsent sind, führt das Haus einen stetigen Dialog mit der Bevölkerung vor Ort. Mit ihrem Konzept der "Community Music" setzen sie dabei auf langfristige Zusammenarbeit mit den Organisationen und Menschen in der Nachbarschaft. Dabei geht es nicht zuletzt auch darum, eine Vertrauensbasis aufzubauen, um so Verstetigung zu erzielen.
ZukunftsGut
Mit dem Preis "ZukunftsGut" zeichnet die Commerzbank-Stiftung Kulturinstitutionen aus, denen es nach Meinung der Jury am erfolgreichsten gelingt, den Stellenwert von Kulturvermittlung als Kern- und Querschnittsfunktion in den Einrichtungen im Sinne von verändertem Leadership, Transformation und Öffnung zu stärken. In diesem Jahr erfolgt die Verleihung erstmalig mit jeweils drei Preisen in den zwei Kategorien urbaner und ländlicher bzw. kleinstädtischer Raum, zu denen sich die Bewerber selbst zugeordnet haben. Zum einen, um gezielt die Vielfalt der Kultureinrichtungen in Deutschland anzusprechen. Zum anderen, um den unterschiedlichen Voraussetzungen mit Blick auf Publikum, Reichweite und Auftrag stärker gerecht zu werden.
Auch 2022 ist die Kulturpolitische Gesellschaft e. V. Partnerin des ZukunftsGut-Preises.
Auf die Shortlist "ZukunftsGut" 2022 hat die Fachjury die folgenden 20 Einrichtungen aufgenommen (in alph. Reihenfolge). Jede Einzelne, so die einhellige Meinung der Jurymitglieder, zeigt, wie ein zentral verankerter Bildungsauftrag mit einer zeitgemäßen Vermittlung von kulturellem Erbe verbunden wird.
Ländlicher/kleinstädtischer Raum:
- Eisfelder Sommerkonzerte (3. Platz)
- Ensemble Quillo, Falkenhagen
- Franziskanermuseum, Villingen-Schwenningen
- Heimatmuseum Egling
- Jüdisches Museum Rendsburg (2. Platz)
- Kunstmuseum Marburg
- Museum Abtei Liesborn
- Museum Biberach
- Schlossmuseum Jever
- Theater Tempus fugit, Lörrach (1. Platz)
Urbaner Raum:
- Consol Theater Gelsenkirchen (2. Platz)
- Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt
- Festspielhaus Baden-Baden
- Focke-Museum, Bremen (1. Platz)
- Jüdisches Museum Frankfurt
- Konzerthaus Dortmund (3. Platz)
- LOFFT- Das Theater, Leipzig
- Niedersächsische Staatstheater Hannover/Schauspiel
- Spielzeugmuseum, Nürnberg
- Zukunftslabor/Kammerphilharmonie Bremen
Die Mitglieder der Fachjury sind (in alph. Reihenfolge):
- Teresa Darian, Bereich Bildung, Kulturstiftung des Bundes, Halle a. d. Saale
- Deniz Elbir, Beauftragter für Diversität, Integration und Antirassismus der Stadt Neuss
- Marc Grandmontagne, Leiter KULTUREXPERTEN Österreich und freier Kulturberater, Wien
- Puneh Henning (Vorjury), Kuratorin und Kunstvermittlerin, Frankfurt
- Kerstin Hübner, Leiterin des Fachbereichs Kooperationen und Bildungslandschaften in der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung
- Astrid Kießling-Taskin (Vor- und Hauptjury), Vorständin Commerzbank-Stiftung
- Prof. Dr. Birgit Mandel (fachliche Leitung Vor- und Hauptjury), Direktorin Institut für Kulturpolitik und Leitung des Bereichs Kulturmanagement und Kulturvermittlung an der Universität Hildesheim
- David Vuillaume, Geschäftsführer Deutscher Museumsbund
Pressekontakt:
Sarah Scaduto +49 69 136-29006
Pressefotos
Ab dem 28.10.2022 auf der Projektwebsite
www.commerzbank-stiftung.de/zukunftsgut/zukunftsgut-2022
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