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Studie zu Luftqualität und Ansteckungsrisiken in deutschen Klassenzimmern: Lüften, Luftreiniger und Lüftungsanlagen im Vergleich

Studie zu Luftqualität und Ansteckungsrisiken in deutschen Klassenzimmern: Lüften, Luftreiniger und Lüftungsanlagen im Vergleich
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Können unsere Schulen auch bei andauernd hohen Covid-19-Inzidenzen geöffnet bleiben? Durch Lüften, Luftreiniger oder Lüftungsanlagen kann die Aerosol-Konzentration und damit das Infektionsrisiko reduziert werden. Das Forschungsprojekt „Sicheres Klassenzimmer“ untersucht mittels Sensoren die tatsächlichen Luftverhältnisse in 233 Klassenzimmern. HM-Professor Christian Schwarzbauer stellt nun erste Zwischenergebnisse des laufenden Forschungsprojekts vor.

>>> SPERRFIRST 9. Dezember 2021 4.30 Uhr

8. Dezember 2021 – Wie steht es eigentlich mit der Luftqualität in unseren Klassenzimmern? Mit welchen Lüftungskonzepten kann das Infektionsrisiko für SARS-CoV-2 nachhaltig reduziert werden? Um dieser Fragen auf den Grund zu gehen, startete die HM im Juli dieses Jahres das Projekt „Sicheres Klassenzimmer“. Inzwischen nehmen 233 Klassenzimmer in 52 Schulen im Großraum München sowie in der Stadt Mainz an dem Projekt teil. Projektleiter und Initiator des Forschungsprojekts Prof. Dr. Christian Schwarzbauer von der Hochschule München (HM) erhebt mittels Sensoren die Luftqualität in den Klassenräumen während des gesamten Schuljahrs. Inzwischen liegen erste Zwischenergebnisse vor: „Wir haben dazu die Daten von über 7000 Unterrichtstagen ausgewertet,“ sagt Schwarzbauer.

CO2-Konzentration: Ein Indikator für die Ansteckungsgefahr mit SARS-CoV-2

Für die Bewertung der Luftqualität wurde unter anderem die CO2-Konzentration untersucht. Die ausgeatmete Luft und das darin enthaltenen CO2 verbreiten sich in einem abgeschlossenen Raum relativ schnell. „Die CO2-Konzentration ist deshalb ein gutes Maß für den Anteil der ausgeatmeten Luft im Klassenzimmer“ erklärt Schwarzbauer. Neben CO2 enthält die ausgeatmete Luft jedes Menschen auch Aerosole, die eine wichtige Rolle bei der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 spielen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt das Umweltbundesamtes (UBA) während des Unterrichts alle 20 Minuten mit weit geöffneten Fenstern zu lüfteten (Stoßlüftung). „Unsere Daten zeigen, dass diese Empfehlung in der Praxis kaum umgesetzt wird: Der Anteil der regelmäßig alle 20 Minuten gelüfteten Klassenzimmer lag unter 8%,“ sagt Schwarzbauer. „In den meisten Klassenzimmern wurde in der Regel nur nach jeder Unterrichtsstunde oder lediglich während der Pausen gelüftet.“ Entsprechend der Einschätzung des UBA ist ein Raum ausreichend belüftet, wenn die CO2-Konzentration während einer Unterrichtsstunde im Mittel bei 1000 ppm oder kleiner gehalten wird. Das Balkendiagramm (Abbildung 1) zeigt den Anteil der Unterrichtstage, an denen die durchschnittliche CO2-Konzentration über dem UBA-Grenzwert von 1000 ppm lag. Bei der Auswertung wurde die Wirkung von unterschiedlichen Lüftungskonzepten verglichen.

Lüftungskonzepte im Vergleich: Fensterlüftung und Luftreiniger

Bei der klassischen Fensterlüftung wurde der CO2-Grenzwert an 25,3% der Unterrichtstage überschritten. In Klassenzimmern mit CO2-Monitoren wie etwa CO2-Ampeln lag der Wert etwas niedriger bei 22,4%. Der höchste Wert von 34,2% ergab sich nach Schwarzbauer in Klassenzimmern mit mobilen Luftreinigern: „Offenbar wurde in diesen Klassenzimmern im Durchschnitt weniger gut gelüftet. Diese Geräte entfernen zwar schädliche Aerosole aus der Luft, nicht aber das CO2. Wichtig ist deshalb, dass zusätzlich ausreichend gelüftet wird. Dauerhaft erhöhte CO2-Konzentrationen haben einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden und die kognitive Leistungsfähigkeit der Schüler und Schülerinnen.“

Unbemerkte Ausfallzeiten: Verminderte Wirksamkeit von raumlufttechnischen Anlagen

In Klassenzimmern, die mit raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) ausgestattet sind, lag der Anteil der Unterrichtstage mit Grenzwertüberschreitung bei 22,8%. „Dieses Ergebnis ist schon erstaunlich,“ sagt Schwarzbauer, „denn RLT-Anlagen gelten weitläufig als Goldstandard bei der Belüftung von Innenräumen.“

„Anhand der Daten konnten wir sehen, dass viele der untersuchten RLT-Anlagen für den Betrieb in Coronazeiten nicht richtig eingestellt waren. Auch bei der Zuverlässigkeit gab es Probleme,“ sagt Schwarzbauer. Teilweise wurden mehrtägige Ausfälle mit stark erhöhten CO2-Werten beobachtet, in einem Fall stieg dabei die CO2-Konzentration auf über 4700 ppm. „Vermutlich wird ein Ausfall nicht immer sofort von der Lehrkraft bemerkt, weil diese Anlagen in der Regel sehr leise laufen. Man verlässt sich auf die Anlage, die Fenster bleiben geschlossen. Die CO2-Konzentration und damit auch die Aerosol-Konzentration steigen dann schnell auf hohe Werte und das Infektionsrisiko ist damit stark erhöht,“ erklärt Schwarzbauer die Folgen.

Dezentrale Lüftungsanlagen und Abluftventilatoren zeigen die beste Wirksamkeit

Deutlich bessere Ergebnisse wurden mit dezentralen Lüftungsanlagen erzielt. Der Anteil der Unterrichtsstunden, bei denen der UBA-Grenzwert überschritten wurde, lag hier bei nur 4,0% Prozent. Ähnlich gut, mit einem Wert von 4,6% schnitten ventilatorgestüzte Fensterlüftungssysteme ab, wie etwa die Basisversion des ‚Mainzer-Lüftungssystems’, welches vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz konzipiert wurde.

Modellierung der Viruskonzentration in einem virtuellen Klassenzimmer

Das Liniendiagramm (Abbildung 2) zeigt den theoretischen Verlauf der Virus-Konzentration während einer Unterrichtszeit von 90 Minuten für vier verschiedene Lüftungsszenarien. Für die Berechnung wurde angenommen, dass eine Schülerin oder ein Schüler infektiös ist. Wird das Klassenzimmer, wie vom UBA empfohlen, alle 20 Minuten gelüftet, so ergibt sich eine deutlich niedrigere Virus-Konzentration, als wenn lediglich nach jeder Unterrichtsstunde, also alle 45 Minuten, gelüftet wird. Mit Lüftungsanlagen oder mobilen Luftreinigern kann die Virus-Konzentration dauerhaft auf einem niedrigen Niveau gehalten werden, wenn das 3- bis 6-fache des Raumvolumens pro Stunde gegen Frischluft ausgetauscht bzw. gereinigt wird.

Berechnung des Infektionsrisikos in realen Klassenzimmern

Aus den erhobenen Daten wird das Forscherteam um Schwarzbauer mithilfe eines biophysikalischen Modells auch Aussagen zum tatsächlichen Infektionsrisiko in den teilnehmenden Klassenzimmern ableiten: „Wir gehen davon aus, dass wir die entsprechenden Zwischenergebnisse innerhalb der nächsten 3 bis 4 Wochen vorstellen können.“

Das Forschungsprojekt "Sicheres Klassenzimmer" ist eine Initiative der Hochschule München in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TU München, der LMU München und des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.

Gerne erhalten Sie einen Interviewtermin mit Prof. Dr. Christian Schwarzbauer per Mail.

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