All Stories
Follow
Subscribe to McKinsey & Company

McKinsey & Company

McKinsey: Retail-Banken vor unsicherer Zukunft

Frankfurt (ots)

Branche steht trotz Rekordgewinnen vor erheblichen 
   Strukturproblemen - Scharfer Wettbewerb um Neukunden und 
   Marktanteile - Wachstumspotenzial im Ausland
Trotz starken Wachstums steht das Retail Banking in Deutschland 
vor einer ungewissen Zukunft. Die massiv gestiegenen Gewinne 
vergangener Jahre sind vor allem auf Kostensenkungen, geringere 
Kreditausfälle sowie steigende Aktienkurse und nicht auf nachhaltig 
solides Wachstum zurückzuführen. Das geht aus einer neuen 
Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey & Company hervor, die 
am Mittwoch in Frankfurt vorgestellt wurde. Danach kommt es erstmalig
zu einem harten Kampf um Marktanteile. Besonders ausländische 
Institute gewinnen mit neuartigen Produkten, standardisierten 
Prozessen und innovativem Marketing im Neukundengeschäft 
Marktanteile. Heimische Banken setzen dagegen bisher vor allem auf 
ihre treuen Bestandskunden. Bei sich verschlechternden 
Rahmenbedingungen, etwa steigenden Zinsen, sind Einbrüche zu 
erwarten, da wegen des scharfen Preiswettbewerbs die Mehrkosten nur 
bedingt an die Kunden weitergegeben werden können. Schon heute 
tendiert die Zinsmarge bei einigen Banken im Kundengeschäft gegen 
null. Hauptrisiko ist auf Grund der derzeit extrem günstigen 
Zinskonditionen die Baufinanzierung.
Kleiner Mann neu im Fokus
Auf den ersten Blick erlebt das Retail Banking von Sparkassen, 
Volks- und Universalbanken sowie fokussierten Instituten in 
Deutschland eine ungeahnte Renaissance. In den vergangenen fünf 
Jahren hat sich der Gewinn in diesem Marktsegment von 7,3 Milliarden 
Euro auf 15,5 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Bei den großen 
privaten Banken erreicht die Eigenkapitalrentabilität des 
Privatkundengeschäfts inzwischen deutlich über 20 Prozent vor 
Steuern, in der Spitze sogar mehr als 30 Prozent. Beobachter sprechen
von einer Aufholjagd deutscher Institute auf Konkurrenten aus dem 
Ausland und einem Innovationsschub bei attraktiven Zinsprodukten.
"Intelligent betrieben, ist das Privatkundengeschäft grundsätzlich
sehr lukrativ, eine große Chance für jede Bank", sagte 
McKinsey-Partner Eckart Windhagen bei der Vorstellung der Studie in 
Frankfurt. Allerdings setzten manche Banken dabei eher auf das 
Prinzip Hoffnung, anstatt ihr Geschäftsmodell konsequent 
weiterzuentwickeln. Es fehle der Branche an Substanz für nachhaltiges
Wachstum. Nur wer sein Geschäft krisensicher gestaltet habe, könne 
angesichts des harten Kampfs um jeden Neukunden auch in Zukunft 
erfolgreich sein.
Unbeeindruckt kalkulieren Retail-Banken weiter mit einem günstigen
Umfeld. Dabei sind auch Investoren längst nicht von einer nachhaltig 
positiven Entwicklung überzeugt. Das hohe Bewertungsniveau deutscher 
Banken ist, so McKinsey, maßgeblich auf den Wert aktueller Erträge 
zurückzuführen. Die Erwartungen an langfristiges Wachstum sind nach 
Angaben der Beratung bei den großen deutschen Banken in den letzten 
Jahren deutlich zurückgegangen. Fallende Zinsen und scharfer 
Preiswettbewerb haben in den vergangenen Jahren zu einem andauernden 
Verfall der Zinsspreads geführt, die Aussagen darüber machen, wie 
teuer Banken ihr Geld einkaufen und zu welchen Zinssätzen sie es 
verleihen. Je größer der Spread, umso größer die Profite für die 
Bank.
"Aus Bankern werden Verkäufer"
Im harten Kampf um Marktanteile sind ausländische Banken die 
Impulsgeber. Wie aus der McKinsey-Studie hervorgeht, haben sie in den
vergangenen zehn Jahren in Deutschland mehr als 30 Milliarden Euro 
allein in Übernahmen investiert. Zwei Dutzend heimische Banken oder 
Teile davon wurden übernommen. Die deutschen Institute haben von den 
neuen Wettbewerbern gelernt. Sie haben das Prinzip Lean eingeführt: 
mehr Servicequalität bei günstigeren Kosten. Und sie haben ihre 
Vertriebe mit finanziellen Anreizen an Erfolg gebunden. "Aus 
Bankern", so McKinsey Partner Markus Habbel, "werden Verkäufer 
gemacht." Zwar haben sich durch das stabile Bestandskundengeschäft 
die Marktanteile bisher noch wenig verschoben. Aber es gibt zunehmend
Bewegung. Besonders im Neugeschäft verlieren traditionelle Banken an 
Boden. Die klassische Hausbank büßt in Deutschland ihre starke 
Position ein. 2005 wurden nach Schätzungen von McKinsey insgesamt 20 
bis 25 Millionen Finanzprodukte gekauft, davon mehr als die Hälfte 
außerhalb etablierter Kundenbeziehungen. Kunden von Sparkassen oder 
Volks- und Raiffeisenbanken entschieden sich in rund 5 Millionen 
Fällen für Produkte von Spezialanbietern wie ING DiBa, comdirect oder
DaimlerChrysler Bank sowie von Großbanken wie Deutsche oder Dresdner.
Kunden dieser Universalbanken wiederum kauften mehr als 1,5 Millionen
Produkte bei Spezialanbietern.
Erfolgsmuster des modernen Retail Banking
"In dieser Situation gelten neue Regeln im Privatkundengeschäft", 
erklärt Windhagen. "Zinsspreads und Fokus auf das Bestandsgeschäft 
haben als Erfolgsgrundlage ausgedient." Es gelte, neue Profitpools 
beispielsweise im Asset Liability Management oder durch neue Produkte
zu schaffen. Ebenso wichtig sei es, Wachstum und Effizienz parallel 
zu managen. Nationale Konsolidierung sowie organisches Wachstum 
ermöglichen darüber hinaus auch internationale Expansion. Die Berater
von McKinsey legen in ihrer Untersuchung ein Grundmuster für modernes
Retail Banking vor. Danach setzen sich erfolgreiche Manager 
aggressive Produktivitätsziele. Sie nutzen konsequent jede 
Gelegenheit zu strukturellen Veränderungen, zum Beispiel Offshoring. 
Sie investieren massiv in Marketing und formen aus Bankangestellten 
überzeugende Vertriebsleute. Sie realisieren jede Chance auf Zukäufe.
Schließlich suchen sie nach Chancen im Ausland.  Dabei sind nach 
Überzeugung von McKinsey der große Heimatmarkt sowie die 
wiedergewonnene Ertragskraft die beste Ausgangssituation für 
internationale Expansion. Banken etwa in der Schweiz oder 
Skandinavien waren wegen ihrer zu kleinen Heimatmärkte schon vor 
Jahren gezwungen, Wachstum jenseits ihrer Grenzen zu suchen. Deutsche
Banken, so McKinsey, könnten sich wesentlich intensiver als bisher im
Ausland engagieren.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Rolf Antrecht, Tel.: 0211 136-4690, 
E-Mail:  Rolf_Antrecht@mckinsey.com

Original content of: McKinsey & Company, transmitted by news aktuell

More stories: McKinsey & Company
More stories: McKinsey & Company